Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Der Autofahrer soll entlastet werden
Neues Interaktions-Konzept von ZF bereitet auf das autonome Fahren vor
LAS VEGAS/FRIEDRICHSHAFEN - (sz) - Assistenzsysteme entlasten den Fahrer und helfen Unfälle zu vermeiden. Häufig fällt es jedoch schwer, die Vielzahl von Funktionen zu aktivieren, einzustellen und zu überwachen. Ein neues Interaktionskonzept, das die ZF Friedrichshafen AG auf der Computer Electronics Show (CES) 2018 in Las Vegas vorstellt, soll dies grundlegend ändern, wie ZF in einer Pressemitteilung schreibt.
Das ZF „Concept 2020“ermöglicht demnach auf einen Blick den Status aller Assistenzsysteme zu erfassen. Integrierte Sicherheitssysteme von ZF fordern den Fahrer bei Bedarf zum Handeln auf. Eine wissenschaftliche Untersuchung bestätige laut ZF, dass mit dem „Concept 2020“auch das Vertrauen in automatisierte Systeme gestärkt werde.
Wer häufig mit Mietwagen unterwegs ist, kennt das Problem: Die zahlreichen Aktivierungs- und Einstellmenüs der Assistenzsysteme moderner Pkw sind oft nicht intuitiv zu erfassen. Komfort- und Sicherheitsfunktionen arbeiten isoliert voneinander und Bedienelemente sowie Anzeigen sind an unterschiedlichen Stellen angeordnet: vom Warnsignal im Außenspiegel über den Schalter am Blinkerhebel, dem Piktogramm im Cockpit bis zur LED an der Mittelkonsole.
Maximal vereinfachte Bedienung
Das „Concept 2020“sei ein Fahrzeugcockpit mit maximal vereinfachter Bedienung, heißt es in der Mitteilung weiter. Dabei arbeitet das Team an der Zusammenfassung aller Assistenz- und Regelfunktionen auf einer Bedien- und Anzeigenebene: Der Fahrer sieht sein Fahrzeug auf dem Head Up Display Instrument Cluster (HUDIC) - einem zentral angebrachten Monitor - aus der Vogelperspektive. Der 360-Grad-Rundumblick informiert ihn über die Stärke und Ursache des Eingriffs der Assistenzsysteme. Uwe Class, Projektleiter von „Concept 2020“bei ZF: „Flugzeugpiloten kennen bildhafte Darstellungen wie den künstlichen Horizont schon seit fast 100 Jahren und nutzen das Prinzip bis heute. Was ihnen beim Erfassen der enormen Informationsmenge hilft, soll in Zukunft auch Autofahrern zugute kommen.“Auch die Gestaltung des Lenkrads - ohne oberen und unteren Lenkradkranz - erinnert an das Steuer eines Flugzeugs.
Virtuelle Fahrzeug-Aura
Clou der Darstellung ist, wie sie die sicherheitsrelevanten Funktionen aller Assistenzsysteme visualisiert. So zeigt das Display ein Oval von bis zu drei grauen Linien um das Auto – von ZF als „Active Vehicle Aura“(AVA) bezeichnet. Die Anzahl der Linien steht für die Regel-Empfindlichkeit des Systems. Sie ist vom Lenkrad aus einstellbar. Drei Linien entsprechen frühem Eingreifen und sanftem Regeln, während eine Linie für spätes Eingreifen und deutlich spürbares Regeln steht. Projektleiter Class: „Mit der Regelung der Empfindlichkeit bewirken wir, dass alle Assistenzsysteme eines Fahrzeugs einer Philosophie folgen.“
So verfärben und verformen sich die Linien der AVA, wenn der Fahrer einen Spurwechsel einleitet, obwohl sich schräg hinter ihm, im toten Winkel, ein anderer Verkehrsteilnehmer befindet. Gleichzeitig reagiert das Assistenzsystem per radindividuellem Bremseingriff und verhindert das Manöver. Unterschiedliche Anwendungen wie ein Totwinkelassistent, ein Abstandstempomat oder ein Spurhalteassistent sind zentral ablesbar und ebenso zu bedienen. Weil „Concept 2020“für teilautomatisiertes Fahren in Level 2 ausgelegt ist, bleiben die Hände am Lenkrad. Zukunftsweisend ist das System, weil es auch in höheren Levels zur Anwendung kommen kann – in Vorbereitung darauf aber bereits heute Vertrauen in automatisierte Funktionen schafft.
Assistierende Gurte
Integriert in das „Concept 2020“sei ein kombiniertes Gurtsystem aus Schlossbringer und Gurtstraffer, meldet das Unternehmen. Das ZF ACR8 sorgt vernetzt mit anderen elektronischen Helfern dafür, dass der Gurt zusätzlich straffgezogen wird, wenn eine Kollision unvermeidlich erscheint. Und es verfügt über ein weiteres Feature für automatisiertes Fahren: Durch hochfrequentes, vehementes Pulsieren fordert der Gurt den Fahrer im Bedarfsfall unmissverständlich zum Handeln auf.
Das Fazit: „Concept 2020“könne dazu beitragen, Autofahren sicherer und einfacher zu machen. Und es schaffe Vertrauen in automatisierte Systeme. Dies sei „essenziell auf dem Weg zum autonomen Fahren“, heißt es abschließend in der Pressemitteilung.