Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Die deutsche Koreanerin – wie aus Aileen Frisch Lim Il Wi wurde
Als Deutsche erklärte Aileen Frisch vor drei Jahren eine vielversprechende Rodelkarriere für beendet. Als Südkoreanerin lief sie am vergangenen Freitag ins Olympiastadion von Pyeongchang ein, nahm inmitten ihrer neuen Landsleute an der Eröffnungsfeier teil. Ein komisches Gefühl? „Nö“, sagt Frisch: „Emotional, überwältigend, sehr schön. Aber nicht komisch.“
Für ihren großen Traum von einer Olympia-Teilnahme hat die 25Jährige die Nationalität gewechselt. „Am Ende ist es aber doch nur eine Staatsbürgerschaft, etwas, das auf einem Papier steht“, sagt sie dennoch, „das macht mich als Person ja nicht aus.“
Im Zuge der Einbürgerung im Schnellverfahren bekam sie dann auch einen neuen Namen verpasst, eine Art Rufnamen nur, der weder auf dem Pass noch in den Startlisten auftaucht. Lim Il Wi wurde sie genannt. „Ich wusste nicht, was das bedeutet. Erst nach ein paar Monaten haben es mir ein paar Journalisten erklärt: ,Il Wi’, das heißt so viel wie: ,Gewinnt den ersten Preis.’“. „Ich gehe mal davon aus, dass das Ganze nicht so richtig ernst gemeint war“, sagt Frisch. Sie selbst peilt eine Top-10-Platzierung an, nach den ersten zwei Durchgängen war sie Siebte.
Ihre Vita liest sich auch sehr gut. Junioren-Weltmeisterin 2012 war sie. Doch irgendwann ging es nicht mehr bergauf, im Gegenteil. „Ich hatte keinen Spaß mehr, ich wurde nicht besser, eher schlechter.“Daher der Schlussstrich. Frisch hatte mit dem Sport abgeschlossen, arbeitete im Karriere-Beratungsbüro der Bundeswehr in Chemnitz, als das erste Angebot aus Fernost hereinflatterte.
Der erste Gedanke? „Wie soll das denn bitte gehen? Ich sehe nicht aus wie eine Koreanerin, ich spreche die Sprache nicht.“Der einzige Bezug: „Ich hatte mich schon vorher für koreanische Popmusik interessiert.“
Doch das reichte nicht. Sie lehnte ab. Irgendwann allerdings wurde „die Sehnsucht nach dem Schlitten“wieder größer. „Ich habe das Rodeln wieder vermisst. Einfach nur den Sport.“Das zweite Angebot fiel daher auf fruchtbaren Boden. Einen Wissenstest auf koreanisch, das Singen der Nationalhymne und viel Papierkram später war sie dann Südkoreanerin. (SID)