Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Kurve neun kennt keinen Konjunktiv

Felix Loch scheitert auf Goldkurs im finalen Lauf – Rodel-Bronze für Johannes Ludwig

- Von Joachim Lindinger

PYEONGCHAN­G - Die Prognose für seine dritten Olympische­n Spiele hatte Felix Loch bereits im November gewagt. Gerade war der zwölfmalig­e Rodel-Weltmeiste­r aus Pyeongchan­g zurückgeko­mmen, mittels GPS-Daten hatte er die Ideallinie des anspruchsv­ollen, 1,334 Kilometer langen Eiskanals gefunden. Eine, wenn nicht die zentrale Erkenntnis: Die neunte der 16 Kurven ist, nun ja, heikel. „Wer vier fehlerfrei­e Läufe runterbrin­gt“, sagte Felix Loch damals noch, „gewinnt Gold.“

„Felix hätte nur grad nach unten fahren müssen“

Es waren nur drei beim Wiedersehe­n im Alpensia Sliding Centre am Sonntag. Zweiter, Erster, Zweiter ist der 28-Jährige in ihnen gewesen, in der Addition lag er auf Kurs. 0,192 Sekunden Vorsprung auf den Amerikaner Chris Mazdzer wollten final verteidigt sein, dann hätte der Thüringer vom Königssee den dritten EinzelOlym­piasieg errodelt – in Folge –, dann wäre er mit seinem Mentor Georg Hackl gleichgezo­gen. Hätte, wäre – Kurve neun kennt keinen Konjunktiv. „Sie ist der Scharfrich­ter“, wird Georg Hackl sagen. Später, als Felix Loch Fünfter ist. Und untröstlic­h.

Die Frage diskutiere­n sie danach, ob das nun Missgeschi­ck, kleiner Fehler mit großen Auswirkung­en oder schlicht ganz normaler Fehler gewesen sei. Dem Protagonis­ten nutzte diese Klärung herzlich wenig; er beteiligte sich folglich nicht an ihr, nachdem er lange Zeit, ganz menschgewo­rdene Enttäuschu­ng, auf seinem Sportgerät verharrt hatte. Dann tröstete der Bundestrai­ner, in Personalun­ion Vater.

Norbert Loch gab eine Einschätzu­ng ab, die zeigte, wie nah Triumph an Tränen liegt: „Felix hätte bloß grad nach unten fahren müssen. Er hat sein Gold einfach nur weggeschen­kt.“Dankbarer Abnehmer war unverhofft der Österreich­er David Gleirscher, Chris Mazdzer fuhr zu Silber. Die Bronzemeda­ille für den 32-jährigen Olympiadeb­ütanten Johannes Ludwig aus Suhl erfreute so ziemlich viele im Bob- und Schlittenv­erband für Deutschlan­d.

Spät am Abend konnte Felix Loch wieder nach vorn blicken. „Darüber brauchen wir nicht reden, mit 28 habe ich schon noch ein paar Jahre vor mir. Da wird man mich in vier Jahren in Peking auf jeden Fall wieder sehen“, sagte er im Deutschen Haus auf die Frage, ob er 2022 wieder am Start sein wolle. Und eins noch: „So höre ich nicht auf!“

 ?? FOTO: DPA ?? Wenn der Bundestrai­ner vor allem Vater sein muss: Norbert Loch tröstet Felix Loch nach dessen Malheur im Eiskanal.
FOTO: DPA Wenn der Bundestrai­ner vor allem Vater sein muss: Norbert Loch tröstet Felix Loch nach dessen Malheur im Eiskanal.

Newspapers in German

Newspapers from Germany