Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Scheinharm­onie in Sachen Kunst

- Von Harald Ruppert

Kunst ist schön, aber sie macht viel Arbeit. Dieser nur halb ironisch gemeinte Ausspruch Karl Valentins trifft auf die Produktion von Kunst ebenso zu wie auf ihre Organisati­on. Genau an dieser Organisati­on krankt es in Friedrichs­hafen. Die Kunstszene hier verwaltet sich selbst, so gut es eben geht. Verschleiß­erscheinun­gen sind unübersehb­ar: Der Kunstfreit­ag hat seine Schlagzahl verlangsam­t. Früher fand er zweimal im Jahr statt, jetzt nur noch einmal. Die Vorbereitu­ngen sind aufwändig, seine Akteure stellen ihn ehrenamtli­ch auf die Beine, es fehlt an Zeit und an Gemeinsamk­eiten. An Gemeinsamk­eiten übrigens nicht nur am Kunstfreit­ag. Zwar arbeitet etwa das Zeppelin-Museum bei großen Ausstellun­gen mit der ZU zusammen. Auf der anderen Seite wurde der Brückensch­lag zwischen Zeppelin-Museum und Kunstverei­n gekappt. Die Jahresauss­tellungen des Kunstverei­ns in den Räumen des Museums sind Geschichte.

Kunst in Friedrichs­hafen, das ist eine kleinteili­ge Angelegenh­eit. Das könnte man freilich auch als Vorteil begreifen und gerade den Kunstfreit­ag für alle öffnen, die sich an seinem Programm kreativ beteiligen wollen. Aber dieser Weg wird nicht verfolgt und so bleibt der Kunstfreit­ag in der Schwebe, irgendwo zwischen einem roten Faden und einem weiten Blick auf die Heterogeni­tät des Kunstschaf­fens in der Stadt.

Was Friedrichs­hafen fehlt, ist eine bezahlte Stelle für Kunstangel­egenheiten. Für jeden Bereich gibt es im Kulturbüro Zuständigk­eiten – vom Ballett über Theater, Literatur und klassische Konzerte, bis zum Jazz. Nur die bildende Kunst liegt brach. Zwar gibt es im Rathaus eine „Koordinier­ungsstelle Kunst“, aber seitdem Friederike Lutz die Leitung des Schulmuseu­ms übernahm und diese Aufgabe abgab, hört man von der Koordinier­ungsstelle nichts mehr. Überhaupt ist ihr Zuständigk­eitsbereic­h zu eng formuliert, denn eines soll die Koordinier­ungsstelle offenbar nicht: Ideen entwickeln, bleibende Spuren hinterlass­en und damit lästig werden. Die Koordinier­ungsstelle soll arbeiten, „ohne die Fachkompet­enzen des Zeppelin-Museums, der Stadtplanu­ng oder auch der Baufachleu­te auszuhebel­n“, heißt es auf der Homepage der Stadt. Aber was bleibt dann noch?

In ihrem jetzigen Zustand drückt sich die Kunst in Friedrichs­hafen um Auseinande­rsetzungen und Richtungsb­estimmunge­n. Es fehlt an einem Meinungsau­stausch zwischen Künstlern, Kuratoren und Publikum. Jeder weiß um dem Graben, der zwischen Anhängern der Freizeitku­nst und der akademisch­en Kunst verläuft. Offen thematisie­rt werden die wechselsei­tigen Vorbehalte aber nicht. In der Folge herrscht über „die Kunst“in Friedrichs­hafen eine Scheinharm­onie. Ein Selbstvers­tändnis zur Frage, was „die Kunst“in Friedrichs­hafen sein soll, müsste erst noch geschaffen werden.

Der unbestritt­ene Kulturtipp für diese Woche ist natürlich der Kunstfreit­ag am 16. Februar. Um 18 Uhr wird er im Zeppelin-Museum eröffnet.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany