Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Merkel will volle vier Jahre regieren

Kanzlerin kündigt personelle Erneuerung an – Mattheis fordert Urwahl des SPD-Vorsitzes

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BERLIN (dpa/bm) - Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) will bei einer Zustimmung der SPD-Mitglieder zu einer Großen Koalition volle vier Jahre im Amt bleiben. „Die vier Jahre sind jetzt das, was ich versproche­n habe. Und ich gehöre zu den Menschen, die Versproche­nes auch einhalten“, sagte die CDU-Chefin am Sonntagabe­nd in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Einen Autoritäts­verlust empfinde sie nicht. Sie kündigte an, dass die Namen der sechs CDUMiniste­r bis zum Parteitag am 26. Februar bekannt gegeben werden sollen, bei dem die CDU-Delegierte­n über den Koalitions­vertrag mit der SPD entscheide­n.

Merkel regiert seit 2005. Bliebe sie volle vier Jahre im Amt, würde sie – mit dann 16 Amtsjahren – mit Helmut Kohl gleichzieh­en, der bisher am längsten als Kanzler in Deutschlan­d regiert hat. Merkel bekräftigt­e, dass sie auch am Parteivors­itz bis zum Ende der Legislatur festhalte. „Für mich gehören diese beiden Ämter in eine Hand, um auch eine stabile Regierung bilden zu können. Dabei bleibt es“, betonte sie. Die Kanzlerin kündigte zugleich eine personelle Erneuerung in Regierung und Partei an. Jetzt gehe es darum zu zeigen, dass die CDU mit einer neuen Mannschaft antreten könne.

Der ehemalige hessische CDUMiniste­rpräsident Roland Koch forderte Merkel auf, ihre Nachfolge zu regeln. „Die Parteiführ­ung, und eben auch die Vorsitzend­e Angela Merkel, schulden den Wählern eine Antwort auf die Frage, welches die nächste Generation ist, die Verantwort­ung übernimmt“, sagte Koch der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“. Er hält es nicht für sinnvoll, mit einem Wechsel an der Parteispit­ze bis zur nächsten Wahl zu warten.

In der SPD wächst nach dem Sturz von Parteichef Martin Schulz der Druck, schnell für klare Verhältnis­se zu sorgen. Das Präsidium will am Dienstag beraten, ob Fraktionsc­hefin Andrea Nahles die Partei sofort kommissari­sch führt. Bisher war geplant, dass sie den Vorsitz erst Anfang März übernimmt. Die Ulmer SPD-Abgeordnet­e Hilde Mattheis fordert dagegen, den neuen Parteichef per Urwahl zu bestimmen. „Es ist wichtig, dass die Mitglieder maßgeblich am Erneuerung­sprozess beteiligt sind“, sagte Mattheis der „Schwäbisch­en Zeitung“.

BERLIN (dpa) - Vor einer möglichen Neuauflage der Großen Koalition werden in der CDU Forderunge­n nach einer Verjüngung des künftigen Kabinetts lauter. Vor allem nachrücken­de Politiker verlangen, ihre Generation stärker zum Zuge kommen zu lassen – auch um eine personelle Perspektiv­e für die Zeit nach Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel zu entwickeln. Die Junge Union (JU) forderte am Wochenende zudem die CDU-Führung auf, bis zum Bundespart­eitag Ende Februar zu sagen, wer Minister im Kabinett Merkel werden soll.

Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) sagte am Sonntag, wenn es schon in den führenden Rollen eine „Personenid­entität“gebe, brauche man, um nach außen einen Aufbruch darzustell­en, neue Leute im Kabinett. Sein Ziel sei es, „dass es eine weitere Verjüngung gibt“. Merkel habe die Chance, bei der Kabinettsb­ildung „für neue Gesichter zu sorgen“.

Der JU-Vorsitzend­e Paul Ziemiak mahnte, es gehe bei der Besetzung des Kabinetts auch um die Zukunft der CDU als Volksparte­i. „Ich sehe in dem bislang bekannt gewordenen Tableau keine echte Erneuerung für die CDU.“

An fähigen Nachwuchsk­räften mangelt es der CDU nach Einschätzu­ng von Präsidiums­mitglied Jens Spahn nicht: Die Partei habe „überall gute Leute“, sagte er. Er nannte unter anderem Ziemiak, Sachsens Ministerpr­äsidenten Michael Kretschmer und die rheinland-pfälzische CDUChefin Julia Klöckner.

Kritik entzündet sich in der CDU weiter am Verzicht auf das Finanzmini­sterium. Spahn nannte dies einen „harten Schlag“und einen ziemlich hohen Preis für die Einigung mit der SPD. „Denn das Finanzmini­sterium war ein Ort, wo originär CDUPolitik gemacht wurde. Der Haushalt ohne Schulden ist mehr als ein Symbol dafür.“

Angela Merkel hat angesichts der Kritik die Entscheidu­ng gerechtfer­tigt. „Das ist schmerzlic­h mit dem Finanzmini­ster“, sagte Merkel am Sonntag in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. „Aber es ist aus meiner Sicht auch akzeptabel.“Denn andernfall­s wären die Koalitions­gespräche gescheiter­t, stellte Merkel klar. „Die Alternativ­e wäre gewesen, dass wir den Menschen einfach hätten sagen müssen, in der Sache haben wir einen Koalitions­vertrag, aber wir können uns leider auf die Ressorts nicht einigen. Das war nicht verantwort­bar.“

Zudem stellte sie eine personelle Erneuerung in Aussicht. Bei der Kabinettsb­esetzung sollten „nicht nur die über 60-Jährigen berücksich­tigt werden, sondern auch jüngere Leute“, kündigte Merkel an. Bis zum CDU-Parteitag am 26. Februar solle klar sein, wer für die Partei im Kabinett sitzen solle. „Ich denke, dass wir da gute Lösungen finden.“

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FOTO: DPA Angela Merkel beantworte­t am Sonntag in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“die Fragen von Bettina Schausten.

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