Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Scheinharmonie in Sachen Kunst
Kunst ist schön, aber sie macht viel Arbeit. Dieser nur halb ironisch gemeinte Ausspruch Karl Valentins trifft auf die Produktion von Kunst ebenso zu wie auf ihre Organisation. Genau an dieser Organisation krankt es in Friedrichshafen. Die Kunstszene hier verwaltet sich selbst, so gut es eben geht. Verschleißerscheinungen sind unübersehbar: Der Kunstfreitag hat seine Schlagzahl verlangsamt. Früher fand er zweimal im Jahr statt, jetzt nur noch einmal. Die Vorbereitungen sind aufwändig, seine Akteure stellen ihn ehrenamtlich auf die Beine, es fehlt an Zeit und an Gemeinsamkeiten. An Gemeinsamkeiten übrigens nicht nur am Kunstfreitag. Zwar arbeitet etwa das Zeppelin-Museum bei großen Ausstellungen mit der ZU zusammen. Auf der anderen Seite wurde der Brückenschlag zwischen Zeppelin-Museum und Kunstverein gekappt. Die Jahresausstellungen des Kunstvereins in den Räumen des Museums sind Geschichte.
Kunst in Friedrichshafen, das ist eine kleinteilige Angelegenheit. Das könnte man freilich auch als Vorteil begreifen und gerade den Kunstfreitag für alle öffnen, die sich an seinem Programm kreativ beteiligen wollen. Aber dieser Weg wird nicht verfolgt und so bleibt der Kunstfreitag in der Schwebe, irgendwo zwischen einem roten Faden und einem weiten Blick auf die Heterogenität des Kunstschaffens in der Stadt.
Was Friedrichshafen fehlt, ist eine bezahlte Stelle für Kunstangelegenheiten. Für jeden Bereich gibt es im Kulturbüro Zuständigkeiten – vom Ballett über Theater, Literatur und klassische Konzerte, bis zum Jazz. Nur die bildende Kunst liegt brach. Zwar gibt es im Rathaus eine „Koordinierungsstelle Kunst“, aber seitdem Friederike Lutz die Leitung des Schulmuseums übernahm und diese Aufgabe abgab, hört man von der Koordinierungsstelle nichts mehr. Überhaupt ist ihr Zuständigkeitsbereich zu eng formuliert, denn eines soll die Koordinierungsstelle offenbar nicht: Ideen entwickeln, bleibende Spuren hinterlassen und damit lästig werden. Die Koordinierungsstelle soll arbeiten, „ohne die Fachkompetenzen des Zeppelin-Museums, der Stadtplanung oder auch der Baufachleute auszuhebeln“, heißt es auf der Homepage der Stadt. Aber was bleibt dann noch?
In ihrem jetzigen Zustand drückt sich die Kunst in Friedrichshafen um Auseinandersetzungen und Richtungsbestimmungen. Es fehlt an einem Meinungsaustausch zwischen Künstlern, Kuratoren und Publikum. Jeder weiß um dem Graben, der zwischen Anhängern der Freizeitkunst und der akademischen Kunst verläuft. Offen thematisiert werden die wechselseitigen Vorbehalte aber nicht. In der Folge herrscht über „die Kunst“in Friedrichshafen eine Scheinharmonie. Ein Selbstverständnis zur Frage, was „die Kunst“in Friedrichshafen sein soll, müsste erst noch geschaffen werden.
Der unbestrittene Kulturtipp für diese Woche ist natürlich der Kunstfreitag am 16. Februar. Um 18 Uhr wird er im Zeppelin-Museum eröffnet.