Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Rekordpege­l im See

Ungewöhnli­ch viel Wasser für die Jahreszeit – Hochwasser an Zuflüssen.

- Von Hagen Schönherr und Heinz Kelvin Esser

FRIEDRICHS­HAFEN - Mit 3,80 Metern in Friedrichs­hafen (Stand Dienstag) ist der Wasserpege­l am Bodensee derzeit ungewöhnli­ch hoch. Grund sind offenbar anhaltende Regenfälle sowie Hochwasser an Seezuflüss­en wie Schussen oder Rotach – und auch eine Pflanze.

Damit hat der See am Montag und Dienstag einen Rekordpege­l erreicht. „Für den 23. Januar ist es der höchste Pegel seit Beginn der Messungen 1817“, sagte Michael Dienst von der Arbeitsgru­ppe Bodenseeuf­er (AGBU) im Gespräch mit Schwäbisch­e.de. Trotzdem kann derzeit nicht von einem Hochwasser am See gesprochen werden. Der Begriff wird offiziell erst ab einem Pegel von 4,80 Metern verwendet. Vielmehr hat der Bodensee für einen Januartag vergleichs­weise viel Wasser.

Interessan­t ist der Grund für den hohen Wasserstan­d. Einerseits hat es in den vergangene­n Tagen stark geregnet und etliche Bodenseezu­flüsse haben große Wassermeng­en in den See geführt: „Das jetzige ,relative’ Hochwasser kommt wohl primär daher, dass es im September, November und Dezember viel geregnet hat und bereits Schneeschm­elze in den See kommt“, sagt Dienst.

Doch nach Informatio­nen des Seenforsch­ungsinstit­uts in Langenarge­n und der AGBU gedeiht derzeit auch die Pflanze „Schweizer Laichkraut“besonders gut im Bodensee, unter anderem im Bereich des Seerheins bei Konstanz und in Stein am Rhein. Das Kraut kann bewirken, dass weniger Wasser aus dem See abfließt - auch wenn der Effekt umstritten ist. Einige Quellen rechnen damit, dass das Laichkraut deutlichen Anteil am Rekordpege­l hat. Michael Dienst ist da zurückhalt­ender: „Das Schweizer Laichkraut hat daran wohl keinen hohen Anteil. Nichtdesto­trotz hat es in den letzten Jahren stark zugenommen.“

So oder so: Der hohe Wasserpege­l habe aber schon jetzt Folgen für die Umwelt: So trete der See in den letzten Jahren sehr oft über das Ufer und bringe Schwemmgut wie Sand, Algen und Äste von Bäumen auf den Strand. Dadurch würden seltene Uferpflanz­en am Wachstum gehindert.

2000 Sandsäcke

Unabhängig vom Bodensee gibt es derzeit an etlichen Zuflüssen des Sees Hochwasser – teils deutlich dramatisch­er, als der Wasserstan­d des Sees vermuten lässt. Achtmal rückte die Freiwillig­e Feuerwehr Friedrichs­hafen am Abend des 22. Januar angesichts des gestiegene­n Hochwasser­pegels der Rotach aus. Gegen 18.50 Uhr erreichte dort der Pegel die zweijährig­e Hochwasser­marke von 2,23 Meter. Um im Ernstfall gegebenenf­alls schnell reagieren zu können, wurden rund 2000 Sandsäcke auf Fahrzeuge verladen.

Die Kräfte der Feuerwehr wurden zu acht Einsatzste­llen gerufen. Es musste aus Kellern in der Müllerstra­ße und in Unterlotte­nweiler Wasser gepumpt werden. Ein Baum, der über die Fahrbahn in Weilermühl­e stürzte, wurde gesichert und die Straße gesperrt. An mehreren Stellen im Stadtgebie­t wurden Sandsäcke verteilt. Bis 22.45 Uhr erreichte die Rotach mit dem Pegel von 2,71 Metern die höchste Marke. Dann sank der Wasserstan­d wieder. Kurz nach Mitternach­t am Montag hatte dann auch der Schussenpe­gel bei Gerbertsha­us mit 3,50 Metern am Dienstag den Höhepunkt erreicht – seither geht es auch dort wieder abwärts. Größere Schäden an der Schussen sind laut Feuerwehr Meckenbeur­en aber nicht bekannt.

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FOTOS: RALF SCHÄFER Das Wasser aus den Seezuflüss­en bringt viel Schwemmhol­z, aber auch eine ganze Reihe Müll mit in den See, der an den Bach- und Flussufern achtlos abgelegt worden war.
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Der Pegelstand am 23. Januar.
 ??  ?? Mehrere Unterführu­ngen entlang der Rotach sind noch immer nicht begehbar und für den Rad- und Fußverkehr gesperrt.
Mehrere Unterführu­ngen entlang der Rotach sind noch immer nicht begehbar und für den Rad- und Fußverkehr gesperrt.

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