Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
German Brass begeistern im Graf-Zeppelin-Haus
Blechbläserensemble lässt die Grenzen zwischen U- und E-Musik verschwinden
FRIEDRICHSHAFEN - Nach über zwei Stunden hatten es die elf Musiker von German Brass wieder einmal erreicht: Alle Zuhörer im HugoEckener-Saal des Graf-ZeppelinHauses applaudierten im Stehen für einen Konzertabend auf höchstem musikalischem Niveau. Erst nach drei Zugaben durften die Echo-Klassik-Gewinner 2016 von der Bühne.
Die Werke von Johann Sebastian Bach gehören seit der Gründung des Blechbläserensembles im Jahr 1984 zum festen Programmpunkt. In der Sinfonia aus dessen „Kantate bei der Ratswahl“faszinierte gleich zu Beginn der makellose, strahlende Gesamtklang. Die berühmte Toccata und Fuge d-Moll des barocken Altmeisters wurde zum Höhepunkt des ersten Programmteils. Virtuose Läufe in atemberaubendem Tempo, kompakte, lautstarke Akkordblöcke gegen leicht verspielte Zwischenspiele und markante Themeneinsätze in der Fuge bis zur Tuba führten das Orgelwerk zu einem ganz neuen Klangerlebnis. Auch das anschließende Choral-Vorspiel „Wachet auf, ruft uns die Stimme“lebte von der abwechslungsreichen Registrierung. Neben der Tuba, zwei Hörnern und drei Posaunen (Bass-Posaune) hatte jeder der vier Trompeter ein ganzes Arsenal an Instrumenten vor sich: Stimmung in B und C, hohe PiccoloTrompete, weiches Flügelhorn und sogar ein Corno da Caccia. Matthias Höfs, Trompete, und Alexander Erbrich-Crawford, Posaune, nützen diese Auswahl für zusätzliche bunte Klangfarben in ihren maßgeschneiderten Arrangements. Zum Entspannen für das Publikum, nicht für die Bläser, ein kleiner, spritziger Ausflug ins Neujahrskonzertprogramm mit der Schnellpolka „Éljen a Magyar“von Johann Strauss Sohn mit knackigem Hörnernachschlag und leichter Schlagzeugbegleitung.
Empfindsame Tongebung
Hohen Erkennungswert bei den vielen aktiven Blasmusikern im Publikum hatten sicher die beiden Filmmusiken, die sich auch im Repertoire der Kapellen befinden. Mit der Erkennungsmelodie „Gabriel’s Oboe“aus „The Mission“spielte sich Matthias Höfs mit empfindsamer Tongebung auf der Piccolo-Trompete, umschmeichelt von sanften Posaunenklängen und gedämpfter Trompetenbegleitung in die Herzen der Zuhörer. Viel verdienter Beifall. Im blind aufeinander abgestimmten Klangbild beim „Fluch der Karibik“begeisterten die normalerweise als Professor oder Mitglied in bedeutenden Sinfonieorchestern tätigen Musiker mit überragender Technik und bestechend sicheren Spitzentönen.
Nach so viel „gepflegtem Tuten“(Moderator Werner Heckmann) gingen die Musiker nach der Pause auf eine musikalische Weltreise. Mit einem wundervollen Medley von George Gershwins Melodien gelingt der Start in Amerika. Lateinamerikanische Rhythmik in „Spain“von Chick Corea, Musette-Walzer und Cancan aus den Pariser Varietés, Balalaika und Säbeltanz für die russische Folklore und mehr waren krönender Abschluss eines Parforceritts durch alle Stilrichtungen.