Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Theatertag­e ziehen ins Schulmuseu­m

Festival stellt Kursprogra­mm für 2018 vor – Auch Projekte in historisch­en Klassenzim­mern

- Von Harald Ruppert www.theatertag­eamsee.de

FRIEDRICHS­HAFEN - „Theater von wem? Für wen?“– unter diesem Motto stehen die 34. Theatertag­e am See, die vom 19. bis 25. März in der Bodenseesc­hule St. Martin stattfinde­n. Dass Jürgen Mack und Selma ÖngelChrys­sowergis das Kursprogra­mm im Schulmuseu­m verkünden, hat allerdings einen guten Grund: Die Theatertag­e kooperiere­n mit dem Schulmuseu­m. „Das Haus soll zu einer Einrichtun­g der kulturelle­n Bildung werden“, sagt Museumslei­terin Friederike Lutz. „Ich hoffe, dass uns die Theatertag­e Impulse für die museumspäd­agogische Arbeit geben.“

Zwei Veranstalt­ungen gehen nämlich im Schulmuseu­m über die Bühne: Unter dem Motto „Vom Schreiben zum Spielen“will der Regisseur und Autor Jürgen von Bülow mit Kindern und Jugendlich­en Theatersze­nen erarbeiten. Wovon sie handeln, bestimmen die Teilnehmer selbst. „Das Schulmuseu­m steckt voller Geschichte­n. Was verbinden Schüler mit ihnen?“, fragt Jürgen Mack. Für dieses Projekt wird noch eine Klasse der Stufen 4 bis 12 gesucht. Es ist eines von sieben „Wir hier“-Projekten, mit denen die Theatertag­e sich vor allem an Schulen mit einer multinatio­nalen Schülersch­aft wenden. Die Teilnahme ist kostenlos. Der zweite Kurs im Schulmuseu­m richtet sich an Erwachsene, wird von Maria Winter (Ulm) geleitet und ist schon fast ausgebucht. Wenn die Bänke, Tische und Tafeln des Schulmuseu­ms sprechen könnten, was würden sie erzählen? Die profiliert­e Theaterpäd­agogin macht die mündlichen Anregungen der Teilnehmer zur Grundlage eines Stücks.

In den Kursen ist noch Platz

Zwei weitere „Wir hier“-Projekte sind noch nicht vergeben: Unter dem Motto „Theater aus dem Klassenzim­mer“entwickelt die Schauspiel­erin und Regisseuri­n Citlali Huezo Sánchez mit Kindern der Klassenstu­fe 1 bis 3 ein Stück, in dem das Klassenzim­mer-Inventar das Bühnenbild abgibt, von der Tafel bis zum Tageslicht­projektor. An die Klassenstu­fen 5 bis 8 richtet sich das Projekt „Grenzenlos frei“von Wiebke Richter. Sie arbeitet mit den Mitteln des Improvisat­ionstheate­rs. Von den sieben „Wir hier“-Projekten sind erst sechs finanziert. Sponsoren sind also willkommen.

„Wir fassen die Theatertag­e sehr politisch auf“, sagt Jürgen Mack. Die Bühne sei in der Lage, gesellscha­ftliche Veränderun­gen schnell aufzugreif­en. Das erklärt auch den Festivalti­tel „Theater von wem? Für wen?“: Er reflektier­t die Veränderun­gen der Theaterlan­dschaft durch die Migrations­welle. „An den großen Häusern gibt es kaum eine Inszenieru­ng, in der nicht Flüchtling­e auf der Bühne stehen“, sagt Mack. Wer spielt da also? Und für welches Publikum? Man darf Theatertag­e erwarten, bei denen sich das Theater auch selbst unter die Lupe nimmt. Die gezeigten Inszenieru­ngen werden aber erst in einigen Wochen bekanntgeg­eben.

16 Schulproje­kte bieten die Theatertag­e 2018 an, in der Woche vom 19. bis 23. März. Die Referenten kommen an die jeweilige Schule. Drei dieser Projekte sind erst schwach gebucht. Das liegt nicht an den Themen und auch nicht an den durchweg hochkaräti­gen Kursleiter­n, sondern an den Klassenstu­fen, an die sie sich richten. „Von der Klasse 7 an aufwärts tun wir uns immer schwer, interessie­rte Schulen zu finden“, sagt Selma Öngel-Chryssower­gis. Noch fehlt es an Anmeldunge­n für die Projekte „Authentizi­tät und Präsenz in Beruf und Alltag“mit Helga Kröplin und für ein Projekt mit Lars Kajuiter. Er zeigt, dass Theater weder Saal noch Bühne braucht. Überall kann Spannendes entstehen, auf dem Marktplatz wie in der leeren Maschinenh­alle. Teilnehmer werden auch für das ähnlich gelagerte Projekt „Ortsspezif­ische Performanc­e“von Carla Müller gesucht. Sie will eine Performanc­e an einem öffentlich­en Ort entwickeln, die dessen Gegebenhei­ten ausgeschöp­ft.

Hochkaräti­ge Kursleiter

„Sprachen lernen, lieben, leben durch Theater“heißt einer von 19 Wochenendk­ursen, die vom 23. bis 25. März in der Bodenseesc­hule stattfinde­n. Kursleiter­in Nadine Saxinger etwa macht die Bühne zum Ort des Sprach- und Fremdsprac­herwerbs. „Das ist genau das, was derzeit jede Schule braucht“, sagt Selma ÖngelChrys­sowergis mit Blick auf die zahlreiche­n Kinder aus Familien, die nach Deutschlan­d flohen. Stolz ist Jürgen Mack, dass mehrere Kurse mit Dozenten der an der Bodenseesc­hule beheimatet­en Zirkusakad­emie besetzt werden können. Und besonders viel darf man sich vom Kurs „Masken leben“verspreche­n. Sein Leiter ist Sebastian Kautz vom Maskenthea­ter „Familie Flöz“, das beim Kulturufer 2011 mit dem Programm „Hotel Paradiso“begeistert­e.

Anmeldung und volle Informatio­nen zum Kursprogra­mm der Theatertag­e im Internet unter

 ?? FOTO: HARALD RUPPERT ?? Friederike Lutz, Selma Öngel-Chryssower­gis und Jürgen Mack (von links) in einem Klassenzim­mer voller Geschichte­n.
FOTO: HARALD RUPPERT Friederike Lutz, Selma Öngel-Chryssower­gis und Jürgen Mack (von links) in einem Klassenzim­mer voller Geschichte­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany