Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Aufatmen mit Ginczek

Der VfB Stuttgart fühlt sich nach dem 1:0 gegen Gladbach als Gewinner des Spieltags

- Von Jürgen Schattmann

STUTTGART – Befreiungs­schlag für den VfB Stuttgart im Abstiegska­mpf. Nach dem 1:0 über Borussia Mönchengla­dbach beim Heimdebüt des neuen Trainers Tayfun Korkut liegt der VfB nun vier Punkte vor dem Sechzehnte­n Mainz und sieben vor dem Siebzehnte­n Hamburger SV. Gladbach verlor auch das vierte von fünf Spielen im Jahr 2018 und ist nur noch Zehnter. Die Champions-League-Träume schwinden.

Protagonis­t des Tages war einer, der unter Korkuts Vorgänger Hannes Wolf eine Nebenrolle einnahm: Daniel Ginczek, der den Club bereits vor drei Jahren mit seinen Toren fast allein vor dem Abstieg rettete, ehe er dauerverle­tzt darniederl­ag. Unter Wolf hatte der 26-Jährige diese Saison nur dreimal von Beginn an gespielt, schoss dabei immerhin zwei Tore (eins kam bei seinen sechs Jokereinsä­tzen hinzu). Unter Korkut zeigte Ginczek am Sonntag, wie wertvoll er als zweiter Teil einer Doppelspit­ze mit Mario Gomez sein kann. Nach fünf Minuten bekam er den Ball eben von diesem Gomez schön in den Lauf gelegt, fackelte nicht lang und drosch ihn mit Verve am herausstür­menden Torhüter Tobias Sippel, der derzeit den verletzten Yann Sommer ersetzt, ins kurze Eck. Fast entrückt wirkte Ginczek danach, formte mit den Händen ein Herzchen, trommelte sich aufs Herz und pflügte vor Freude die Eckfahne um. Auch nach hinten arbeitete Ginczek mit: Wie er nach 35 Minuten am eigenen Sechzehner einen Schuss von Vincenzo Grifo blockte, war sehenswert – genauso wie das Auftreten des gebürtigen Ulmers Erik Thommy. Der 23-jährige Dribbler, als 750 000-Euro-Schnäppche­n im Winter aus Augsburg gekommen, machte halblinks im neuen 4-4-2System Korkuts viel Dampf, während Kapitän Christian Gentner wie schon nach der Pause beim 1:1 in Wolfsburg rechts vor Verteidige­r Andreas Beck die Löcher stopfte.

Auch wenn Gladbach zur Halbzeit 66 (am Ende waren es 68) Prozent Ballbesitz hatte – der zumindest 30 Minuten lang exzellent pressende VfB führte vor 53 296 Zuschauern verdient und hatte durch Gentner und Gomez weitere gute Möglichkei­ten. Die Gäste litten derweil mal wieder unter ihrem großen Manko: der Chancenver­wertung. Thorgan Hazard verstolper­te einen Abpraller von VfB-Torhüter Ron-Robert Zieler frei vor dem Tor aus drei Metern (26.). Auch kurz nach der Pause – Stürmer Raffael war nun für Grifo im Spiel – wurde es nicht besser: Lars Stindl scheiterte binnen einer Minute zweimal aussichtsr­eich. Daniel Ginczek

Gladbach machte nun Druck, Trainer Dieter Hecking brachte mit Josip Drmic (63. für Lako Zakaria) einen dritten Stürmer, während der VfB extrem tief stand und rasend schnell die Bälle verlor. Auch Korkut reagierte, wechselte nach 65 Minuten Holger Badstuber für Thommy und Orel Mangala für den unsicheren Dennis Aogo ein und stellte damit auf ein 5-3-2 um, um den Sieg über die Zeit zu bringen. Allerdings schien der VfB auch danach fast um ein Gegentor zu betteln: Drmic verfehlte sträflich alleingela­ssen knapp (79.). 7:12 lautete die Schussbila­nz am Ende, 1:8 die Eckballbil­anz, aber der VfB hatte gewonnen.

Daniel Ginczek, der erstaunlic­he 12,37 Kilometer gelaufen war, war glückselig: „Die Mannschaft hat grandios gefightet. Natürlich soll man nicht auf die anderen schauen, aber wir hatten durch ihre Patzer die Chance, uns abzusetzen, und die haben wir genutzt.“Auch Gentner, mit 12,78 gelaufenen Kilometern der Fleißigste, sah sich belohnt: „Das war heute ein Kampf über 90 Minuten, wir haben vor Weihnachte­n schon bessere Spiele gezeigt und nichts geholt. Aber der Sieg war nicht unverdient, am Ende ging es nur noch darum, zu verteidige­n, das Ergebnis über die Zeit zu bringen. Wir haben bewiesen, dass wir das Ziel Klassenerh­alt schaffen können.“

Und Manager Michael Reschke? Der lobte seinen vor zwölf Tagen zu Amtsbeginn noch extrem ungelitten­en – aber am Sonntag fair ohne Pfiffe empfangene­n – Trainer: „Mit der Hereinnahm­e von Daniel Ginczek, der schon am Punktgewin­n in Wolfsburg großen Anteil hatte, und der Umstellung auf die Fünferkett­e hatte Tayfun Korkut maßgeblich­en Anteil an diesem Sieg. Er ist ruhig, aufgeräumt, klar strukturie­rt. Wir haben heute unser Ding gemacht, der VfB ist der Gewinner des Spieltags.“Auch Korkut war erleichter­t: „Wir haben den Punkt aus Wolfsburg heute mit viel Leidenscha­ft, Kampf und Disziplin vergoldet.“

„Natürlich soll man nicht auf die anderen schauen, aber wir hatten durch ihre Patzer die Chance, uns abzusetzen, und die haben wir genutzt.“

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FOTO: IMAGO Daniel Ginczek sei Dank – Stümer sorgt für gelungenes Heim-Debüt von Trainer Tyfun Korkut.

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