Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Risse in Häusern befürchtet
RP lässt Seegrund erst jetzt genauer untersuchen, um Schäden auf benachbarten Grundstücken auszuschließen
Uferrenaturierung in Kressbronn: Wichtige Untersuchungen kommen erst jetzt.
KRESSBRONN - Neuer Höhepunkt im Drama um die Uferrenaturierung: Offenbar könnte die geplante Aufschüttung im westlichen Teil dazu führen, dass benachbarte Häuser Risse abbekommen. Wie das Regierungspräsidium (RP) mitteilt, soll deshalb die Beschaffenheit des Seegrunds genau unter die Lupe genommen werden. Warum diese wichtige Untersuchung erst jetzt auf dem Terminplan steht, dazu schreibt das RP: Eine Baugrundbeprobung sei erst nötig geworden, nachdem festgestanden hätte, dass die Renaturierung in der Form umgesetzt werde.
Das Vorhaben werde seit mehr als 15 Jahren beklagt, und bei vergleichbaren, bisherigen Renaturierungen habe es keine größeren Schwierigkeiten gegeben. „Aus diesen Gründen standen Nutzen und Kosten von Vorab-Baugrunduntersuchungen in keiner vernünftigen Relation“, lautet das Fazit lapidar.
Warum das Thema aktuell auf den Tisch kommt, erklärt das Regierungspräsidium Tübingen auf seiner Internetseite (www.rp.baden-wuerttemberg.de, Stichworte: Abteilung 5, Referat 53.2, Projekte): Es sei wichtig, dass durch „die vorgesehene Anschüttung keine Gefahr von Gebäudeschäden bei den Anliegern entsteht“. Der ernste Hintergrund: Sogenannte Baugrundbeprobungen prognostizieren demnach, dass sich der Seegrund setzen wird, was sich auf Anliegergrundstücke auswirken kann. Das heißt: Die 25 000 Tonnen Bodenmaterial, darunter Kies und Steine, die angeschüttet werden sollen, drücken auf den Seegrund, der anscheinend weicher ist als angenommen und den Druck möglicherweise weitergibt.
Anwohner schlägt Alarm
„Wenn es sich um einen normalen, festen Grund handeln würde, wäre die Anschüttung unproblematisch“, berichtet RP-Pressesprecher Dirk Abel auf Nachfrage. Wie sich die Belastung konkret auf die Anlieger beziehungsweise ihre Grundstücke und Häuser auswirken könnte, darüber will er nicht spekulieren. Nur so viel: Die Gefahr, dass sich der Grund über den Seegrund hinaus setze, sei nicht auszuschließen.
Deutlicher wird ein Anwohner, der berichtet, in dem bisherigen Gutachten, das ihm vorliege, sei davon die Rede, dass die Aufschüttung in einem Anliegerhaus Risse zur Folge habe und Gebäudeteile abgerissen würden. Untersucht worden sei ein bestimmtes Grundstück. Dazu passt, dass laut RP weitere Baugrunderkundungen – „insbesondere auch auf Anliegergrundstücken“– erfolgen sollen, bevor entschieden wird, ob und welche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Diese Aufgabe soll ein Zweitgutachter übernehmen. „Wir brauchen mehr Daten“, betont Dirk Abel.
Das Problem: Dem RP zufolge weigern sich die meisten Anwohner, ihre Grundstücke betreten und Untersuchungen vornehmen zu lassen. Besagter Anwohner kündigt an, gemeinsam mit Nachbarn ein zweites Gutachten, das eventuell zu einem harmloseren Ergebnis komme, nicht zu akzeptieren.
Baumaterial wird wieder abgeholt
Unabhängig davon, haben der hohe Wasserstand und laufende Gerichtsverfahren, in denen die Aussetzung der Renaturierung gefordert wird, einen Baubeginn im westlichen Teil des Ufers in diesem Winter ohnehin verhindert. Baustart soll in der nächsten Niedrigwasserperiode im Winter 2018/19 sein. Die Folge: Das Material, das längst auf dem Kressbronner Strandbadparkplatz lagert, wird zum Großteil wieder abgeholt.
Dagegen ist geplant, im östlichen Bereich vom Landungssteg bis zur bayerischen Landesgrenze, in dem es keine größere Anschüttung gibt und vor allem Querbauten, Stege und die Mauer im Seegarten entfernt werden, mit der Umsetzung zu beginnen – sobald das Verwaltungsgericht die Bauarbeiten freigibt. Noch im Februar sei ein Austausch mit der Genehmigungsbehörde, dem Institut für Seenforschung in Langenargen und dem Planungsbüro, angesetzt. RPSprecher Dirk Abel: „Das Projekt ist planfestgestellt und steht als solches. Um es voranzubringen, brauchen wir allerdings einen langen Atem.“