Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Die Zeichen stehen auf Abschied
BVB-Torjäger Aubameyang ist zurück im Training, könnte aber an Arsenal London verkauft werden
DORTMUND (dpa/SID) - Am Tag nach der Aufregung um seine Suspendierung schien alles wieder seinen normalen Gang zu nehmen. Pünktlich um 15.52 Uhr fuhr Bundesliga-Torschützenkönig Pierre-Emerick Aubameyang am Montag mit seinem türkisfarbenen und laut röhrenden Aston Martin am Dortmunder Vereinsgelände vor. Trotz der Rückkehr ins Training scheinen seine Tage beim BVB jedoch gezählt. Das Schwänzen einer Teamsitzung vor dem Spiel gegen Wolfsburg könnte seine letzte Verfehlung gewesen sein. Die Vereinsspitze verspürt wenig Lust auf weitere Provokationen. Eine Trennung schon in der Winterpause ist nicht ausgeschlossen. „So kann es nicht weitergehen. Das Wichtigste ist die Zukunft des Clubs. Die werden wir nicht gefährden“, kommentierte Sportdirektor Michael Zorc nach dem 0:0 am Sonntag.
Eine Affäre zu viel
Gerade mal ein halbes Jahr nach dem Skandal um Ousmane Dembélé, der mit einem Trainingsstreik seinen Wechsel zum FC Barcelona erzwang, stecken die Dortmunder im nächsten Dilemma. Der schnelle Verkauf des sportlich eigentlich unverzichtbaren Aubameyang skönnte die angestrebte Qualifikation für die Champions League gefährden. Auf der anderen Seite droht beim Verbleib von „EGOmeyang“(„Bild“) eine anhaltende Störung des Vereinsfriedens. „Ich erkenne ihn nicht wieder. Er war über Jahre immer ein bunter Vogel und ein Grenzgänger, hat aber immer diszipliniert gearbeitet. Das kann ich im Moment nicht erkennen“, klagte Zorc.
Womöglich will der vertraglich bis 2021 gebundene Stürmer seinen schnellen Abgang bis Ende Januar provozieren. Er blieb ausgerechnet der Mannschaftssitzung am Samstag fern, in der es um Teamgeist und Saisonziele ging. Es war seine bereits dritte mit einer Suspendierung geahndete Verfehlung binnen 14 Monaten. Da passt es ins Bild, dass der Vater und Berater des 28-Jährigen auf eine Bemerkung eines „kicker“-Journalisten im TV über den „Affenzirkus“um Aubameyang mit fragwürdigen Rassismusvorwürfen reagierte. „Ich glaube, dass der kleine Affe und seine Familie von hier verschwinden sollten, weil es unerträglich wird“, schrieb Pierre Aubameyang bei Twitter und wagte sogar einen Hitler-Vergleich – der Post ist inzwischen wieder gelöscht.
Obwohl die Borussia dem Torjäger zuletzt sowohl seine Reise zur Wahl von Afrikas Fußballers des Jahres als auch das Wohnen seines Vaters und seiner Brüder im Mannschafshotel von Marbella duldete, zeigte sich Aubameyang wenig einsichtig. Selbst eine Aussprache mit Zorc und Stöger am Sonntag konnte die Wogen nicht glätten. Dem erst im Dezember verpflichteten Coach Stöger fiel es besonders schwer, das Verhalten seines besten Angreifers zu verstehen. „Ich schaffe es nicht ganz genau, in ihn hineinzusehen. Was ich nicht verstehe: Er ist die meiste Zeit gut gelaunt und eigentlich ein feiner Bursche.“
Eine Rückkehr von Aubameyang in den Kader schon im Spiel am Freitag bei Hertha BSC wollte der Nachfolger von Peter Bosz nicht ausschließen. „Ich habe das Gefühl, dass er einsichtig ist, dass er das schon verstanden hat. Er war beim Training, also ist er in der Planung für das Wochenende“, sagte Stöger. Aubameyang habe „jederzeit die Möglichkeit, sich wieder so aufzustellen, dass er Teil der Mannschaft ist“, betonte der Österreicher.
Zorc kündigte zwar eine empfindliche Geldstrafe an, verwies aber auch auf die große Bedeutung des Gabuners, der im Vorjahr 31 Tore schoss, für das Team: „Die Frage ist: Wann ziehst du die Konsequenzen? Er steht für ungefähr 50 Prozent unserer Tore und Torbeteiligungen. Das muss man auch sehen.“
In dieser Saison gewann der BVB ohne Aubameyang bei zwei Unentschieden und einer Niederlage nie. Gleichwohl schwindet sein Rückhalt auch in der Mannschaft. „Ich teile die Entscheidung“, sagte Torhüter Roman Bürki über die Suspendierung. „Es gibt Regeln, die für jeden Spieler gelten – egal, wie viel Tore er schießt.“
Akanji verstärkt die Abwehr
Klar ist: Der BVB wird Aubameyang nur bei einem lukrativen Angebot ziehen lassen, das bei 70 Millionen Euro plus liegen dürfte – und auch nur dann, wenn der Club auf dem WinterTransfermarkt noch adäquaten Ersatz findet. Angeblich hat der FC Arsenal Interesse. Dort könnte Aubameyang den von Manchester City und Manchester United umworbenen
Alexis Sánchez ersetzen. Der vom Ex-Leverkusener Roger
Schmidt betreute
Club Beijing
Guoan soll zudem bereit sein,
60 Millionen Euro für den BVB-Star zu zahlen.
In der Aufregung um Aubameyang geriet die Verpflichtung von Manuel Akanji für immerhin 21 Millionen Euro zum Randaspekt. Der 22 Jahre alte Innenverteidiger vom FC Basel trainierte am Montag bereits mit, er unterzeichnete einen Vertrag bis 2022 und soll die Abwehrprobleme des BVB lösen. „Manuel hat sich mit seinen Leistungen ins Visier mehrerer europäischer Topclubs gespielt. Er hat in der Nationalmannschaft und Champions League nachgewiesen, dass er auf höchstem europäischem Niveau spielen kann“, sagte Zorc.