Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Kreis Ravensburg dementiert Geldverschwendung
Bund der Steuerzahler stellt unbequeme Fragen wegen Einbau eines Bürgerbüros in der Friedensstraße
RAVENSBURG - Der Bund der Steuerzahler ist durch einen Bericht in der „Schwäbischen Zeitung“auf eine mögliche Geldverschwendung in Millionenhöhe im Landratsamt Ravensburg aufmerksam geworden. Der Verein, der einmal im Jahr im „Schwarzbuch“die schlimmsten öffentlichen Steuersünden anprangert, hat sich nun mit einem kritischen Fragenkatalog ans Landratsamt gewandt.
Wie berichtet, hatten die Freien Wähler bei der Haushaltsdebatte im Kreistag gefordert, Ausgaben in Höhe von drei Millionen Euro für die Einrichtung eines Bürgerbüros im Kreishaus 1 an der Friedensstraße in Ravensburg vorerst mit einem Sperrvermerk zu belegen. Grund: Das ursprünglich für 2017 versprochene Standortkonzept lässt auf sich warten. Es wäre also theoretisch möglich, dass der Landkreis in diesem Jahr viel Geld in ein Bürgerbüro steckt, das mittelfristig gar nicht mehr gebraucht wird, weil der Landkreis sich zum Beispiel dafür entscheidet, einen Neubau auf die grüne Wiese zu setzen.
„Das könnte ein Fall fürs Schwarzbuch sein“, sagt Michael Weiss vom Landesverband Baden-Württemberg des Bundes der Steuerzahler. Zudem berichtet der Verein regelmäßig in der monatlichen Zeitschrift „Der Steuerzahler“darüber, wie öffentliche Gelder verwendet werden. In Ravensburg untersucht die Organisation gerade noch ein weiteres Projekt, diesmal in der Verantwortlichkeit der Stadt: den halb verrosteten Eschersteg, der nach einer Entscheidung des Landesdenkmalamtes saniert und wieder aufgebaut werden muss, was den Steuerzahler aber bis zu 2,5 Millionen Euro kosten könnte.
Ganz so skandalös erscheint die Ausgabe für ein Bürgerbüro im Ravensburger Landratsamt hingegen nicht, da dieses im Gegensatz zum Eschersteg tatsächlich einen Nutzen hat: Es soll die zentrale Anlaufstelle für alle Dienstleistungen mit Publikumsverkehr werden, also Führerscheinstelle, Zulassungswesen und Abfallwirtschaft. Dennoch wirft der Bund der Steuerzahler die Frage auf, warum für das Jahr 2018 umfangreiche Investitionen dafür angedacht sind, obwohl noch keine endgültige Standortkonzeption vorliegt.
Franz Baur, Leiter des Finanzdezernats, hat die Fragen in der Zwischenzeit ausführlich beantwortet. „Nach dem bisherigen Stand der Überlegungen der Kreisverwaltung bleibt das Kreishaus I auch in Zukunft ein wichtiger und zentraler Standort der Landkreisverwaltung.“Die aktuelle räumliche Situation im Erdgeschoss werde den Erwartungen des Bürgers an einen zeitgemäßen Service aber nicht gerecht. Daher solle zeitnah das Erdgeschoss umgebaut werden. Die Gesamtkosten würden noch nicht feststehen, werden aber auf 3,8 Millionen Euro geschätzt, so Baur.
Zur Frage, ob es Sinn mache, das Kreishaus I jetzt umzubauen, obwohl es noch kein Standortkonzept für die zukünftige Unterbringung der Kreisverwaltung gebe, antwortet Baur: „Selbst wenn es sich ergeben würde, dass der Standort zugunsten eines zentralen Neubaus abgegeben wird, werden bis dahin noch viele Jahre vergehen. Solange wollen wir den Bürger nicht warten lassen.“Die Arbeiten am 50 Jahre alten Gebäude würden auch dringend anstehende Renovierungen am Dach und bei den Elektroleitungen beinhalten. Selbst wenn es irgendwann verkauft würde, „stellen die geplanten Maßnahmen einen Beitrag zum Werterhalt dar“.
Standortkonzept im Frühsommer
Bis zum Frühsommer will die Verwaltung laut Baur dem Kreistag verschiedene Varianten für eine Konzentration der jetzt acht Standorte in zwölf Gebäuden in Ravensburg und Weingarten unterbreiten. Der Telekom, die nach dem Verkauf ihrer Immobilie an der Gartenstraße in Ravensburg 2012 noch weite Teile des Gebäudes belegt hatte, sei bereits gekündigt worden. Die leer werdenden Räume soll entweder das Land für das neue Polizeipräsidium Oberschwaben bekommen, oder der Kreis will sie selbst nutzen.