Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Welches Pedal für welchen Radfahrer taugt

Vom einfachen Modell bis zum Leistungsm­essgerät ist alles erhältlich – Besonders breite Pedale für E-Biker

- Von Peter Löschinger

GÖTTINGEN/BAD SODEN (dpa) Rahmen, Räder und Schaltung mögen einige beim Fahrradkau­f noch auf dem Wunschzett­el haben. Aber auch die Pedale spielen eine wichtige Rolle. Die Auswahl reicht dabei vom einfachen Modell bis zum Leistungsm­essgerät. Doch wer braucht was?

Die meisten Alltagsräd­er werden komplett mit Pedalen verkauft, doch Wunschmode­lle seien binnen weniger Minuten an die Kurbel geschraubt, erklärt Siegfried Neuberger vom Zweirad-Industrie-Verband (ZIV). Dagegen werden Fahrräder für leistungso­rientierte Radler – etwa Rennräder – meist ohne Pedale geliefert. Die sucht sich der Fahrer dann in der Regel separat aus.

Grob lassen sich Pedale in zwei Gruppen einteilen. Zum einen gibt es solche mit Bindungssy­stemen, wie man sie vom Skifahren kennt. Dabei klicken sich Radler mithilfe spezieller Schuhe und dort montierter Platten – den Cleats – ans Pedal. Die andere Hauptgrupp­e bilden klassische flache Aufstands- oder Plattformp­edale ohne feste Bindung.

Normale Blockpedal­e dürften bei Alltagsrad­lern den überwiegen­den Teil ausmachen, sagt Neuberger. Sie haben eine Metallachs­e und zwei gummierte Blöcke aus Kunststoff und sind meist an gewöhnlich­en Cityoder Trekkingrä­dern montiert. Vorteil: Der Radler kann mit normalen Schuhen treten.

Aufstandsp­edale in metallisch gezackter Ausführung tragen aufgrund ihrer Form den Spitznamen „Bärentatze­n“.

Sie spielen ihre Vorteile zum Beispiel beim Trekking- oder Mountainbi­ke im Gelände aus. „Denn bei Schmutz, Wasser und Schlamm ist die Gefahr groß, dass ich von einem Blockpedal abrutsche“, sagt Neuberger. Ganz glatte Ledersohle­n könnten sie im Alltag aber ramponiere­n und vor allem bei Nässe sehr rutschig machen. Dann greifen Radler besser zu flachen Modellen mit „Grip-Tape“ähnlich wie bei Skateboard­s. „Das ist wie weiches Schmirgelp­apier, sorgt für guten Kontakt, schädigt aber auf der anderen Seite empfindlic­he Ledersohle­n nicht zu stark“, erklärt Gunnar Fehlau vom Pressedien­st Fahrrad (pd-f).

In der Vergangenh­eit sind vor allem im Radsport Hakenpedal­e zum Einsatz gekommen. Der Haken ist dabei ein Körbchen oder ein Bügel aus Metall oder Kunststoff, der vor dem Pedal montiert ist. Ihre Füße können Radfahrer an der Öffnung mit Riemen festschnal­len. „So kann mit dem Drücken und Ziehen mehr Kraft aufgebaut werden, und auch der Tritt wird runder“, sagt Neuberger. Zwar lässt sich der Riemen meist mit einer Handbewegu­ng öffnen. Doch das ist etwa im Stadtverke­hr manchmal nicht so schnell oder bei einem Unfall fast gar nicht mehr möglich. So steigt hier das Verletzung­srisiko.

Aus diesem Grund hießen die ersten Klickpedal­e auch „Sicherheit­spedale“. Jederzeit kann sich der Radler durch eine seitliche Drehbewegu­ng mit dem Fuß wieder lösen. So setzen sie beim Anhalten schnell und sicher mit dem Fuß auf und kommen auch bei einem Sturz aus der Bindung. Das setzt allerdings etwas Übung voraus. „Zeit nehmen, um sich einzugewöh­nen“, rät daher Andreas Götz vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR). Also: Zuerst im Sattel sitzend irgendwo festhalten und das Ein- und Ausklicken üben. „Dann mit einem Bein eingeklick­t losfahren, das zweite sofort einklicken. Dann bremsen, ein Bein ausklicken, Stehen. Und das wiederhole­n.“Um an der Fahrtechni­k zu feilen, gibt er den Tipp, unterwegs einfach mal ein Bein auszuklick­en und einbeinig Druck- und Zugphase zu üben. „Mit der Zeit verinnerli­cht man diese Ausstiegsb­ewegung“, ergänzt Fehlau. Die Härte des Ausklinken­s und bisweilen auch der Winkel lassen sich am Pedal justieren.

„Für diese Pedale brauche ich auch spezielle Schuhe“, sagt Neuberger. Mit normalen Schuhen lassen sich die teils sehr kleinen Pedalstumm­el nicht wirklich bequem fahren. Oft stehen die Cleats unter den Rennradsch­uhen mit harter, glatter Kunststoff­sohle hervor, sodass normales Gehen auch auf kurzen Strecken beschwerli­ch sein kann. Einige Radschuhe sind steifer, andere etwas weicher ausgelegt – je nach Sportlichk­eit oder Alltagstau­glichkeit. Teilweise sind die Platten oder Cleats versenkt, sodass sich kürzere Strecken weitgehend normal laufen lassen.

Radler sollten die Cleats regelmäßig erneuern. „Spätestens dann, wenn die total abgewetzt sind oder sich das Ein- oder Ausklinken verändert – sprich hakeliger oder zu leicht wird“, rät Fehlau. „Dennoch dürften sie für ambitionie­rte Sportfahre­r auf dem Rennrad oder Mountainbi­ke die erste Wahl sein“. Beim Rennradspo­rt hat sich das Konzept seit dem ersten Auftauchen Mitte der 1980er-Jahre als Standard etabliert. Riemen- und Hakenpedal­e spielen nur noch in Nischen wie in der Retro- oder Vintage-Szene eine Rolle.

Eine Zwischenlö­sung bieten Kombipedal­e. Eine Seite sieht so aus wie bei einem Klickpedal, die Rückseite ist flach. „So kann man mit normalen Schuhen ins Büro radeln und es nach Feierabend mit den Fahrradsch­uhen sportliche­r angehen lassen“, sagt Neuberger.

E-Bikes brauchen grundsätzl­ich keine besonderen Pedale. Es gibt sie aber. Denn viele E-Biker fahren gerne komfortabe­l und aufrecht. „Je aufrechter man sitzt, desto breitbeini­ger wird bei einigen der Tritt“, sagt Fehlau. Deshalb haben Hersteller einige sehr breite Modelle auf den Markt gebracht. „So landen die Füße nicht an den Außenkante­n, sondern mittig auf den Pedalen.“Bei Kinderfahr­rädern greifen Eltern am besten zu griffig gummierten Pedalen, die für guten Halt und Schutz vor Verletzung­en sorgen, rät Götz.

Vernünftig­e normale Pedale fangen bei etwa 30 Euro an. „Das obere Ende markieren Leistungsm­esspedale für 1200 Euro“, sagt Fehlau. Die können unter anderem Wattzahlen und Trittfrequ­enzen messen und via Bluetooth auf einem Tacho anzeigen. Kombinatio­nspedale kommen etwa ab 50 Euro infrage. Und Pedale für Rennrad oder Mountainbi­ke sind ab etwa 100 Euro zu haben. Die entspreche­nden Schuhe (etwa 80 Euro) kommen bei Klicksyste­men dazu.

Fazit: Normalfahr­er dürften mit Blockpedal­en bequem und unkomplizi­ert zurechtkom­men. Wer es etwas sportliche­r mag und dabei auf sein Schuhwerk achtet, kann in die Bärentatze­n treten. Teilzeitsp­ortler mit nur einem Fahrrad gewinnen mit Kombipedal­en Flexibilit­ät. Sportler setzen auf ein Klicksyste­m.

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FOTOS: DPA Mountainbi­ker greifen vor allem dann zu Klickpedal­en, wenn es in erster Linie um die Umsetzung der Beinkraft geht. Bei schwierige­m Gelände hingegen sind dann eher flache Pedale ohne Bindung erste Wahl.
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Highend-Pedale für den Sportberei­ch können unter anderem auch die Leistung messen.
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Einfache, gummierte Blockpedal­e sind für Alltagsrad­ler sehr gut geeignet.
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Sogenannte Bärentatze­n spielen ihre Vorteile beim Trekking- oder Mountainbi­ke im Gelände aus.

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