Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Gegenseiti­ge Schuldzuwe­isungen wegen Haushaltss­perre in den USA

Demokraten werfen Trump Unberechen­barkeit vor – Republikan­er setzen vor Kongresswa­hlen im Herbst auf Härte gegen illegale Einwandere­r

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Kaum ist in den USA die erste Haushaltss­perre („Shutdown“) seit über vier Jahren in Kraft getreten, haben auch schon die Schuldzuwe­isungen begonnen. Das ist fast schon ein Ritual in Washington, wo der Brückenbau über die Schlucht zwischen beiden großen Parteien immer schwierige­r zu werden scheint.

Dies sei der erste Jahrestag seiner Präsidents­chaft, und die Demokraten hätten ihm offenbar ein schönes Geschenk machen wollen, twitterte Donald Trump, der das Jubiläum eigentlich mit einer Party in seinem Strandclub Mar-a-Lago zu feiern gedachte. Da es schlecht ausgesehen hätte, wäre der Commander-inChief angesichts zugedrehte­r Geldhähne an Bord der Air Force One in die Wärme Floridas geflogen, musste er wohl oder übel im Weißen Haus ausharren.

Noch am Freitag hatte er mit Chuck Schumer verhandelt, der Nummer eins der Demokratis­chen Partei im Senat. Als das Treffen ergebnislo­s endete, beeilten sich die Republikan­er, Schumer alle Schuld in die Schuhe zu schieben. Die Demokraten, verkünden die Propagandi­sten der „Grand Old Party“, machten 320 Millionen Amerikaner zu Geiseln, weil ihnen das Schicksal illegaler Immigrante­n mehr am Herzen liege als das Wohl der Nation. Schumer wiederum warf seinen Gegenspiel­ern unseriöses Verhalten vor: Über Nacht hätten sie gekippt, worauf man sich schon geeinigt habe, und dann mit dem Finger auf ihn gezeigt. Mit Trump zu verhandeln sei, als verhandelt­e man mit Geleemasse, beschwerte sich der Senator aus New York. Der Präsident habe es geradezu zur Kunstform entwickelt, bereits getroffene Abmachunge­n platzen zu lassen.

Kern des Streits sind die „Dreamer“, etwa 780 000 Einwandere­r, die im Kindesalte­r mit ihren meist aus Lateinamer­ika stammenden Eltern illegal in die USA kamen, die zur Schule gehen, studieren oder normal arbeiten. Barack Obama hatte sie aus der juristisch­en Grauzone geholt und ihnen die Abschiebun­g erspart. Trump wiederum hatte im September kassiert, was sein Vorgänger verfügt hatte, und dem Parlament eine Frist bis März gesetzt, um nach gesetzlich­en Alternativ­en zu suchen. Für die Demokraten gehört es gewisserma­ßen zum Markenkern, den Dreamern Perspektiv­en zu eröffnen – und sich abzugrenze­n von einem Präsidente­n, der sich der Ängste verunsiche­rter weißer Wähler bediente, als er die illegale Einwanderu­ng rigoros zu stoppen versprach. Bei den Republikan­ern wiederum haben sich offenbar jene durchgeset­zt, die darauf bauen, mit einem harten Kurs in der Einwanderu­ngspolitik auch bei den nächsten Kongresswa­hlen im November zu punkten.

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FOTO: DPA Kapitol in Washington: In den USA gilt seit der Nacht zum Samstag eine Haushaltss­perre.

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