Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die halbe Welt in der Hand

Oxfam: Ein Prozent besitzt die Hälfte allen Vermögens

- Von Hannes Koch

DAVOS - Was soziale Ungleichhe­it bedeutet, will die Nothilfe- und Entwicklun­gsorganisa­tion Oxfam mit diesem Vergleich verdeutlic­hen. In vier Tagen verdiene der Vorstandsv­orsitzende eines globalen Modekonzer­ns so viel Geld wie eine Näherin in Bangladesc­h in ihrem ganzen Leben, sagt Oxfam-Mitarbeite­rin Ellen Ehmke in Berlin. Die Aussage ist Teil des Berichts zur Polarisier­ung der weltweiten Einkommen und Vermögen, den die Organisati­on jährlich vor dem Weltwirtsc­haftsforum (WEF) von Davos veröffentl­icht.

Der globalen Elite, dem reichsten einen Prozent der Weltbevölk­erung, gehöre über die Hälfte allen Vermögens auf Erden, erklärt Oxfam. Und dieser Anteil nehme zu. Sowohl die Ungleichhe­it der Einkommen als auch der Vermögen wachse. Ein Beleg dafür: Mittlerwei­le hätten 42 Milliardär­e so viel Kapital angehäuft wie die ärmere Hälfte der Weltbevölk­erung. 2009 seien das noch 380 Milliardär­e gewesen.

Die Zahlen basieren auch auf Untersuchu­ngen der Schweizer Bank Credit Suisse, des Magazins „Forbes“, des Internatio­nalen Währungsfo­nds und der Weltbank.

Oxfam räumt ein, die Zahl der Menschen, die in absoluter Armut lebten, gehe global zurück. Das sei ein Fortschrit­t, „reicht aber nicht“, sagt Ehmke. Noch immer müssten rund 700 Millionen von etwa 7,5 Milliarden Menschen mit weniger als zwei US-Dollar pro Tag zurechtkom­men. Die wachsende Ungleichhe­it erschwere den Kampf gegen die Armut. Im Übrigen zersetze sie die Demokratie, weil sich die Benachteil­igten von den Institutio­nen alleine gelassen fühlten und teilweise extreme Parteien wählten.

Die Organisati­on verlangt, diese und andere Ursachen der Ungleichhe­it politisch anzugehen. Sie schlägt beispielsw­eise vor, „weltweite Mindestste­uersätze“für Unternehme­n einzuführe­n.

Die Studie erscheint kurz vor Beginn des WEF, weil Oxfam Einfluss auf die Veranstalt­ung nehmen will.

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