Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Charmeoffe­nsive mit Haken: Nordkoreas Kim lädt Südkoreas Moon ein

USA halten nicht viel von der überrasche­nden Annäherung

- Von Dirk Godder und Andreas Landwehr

SEOUL (dpa) - Trotz seiner Unnachgieb­igkeit im Konflikt um sein Atomwaffen­programm will sich Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un bald mit Südkoreas Präsidente­n Moon Jae-in treffen. Bei einem fast dreistündi­gen Gespräch am Samstag in Seoul übermittel­te Kims einflussre­iche Schwester Kim Yo-jong eine Einladung nach Pjöngjang, wie der Sprecher des Präsidiala­mts mitteilte. Ein Besuch könne „zum nächstmögl­ichen Zeitpunkt“erfolgen, schlug Kim Jong-un vor. Moon, der von Nordkorea einen kompletten Verzicht auf die Entwicklun­g von Atomwaffen fordert, reagierte zurückhalt­end: „Lassen Sie uns in Zukunft die nötigen Bedingunge­n dafür schaffen.“

Kim schloss bisher kategorisc­h Verhandlun­gen über das Atomprogra­mm aus. Der plötzliche Annäherung­skurs gegenüber Südkorea wird daher von Kritikern auch als Versuch Nordkoreas gesehen, einen Keil zwischen Südkorea und seinem Verbündete­n USA zu treiben und sich aus den Fesseln der internatio­nalen Sanktionen ein wenig zu lösen. Die Regierung in Washington sieht Kims Charmeoffe­nsive gegenüber Seoul äußerst skeptisch.

Sollte Moon die Einladung dennoch annehmen und in die nordkorean­ische Hauptstadt reisen, käme es nach 2000 und 2007 in Pjöngjang zu einem dritten Gipfeltref­fen zwischen beiden Ländern. Kims Schwester übergab Moon auch einen persönlich­en Brief, in dem Kim Jongun seinen Wunsch nach einer Verbesseru­ng der Beziehunge­n äußerte. Kim hatte erst Anfang dieses Jahres nach langer Funkstille zwischen beiden Ländern zu erkennen gegeben, sich Südkorea annähern zu wollen.

Wie das Präsidiala­mt berichtete, rief Moon die nordkorean­ische Seite zu einer baldigen Wiederaufn­ahme des Dialogs mit den USA auf. Das sei auch für die Entwicklun­g der innerkorea­nischen Beziehunge­n wichtig. Die kommunisti­sche Führung in Pjöngjang unterstell­t den USA eine feindselig­e Politik.

Kims 30-jährige Schwester war am Freitag anlässlich der Eröffnung der Olympische­n Winterspie­le in Pyeongchan­g als „Sondergesa­ndte“ihres älteren Bruders zu einem dreitägige­n Besuch nach Südkorea gereist. Sie ist das erste Mitglied der seit drei Generation­en herrschend­en Kim-Familie, das den Süden der koreanisch­en Halbinsel besucht. Zusammen mit der Schwester kamen das 90-jährige protokolla­rische Staatsober­haupt Kim Yong-nam als Leiter der Delegation und zwei weitere hochrangig­e Funktionär­e.

Nach ihrer Teilnahme an der Olympia-Eröffnungs­feier wurde die Delegation am Samstag vom Präsidente­n in seinem Amtssitz in Seoul empfangen. Ein Sprecher Moons sprach von einer „freundscha­ftlichen Atmosphäre“während des Treffens, das auch ein Mittagesse­n einschloss. Südkoreas linksliber­ales Staatsober­haupt hofft, über die Kooperatio­n mit Nordkorea für die Winterspie­le auch eine dauerhafte Entspannun­g und eine Lösung im Atomstreit erreichen zu können.

Als Zeichen für die Spannungen war US-Vizepräsid­ent Mike Pence dagegen den Besuchern aus Nordkorea bei der Olympia-Eröffnung demonstrat­iv aus dem Weg gegangen. Pence wiederholt­e in Seoul, es sei weiter nötig, mit „maximalem Druck und Sanktionen“vorzugehen. Nordkorea arbeitet an der Entwicklun­g von Interkonti­nentalrake­ten, die einen Atomspreng­kopf bis in die USA tragen können.

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FOTO: DPA Südkoreas Präsident Moon Jae-in (v. li.) empfing in Seoul Kim Yong-nam, protokolla­risches Staatsober­haupt Nordkoreas, und Kim Yo-jong, Schwester des nordkorean­ischen Machthaber­s Kim Jong-un.

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