Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Die B 31 ist noch weit hinten dran“

Landrat Lothar Wölfle bezieht bei „I mein’ halt“in Markdorf zu aktuellen Themen Stellung

- Von Barbara Baur

MARKDORF - Landrat Lothar Wölfle ist am Mittwochab­end bei der kommunalpo­litischen Gesprächsr­unde „I mein’ halt“von Ernst Arnegger im Zunfthaus Obertor in Markdorf zu Gast gewesen. Er bezog dort Stellung zu aktuellen Themen im Landkreis. Im Vordergrun­d der Diskussion standen verkehrspo­litische Themen wie Straßenbau und Schienenve­rkehr, Verkehrspo­litik, Wohnungsno­t und die Flüchtling­ssituation. Organisato­r und Moderator Ernst Arnegger begrüßte den Landrat bereits zum dritten Mal bei „I mein’ halt“. „Das letzte Mal war er kurz vor seine Wiederwahl bei uns“, sagte er. Als bürgernahe­r Landrat stelle Wölfe sich immer wieder der Diskussion, sagte Arnegger, der sich über viele Zuhörer freute.

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Energie: Als erstes Thema griff Lothar Wölfle die Oberschwäb­ischen Elektrizit­ätswerke (OEW) heraus. „Der Zweckverba­nd wurde 1909 gegründet, und zwar von den damaligen Oberämtern Ravensburg, Tettnang und Wangen“, sagte er. Die damaligen Oberämter gibt es inzwischen nicht mehr. Sie wurden bei der Kreisrefor­m als Landkreise neu zugeschnit­ten. „Zur Zeit der Gründung war Oberschwab­en rückständi­g“, sagte Wölfle. „Das Ziel war, die Region an den Strom anzuschlie­ßen.“Heute gehören neun Landkreise zu den Oberschwäb­ischen Elektrizit­ätswerken, der Bodenseekr­eis ist der drittgrößt­e davon. „Die OEW halten knapp die Hälfte der Aktien der EnBW. Die andere Hälfte gehört dem Land Baden-Württember­g“, erläuterte er. Markdorf sei doppelt verknüpft mit der OEW. Zum einen über die neu gegründete Seeallianz, eine Stromnetzg­esellschaf­t von Kommunen, NetzeBW und Stadtwerk am See. Sie erwirbt das Stromnetz, um es anschließe­nd aber wieder an die NetzeBW als Betreiber zu verpachten. Zum anderen habe die Bodenseere­gion bis vor zwei Jahren aufgrund der Beteiligun­g der

OEW an der EnBW „ordentlich­e Erträge“erzielt. Das sei inzwischen anders. „Die EnBW hat sich klar für die Energiewen­de positionie­rt und drei seiner fünf Atomkraftw­erke abgeschalt­et. Die anderen beiden folgen bis Ende 2022“, sagte Wölfle. Dadurch sei eine bedeutende Einnahmequ­elle versiegt. Doch die Talsohle sei erreicht. Seit 2017 schreibe die EnBW wieder bessere Zahlen aus ihrem operativen Geschäft. Momentan habe das Unternehme­n noch Schulden bei den OEW, aber sobald es wieder Geld gebe, würden die Rücklagen wieder aufgefüllt und schließlic­h gehe es wieder an die Landkreise.

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Asylpoliti­k: Die Asylpoliti­k sei vermeintli­ch aus den täglichen Schlagzeil­en verschwund­en und nicht mehr ganz oben auf der Tagesordnu­ng, leitete Wölfle zum nächsten Thema über. Eine Ursache dafür seien vermutlich die gesunkenen Flüchtling­szahlen. „Wir sind wieder dort, wo wir waren, bevor die große Zahl an Flüchtling­en kam“, sagte er. Monatlich nehme der Landkreis zwischen 30 und 40 Menschen auf, deren Leben in ihrer Heimat bedroht werden oder die aus wirtschaft­lichen Gründen nach Deutschlan­d kommen. „Vergleichb­ar war es bereits in den Jahren 2012, 2013 und 2014“, sagte er. Zwar sei das Thema erst 2015 in den Fokus der Öffentlich­keit gerückt, doch Flüchtling­e habe es immer schon gegeben. „Wir haben genügend Wohnraum, was die Erstunterb­ringung durch den Landkreis betrifft“, sagte er. Denn in der Erstunterb­ringung wohnen diejenigen, die noch keine Anerkennun­g oder Bleiberech­t haben. Einem Menschen, der vom Landkreis untergebra­cht werde, stünden mittlerwei­le sieben Quadratmet­er zur Verfügung. Als Wohnraum knapp war, seien es nur 4,5 Quadratmet­er pro Person gewesen. „Das ist eine Schande für unser Land“, sagte Wölfle. Asylbewerb­er, die Bleiberech­t bekommen oder die länger als zwei Jahre in der Erstunterb­ringung des Kreises wohnen, wechseln in die Anschlussu­nterbringu­ng, für die die Kommunen zuständig sind. „An der Anschlussu­nterbringu­ng hapert es bei einigen Kommunen“, kritisiert­e er. „Deshalb bleiben die Flüchtling­e länger in den Gemeinscha­ftsunterkü­nften.“Auf finanziell­er Seite bedeute das für den Landkreis zusätzlich­e Kosten. „Knapp vier Millionen Euro bekommt der Landkreis nicht“, sagte er. Weil der Landkreis aber keine Finanzschr­aube habe, führe das zu einer Ungerechti­gkeit zwischen den Kommunen. „Die Gemeinden, die ihr Soll erfüllen, zahlen für die anderen mit“, sagte er.

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Verkehr: In Sachen Verkehr gibt es im Bodenseekr­eis viele Baustellen. „Die B31 ist noch weit hinten dran“, sagte der Landrat. Während in Überlingen und Friedrichs­hafen bereits gebaut werde, seien die Planungen für den Abschnitt zwischen Immenstaad und Meersburg erst zu etwa 15 Prozent abgearbeit­et. Die Planung dauert laut Wölfle fünf bis sechs Jahre, außerdem rechnet er damit, dass dann noch Gerichtsve­rfahren folgen, die ebenfalls vier bis fünf Jahre dauern könnten. Die Elektrifiz­ierung der Südbahn zwischen Ulm und Friedrichs­hafen sei inzwischen zwar gelungen, doch gebe es noch einige Streitpunk­te mit der Deutschen Bahn. „Es geht um Anschlüsse in Aulendorf und Friedrichs­hafen“, sagte Wölfle. „Der Kampf ist da noch nicht zu Ende.“Weniger weit sind die Planungen für die Bodenseegü­rtelbahn fortgeschr­itten. „Der Landkreis hat dem Verkehrsmi­nisterium zwei Gutachten vorgelegt“, sagte Wölfle. Man gehe davon aus, dass die Ertüchtigu­ng der Strecke 50 Millionen Euro kosten wird. „Für die Elektrifiz­ierung kommen geschätzte 100 Millionen Euro hinzu“, sagte er. Wichtig für Markdorf sind auch verschiede­ne Straßenbau­vorhaben. Für die B 31-neu sei in den 80er-Jahren der Planfall 7.5 herausgeko­mmen, nachdem man sich vom Bau einer durchgehen­den Autobahn verabschie­det hatte. Die B 33, die durch Markdorf führt, bleibe aber Bündelungs­straße. 2011 habe das Land die Planungen für die Ortsumfahr­ungen Neufrach und Bermatinge­n eingestell­t. „Wir haben Baurecht, aber ein bisschen Geld vom Land fehlt noch“, sagte Wölfle.

„Wir sind wieder dort, wo wir waren, bevor die große Zahl an Flüchtling­en kam.“Landrat Lothar Wölfle

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FOTO: BARBARA BAUR Ernst Arnegger (links) holt zu seiner Diskussion­srunde „I mein’ halt“Landrat Lothar Wölfle nach Markdorf.
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ARCHIVFOTO: INGEBORG WAGNER Bermatinge­n wünscht sich eine Ortsumfahr­ung.

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