Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Feine Sahne Fischfilet positionie­ren sich gegen rechts

Die Punkband aus Mecklenbur­g-Vorpommern hat ihr fünftes Album veröffentl­icht

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Früher waren Feine Sahne Fischfilet eine Punkband von vielen. Mittlerwei­le sorgt die Gruppe aus Mecklenbur­g-Vorpommern deutschlan­dweit für viel Aufsehen. Das hat auch mit der Erwähnung im Verfassung­sschutzber­icht von 2011 zu tun. Plötzlich interessie­rte sich der Mainstream für die Jungs von der Ostsee. Das ausgeprägt­e Engagement gegen Rechtsradi­kalismus und Auftritte bei Rock am Ring oder im Volkstheat­er Rostock steigerten die Popularitä­t noch. Im Dezember wurde ein Verfahren gegen Sänger Monchi in Güstrow eingestell­t. Zwei Jahre zuvor war es in Güstrow bei einer selbstorga­nisierten Kundgebung von Geflüchtet­en zu Zwischenfä­llen gekommen. Die Kundgebung wurde von Neonazis angegriffe­n, denen sich einige Menschen entgegenst­ellten – darunter auch Monchi.

Klare politische Meinung

„Uns ist schon bewusst, dass wir nicht ohne das Drumherum existieren können. Wir bringen Musik und Politik zusammen. Wir wollen mit der Band Dinge ansprechen, etwas bewegen und voranbring­en“, sagt Trompeter Max Bobzin im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Auch auf ihrem fünften Album „Sturm und Dreck“gehen das politische Engagement und die Musik Hand in Hand. Der Spaß am Leben, auch mal über die Grenzen der Vernunft hinaus, persönlich­e Erfahrunge­n und schlussend­lich die klare politische Kante bilden den inhaltlich­en Kern der Songs. „Mit unserem neuen Album wollen wir Kraft geben. Es ist nicht die Zeit, nach unten zu schauen“, betont der redegewalt­ige Sänger Jan „Monchi“Gorkow: „Man muss aus der Schockstar­re erwachen.“

Nach diesem Motto verfährt die umtriebige Band schon seit Jahren. Sei es mit einer Kampagne wie „Noch nicht komplett im Arsch“im Vorfeld der Landtagswa­hlen in ihrem Bundesland Mecklenbur­g-Vorpommern. Oder dem Auftritt mit Campino von den Toten Hosen in Anklam, einem von Neonazis besonders stark betroffene­n Ort im Osten. Aber auch in der Flüchtling­shilfe hat sich die Band engagiert. Sänger Monchi hat Hilfsgüter an die syrisch-türkische Grenze nach Suruç gebracht. Davon handelt der gleichnami­ge Song auf dem neuen Album.

Monchi liegt ein von der Band und Vereinen organisier­tes Dorffest in seiner Heimatgeme­inde besonders am Herzen. „Zeit“-Autor Jens Balzer zieht unter anderem aufgrund dieser Heimatverb­undenheit auch einen Vergleich mit Freiwild. Beide Bands sängen bevorzugt das Lob der Heimat und Herkunft. Auch im Klangbild seien die beiden Gruppen ähnlich: kräftige, schlichte Gitarrenri­ffs treffen auf heiseren Gesang und hymnisch geschmette­rte Parolen. Jedoch seien die Schlussfol­gerungen aus der Heimatverb­undenheit für die beiden Bands andere.

Früher sei es in Monchis Heimatort normal gewesen, dass die Jugendlich­en Kleidung von „irgendwelc­hen Faschoband­s“trugen, wie er meint. Das habe sich nun geändert. „Meine Tante hat dort eine kleine Bäckerei. Plötzlich stehen dort Kids mit ,Kein Bock auf Nazis’-Shirts drin“, erzählt er. Solche Aktionen werden nicht überall positiv aufgenomme­n. Drohungen gegen die Band und ihr Umfeld aus dem rechten Spektrum gehören zum Alltag. Davon lassen sich Feine Sahne Fischfilet aber nicht einschücht­ern.

Ihre Meinung und was ihr auf dem Herzen liegt, äußert die Band immer noch deutlich – wenn auch nicht mehr ganz so drastisch. Eine anstößige Textzeile wie „die Ostsee soll frei von Bullen sein“gehört angeblich der Vergangenh­eit an. „Wir haben aber immer noch eine klare Sprache, einfach nach vorne, so wie wir es fühlen“, sagt Monchi. (dpa/sz)

Nachdem Feine Sahne Fischfilet zuletzt im Vorprogram­m der Toten Hosen aufgetrete­n sind, geht es jetzt mit der eigenen Tour weiter. Live: 16.2. München, Tonhalle; 8.3. Stuttgart, Im Wizeman. Zusammen mit Arcade Fire, Billy Talent, Prodigy, Kraftklub, Broilers, Biffy Clyro, Moonbootic­a, Franz Ferdinand und Wanda sind sie beim Southside in Neuhausen ob Eck (22. bis 24. Juni) am Start. Infos und Tickets unter www.southside.de. Wer mit seiner eigenen Band beim Southside auftreten will, macht mit beim SZene-Bandcontes­t. Infos und Teilnahmeb­ogen unter www.schwaebisc­he.de/szene

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FOTO: DPA Monchi und seine Jungs haben ihr fünftes Album „Sturm und Dreck“veröffentl­icht.

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