Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
George Clooney auf dem Holzweg
Kaffeekapseln aus Holz sollen von Ravensburg aus die Welt erobern.
RAVENSBURG - Zwei Studenten aus Stuttgart und ein Sozialunternehmen aus Ravensburg treten an, George Clooney schlecht aussehen zu lassen. Während der Schauspieler und Frauenschwarm Kaffee in Alukapseln als Lifestyleprodukt bewirbt, wollen die Schwaben mit Nachhaltigkeit, Verantwortung und Regionalität dagegenhalten: Die Kaffeekapsel aus Holz soll von Ravensburg aus die Welt erobern.
„Rezemo“heißt das Start-up-Unternehmen, das sich die OWB, die Oberschwäbischen Werkstätten, eine Einrichtung der Behindertenarbeit in Ravensburg, als Partner auserkoren hat. „Wir haben uns beim Kaffeetrinken mit der NespressoMaschine die Frage gestellt, was eigentlich mit dem ganzen Kaffeesatz aus den Kapseln passiert“, schildert Stefan Zender den Urknall der Idee in der Studentenbude. „Und gleich danach sind wir auf das Material gekommen.“Vier Milliarden Kapseln werden jedes Jahr alleine in Deutschland verbraucht, 8000 Tonnen Müll fallen dadurch an. Hergestellt werden diese Behälter vor allem aus Aluminium, aus Kunststoff oder inzwischen auch aus einem Kunststoffgemisch, das biologisch abbaubar ist. Pads, die flache Form, gibt es auch aus Zellulose.
Da geht doch noch mehr beim Material, dachten sich Zender und sein Freund Julian Reitze, beide Studenten an der Universität Stuttgart, beide aufgewachsen in Singen. Vor allem, was die Ökobilanz angeht. Die Lösung nach drei Jahren intensiver Entwicklungszeit, nach Versuch und Irrtum: Holz, gewonnen aus Spänen, ein Abfallprodukt von Sägewerken auf der Schwäbischen Alb. Im Spritzgussverfahren wird aus dem Material mit wenig Energieeinsatz ein geeigneter Behälter.
Die Uni und das Fraunhofer-Institut haben die beiden jungen Tüftler bei ihrer Entdeckung kräftig unterstützt, sagen sie. Eine Holzkapsel, die man nach Gebrauch zum Biomüll oder in den Komposthaufen geben kann und die für jede Maschine des Marktführers Nespresso passt, gab es also. Jetzt stand noch die Frage nach dem richtigen Kaffee dafür aus. Und das Problem, wie und wo dieser in die Kapsel kommt.
Die Antwort fanden Zender und Reitze in Ravensburg. Hier ist der Verwaltungssitz der Oberschwäbischen Werkstätten, die mit Cafésito ein besonderes Integrationsprojekt betreiben. Mit der Idee von einem sozial nachhaltigen Gebräu wurde die Kaffeerösterei in Kißlegg-Zaisenhofen mit der Echse im Logo vor inzwischen mehr als zehn Jahren gegründet. Das Ziel: Menschen mit Behinderung sollen am Leben und Arbeiten im Alltag auch dank eines sinnlichen Produktes wie Kaffee teilhaben. Cafésito, Mitglied der Deutschen Röstergilde, ist für seine Produkte schon mehrfach ausgezeichnet und prämiert worden.
Den Cafésito-Kaffee aus der Manufaktur gab es bisher allerdings nicht in Kapseln abgefüllt zu kaufen: „Alle Lösungen passten nicht zu unserem Antrieb, nur ökologisch und sozial nachhaltige Produkte zu vertreiben“, sagt OWB-Geschäftsführer Egon Streicher. Das änderte sich, als die beiden Studenten bei ihm vor der Tür standen: „Vor gut zwei Jahren sind wir ins Gespräch gekommen und haben unsere Philosophien ausgetauscht. Mir war relativ schnell klar: Das passt wunderbar zusammen. Und wenn es funktioniert, dann ist es die Revolution des Kapselmarktes.“
Im Januar sind die beiden Partner mit der ersten Edition des RezemoKaffees aus der Cafésito-Manufaktur in den Markt gegangen. 30 000 Kapseln sind bereits im Allgäu und in Ravensburg produziert worden. Die Kreissparkasse Ravensburg ist schon überzeugt und hat kräftig eingekauft. 5,99 Euro kosten 14 Kapseln.