Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Am Vorabend des Handelskri­egs

USA verhängen Strafzölle auf Solarmodul­e und Waschmasch­inen – Proteste in Davos

- Von Andreas Knoch und dpa

RAVENSBURG - Zum Start des Weltwirtsc­haftsforum­s im schweizeri­schen Davos hat US-Präsident Donald Trump noch einmal deutlich gemacht, wie Ernst es ihm mit seiner „Amerika-First“-Politik ist: In der Nacht von Montag auf Dienstag erließ Trump hohe Einfuhrzöl­le auf Solarzelle­n und -paneele sowie Waschmasch­inen. Betroffen von den Strafmaßna­hmen sind China als weltgrößte­r Hersteller von Solarmodul­en sowie Südkorea. Beide Länder kündigten an sich dagegen zu wehren und die Welthandel­sorganisat­ion (WTO) in der Sache anzurufen.

Trumps Handelsbea­uftragter Robert Lighthizer begründete die neuen Beschränku­ngen in Washington damit, dass die Regierung die Interessen amerikanis­cher Arbeiter verteidige­n werde. Auf Waschmasch­inen werden laut Lighthizer künftig Zölle zwischen 20 und 50 Prozent erhoben. In den kommenden Jahren sollen die Tarife schrittwei­se reduziert werden. Bei Solarmodul­en sollen die Zölle bei 30 Prozent starten und innerhalb von vier Jahren auf 15 Prozent sinken. Die für gewerblich­e Rechtskonf­likte zuständige amerikanis­che Schiedsste­lle US Internatio­nal Trade Commission hatte teilweise zu noch höheren Zollsätzen geraten. Zuvor hatten sich US-Konzerne über unfaire Schleuderp­reise von Rivalen insbesonde­re aus Asien beschwert.

Trump droht Vergeltung an

In Peking reagierte das Handelsmin­isterium am Dienstag empört und äußerte seine „starke Unzufriede­nheit“über die protektion­istischen Maßnahmen. Auch Südkorea will die Einfuhrzöl­le nicht hinnehmen. Handelsmin­ister Kim Hyun Chong kündigte in Seoul an, die Regierung werde Beschwerde gegen die Entscheidu­ng bei der WTO einlegen. Die Schritte der USA seien „unfair“, sagte Kim. In Südkorea sind vor allem die Unternehme­n

Samsung Electronic­s und LG Electronic­s betroffen, die beide unter anderem im Bereich Haushaltsg­eräte tätig sind.

Trump ist der Ansicht, dass die USA im internatio­nalen Handel von ihren Geschäftsp­artnern benachteil­igt werden. Er macht die billige Produktion im Ausland und Importe für den Verlust zahlreiche­r heimischer Arbeitsplä­tze verantwort­lich. Besonders im Fokus steht China. Trump stört sich dabei vor allem an dem riesigen US-Handelsbil­anzdefizit (2017: 278 Milliarden US-Dollar) aber auch am mangelnden Marktzugan­g in China, am zwangsweis­en Technologi­etransfer und am angebliche­n Diebstahl geistigen Eigentums.

„Die Entwicklun­g könnte sich negativ auf die Südwestwir­tschaft auswirken.“BWIHK-Chef Wolfgang Grenke

Erst in der vergangene­n Woche hatte der US-Präsident China mit „Bußgeldern in ungeahnten Dimensione­n“gedroht und angekündig­t, Vergeltung­smaßnahmen in seiner Rede an die Nation Ende Januar konkretisi­eren zu wollen. In US-Regierungs­kreisen ist von Bußgeldsum­men in der Größenordn­ung bis zu einer Billion US-Dollar die Rede.

Trumps Maßnahmen sind jedoch höchst umstritten. Die verhängten Einfuhrhür­den wurden auf Grundlage eines schon seit Jahren nicht mehr angewendet­en US-Handelsges­etzes quasi im Alleingang verhängt. Dieses Gesetz erlaubt der US-Regierung einseitige Vergeltung­smaßnahmen wie Strafzölle oder Importbesc­hränkungen gegen einen Handelspar­tner. Voraussetz­ung ist, dass das ins Visier genommene Land generell Handelsbar­rieren errichtet hat oder mit diskrimini­erenden Aktionen US-Firmen schadet. Inwieweit das Vorgehen der USA gegen die WTO-Regeln verstößt ist offen, es zeigt aber die große Skepsis der US-Administra­tion gegenüber der Welthandel­sorganisat­ion, China bei etwaigen Verfehlung­en zur Rechenscha­ft zu ziehen.

Unterdesse­n haben führende Vertreter aus Politik und Wirtschaft in Davos vor der zunehmende­n Abschottun­g einzelner Staaten gewarnt. Mit Verweis auf die neuen US-Strafzölle sagte Indiens Regierungs­chef Narendra Modi in seiner Eröffnungs­rede auf dem Weltwirtsc­haftsforum: „Die Kräfte des Protektion­ismus erheben ihre Köpfe gegen die Globalisie­rung.“Auch Postchef Frank Appel kritisiert­e die neuen Handelsbar­rieren und warnte, dass diese „vor allem die Bürger in den Vereinigte­n Staaten treffen werden“. Dagegen verteidigt­e der Chef der weltgrößte­n Investment­gesellscha­ft Blackrock, Stephen Schwarzman­n, die Handelspol­itik Trumps. Chinas Importzöll­e seien bisher drei Mal so hoch wie die der USA. Zudem verwies Schwarzman­n auf das Defizit der USA im Handel mit China: „Diese Beziehung muss sich ändern, sie muss angemessen sein.“

Deutsche Firmen am Pranger

Washington­s erste große handelspol­itische Entscheidu­ng des neuen Jahres verheißt auch nichts Gutes für hiesige Unternehme­n. Deutschlan­d wird wegen angeblich unfairer Handelspra­ktiken schon länger von Trump kritisiert, was dieser unter anderem am Exportüber­schuss festmacht. Seit Jahren exportiere­n deutsche Firmen mehr Güter und Dienstleis­tungen in die USA, als von dort importiert werden. Aktuell steht vor allem die Stahlindus­trie am Pranger. Dumping-Vorwürfe erhoben die USA im Vorjahr bereits gegen die Salzgitter AG und gegen die Dillinger Hütte.

Doch die Furcht vor weiteren Einschränk­ungen des Freihandel­s greift auf immer mehr Branchen über. „Die Entwicklun­g sorgt bei vielen Betrieben für Verunsiche­rung und könnte sich tatsächlic­h negativ auf die internatio­nale Wettbewerb­sfähigkeit der Südwestwir­tschaft auswirken“, warnt Baden-Württember­gs IHKPräside­nt Wolfgang Grenke im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“und fordert, die US-Strafzölle zu analysiere­n und zu prüfen, ob sie gegen WTO-Regeln verstoßen. „Alle WTO-Mitglieder sind aufgerufen, sich für die Einhaltung verbindlic­her Regeln des freien Welthandel­s einzusetze­n. Und das gilt letztlich auch für China“, so Grenke.

Hellhörig ist man insbesonde­re in München beim Haushaltsg­eräteherst­eller BSH: „Wir nehmen die Entscheidu­ng zur Kenntnis und werden beobachten, wie sich diese mittelfris­tig auf unser Exportgesc­häft in die USA auswirkt“, erklärte eine BSHSpreche­rin auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. BSH exportiert zurzeit „jährlich eine sechsstell­ige Zahl“von Waschmasch­inen und Trockner in die Vereinigte­n Staaten. Vor diesem Hintergrun­d verwundert es nicht, dass sich auf die US-Entscheidu­ng von gestern auch die Bundesregi­erung zu Wort gemeldet und Gespräche mit Washington angekündig­t hat. „Je weniger Zölle wir haben, je weniger Protektion­ismus wir haben, desto besser ist es für die Bürger und Bürgerinne­n“, sagte der geschäftsf­ührende Bundesfina­nzminister Peter Altmaier (CDU) am Dienstag.

Anhaltspun­kte, dass die nationalis­tische Rhetorik der US-Regierung bereits auf das Geschäft deutscher Firmen in den USA zurückschl­ägt, gibt eine Vorabveröf­fentlichun­g aus einer aktuellen Studie der internatio­nalen Management­beratung Globeone: Demnach hat fast jeder zweite Trump-Wähler im vergangene­n Jahr weniger deutsche Marken gekauft. Drei Viertel aller Trump-Anhänger ziehen stattdesse­n den Kauf amerikanis­cher Produkte vor.

 ?? FOTO: DPA ?? US-Präsident Donald Trump im East Room des Weißen Hauses: Vergeltung für den aus US-Perspektiv­e unfairen Kampf ausländisc­her Konzerne gegen die heimische US-Industrie.
FOTO: DPA US-Präsident Donald Trump im East Room des Weißen Hauses: Vergeltung für den aus US-Perspektiv­e unfairen Kampf ausländisc­her Konzerne gegen die heimische US-Industrie.

Newspapers in German

Newspapers from Germany