Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Ich komm von sehr weit her“
Poetisches Musical um Antoine de Saint-Exupérys „Kleinen Prinzen“
FRIEDRICHSHAFEN - Herzlichen Beifall hat am Donnerstagabend das neuerliche Gastspiel des Musicals „Der kleine Prinz“im Graf-Zeppelin-Haus geerntet.
Als Antoine de Saint-Exupérys tiefgründiges Buch vor zwei Jahren erstmals in der Musicalfassung von Deborah Sasson und Jochen Sautter nach Friedrichshafen kam, waren viele Kenner des Buches skeptisch: Wie würde man es ertragen, wenn die Bilder im Kopf von Bildern auf der Bühne überlagert werden? Wie würde der magische Text sich übertragen lassen?
Doch Jochen Sautter ist es in seinem Libretto und seinen Liedertexten gelungen, die Poesie und den Charme der Vorlage zu bewahren, und die amerikanische Sängerin und Komponistin Deborah Sasson hat mit Sphärenklängen und einer an Pop-Romanzen orientierten Musik die buntschillernde Reise durch die Planeten wie die stille Poesie in den Begegnungen mit Rose oder Fuchs umgesetzt. Ein flotter Ragtime begleitet den steppenden Laternenanzünder, spanisch tanzt ein Damentrio um den Eitlen, Schlangen winden sich zu arabischer Musik im Bauchtanz. Da auch das Ensemble bestens dazu passte, durfte man am Donnerstagabend getrost das dritte Gastspiel erwarten.
Nicht allein die Texte, die auf leise Töne setzende Choreographie und die Musik, die ein kleines Orchester unter der Leitung von Aleksandra Kulpa live interpretiert, machen den Reiz der Aufführung aus, sondern die interaktiven Videoanimationen. Mit dem Piloten und Erzähler flogen die Zuschauer durch Wolkenfelder, durch zuckende Blitze, ehe das Flugzeug in der Wüste niederging, der Pilot am Boden erwachte und den kleinen Prinzen hörte: „Bitte, zeichne mir ein Schaf!“In Projektionen hatte sich ein Vogelschwarm in große Schwingen verwandelt und den Prinzen von seinem kleinen Planeten durchs All zuletzt zur Erde getragen. So wie er dank der auf verschiedene Ebenen projizierten Bilder nach den Vögeln griff, verschmolzen später Tänzer mit herabwirbelnden Blüten im Rosengarten.
Bei allem Videozauber müssen die Figuren stimmen. Ein Glücksfall ist da der 26-jährige Tenor Moritz Bierbaum als kleiner Prinz, denn er bringt nicht nur die zierliche Statur und den Charme des nicht von dieser Welt stammenden, staunenden Beobachters mit, sondern eine betörend junge Stimme mit großer Bandbreite.
Ulrike Ahrends spielt die Rose
Ebenso vorzüglich besetzt war der Pilot mit Guido Weber, dessen lyrischer Bariton dem Prinzen Wärme und Zärtlichkeit entgegenbringt. Alle übrigen Sänger-Darsteller überzeugten in mehreren Rollen. So war Ulrike Ahrens nicht nur entzückend kapriziös als auf Spitze tanzende Rose, sondern tanzte auch in anderen Bildern, ebenso Simone Neuhold, die als akrobatische Schlange noch kopfunter sang.
Zärtlich war die Schlüsselszene, in der der Fuchs den kleinen Prinzen das Geheimnis der Liebe lehrt: „Sei verantwortlich für das, was du liebst“. Auch Jessica Dubois de Luchet, die als Fuchs ein bezauberndes Duett mit dem Prinzen sang, tanzte in weiteren Bildern. Unverkitscht durfte der kleine Prinz zuletzt durch den Biss der Schlange zu seiner Rose heimkehren, liebevoll berührte der Pilot seine leere Hülle.