Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Filmtage feiern runden Geburtstag
Zum zehnten Mal werden im Kiesel Dokumentarfilme und Kurzfilme gezeigt
FRIEDRICHSHAFEN - „Wir feiern zehn Jahre Filmtage“, sagt Bürgermeister Andreas Köster. „Das Festival ist zu einem festen Bestandteil unserer Kulturszene geworden.“Aber nicht nur zur Feier des runden Geburtstags werden die Filmtage im Kiesel einen Tag länger dauern als sonst, nämlich vom 1. bis 5. März – sondern weil so viele erstklassige Dokumentationen eingeschickt wurden wie noch nie. „Die besten acht davon passten einfach nicht in vier Tage“, sagt Claudia Engemann vom Kulturbüro.
Besonderes zum Zehnjährigen
Zur Feier des Zehnjährigen haben die Filmtage viele Extras zu bieten. So hält die Festrede zur Eröffnung Urs Spörri, ein ausgewiesener Spezialist des deutschsprachigen Films. Als Gutachter der Deutschen Film- und Medienbewertung entscheidet er mit über die Vergabe des Prädikats „Besonders wertvoll“. In der „Filmecke“im Foyer laufen die beliebtesten Kurzfilme der vergangenen Festivaljahre und für 5 Euro gibt es einen kleinen „Spielzeug-Klick-Fernseher“mit Motiven früherer Filme des Festivals. Zudem findet ein Abschlusskonzert mit dem siebenköpfigen „Ensemble ascolta“statt. Die Musiker werden unter anderem den Filmklassiker „Ein andalusischer Hund“neu vertonen.
Acht Dokus im Programm
Der herausragendste unter den Dokumentarfilmen ist „Dil Leyla“. Das Porträt einer Kurdin, deren Vater als Widerstandskämpfer von der türkischen Polizei erschossen wurde. Leyla Imret wuchs danach bei ihrer Tante in Deutschland auf – und kehrte mit Mitte 20 in ihre kurdische Heimatstadt zurück. 2014 wurde sie dort jüngste Bürgermeisterin der Türkei; und noch vor dem Putsch gegen Erdogan repressiv ihres Amts enthoben. Leyla Imret wird persönlich im Kiesel mit dem Publikum sprechen, wie auch andere Darsteller, Regisseure oder Produzenten der gezeigten Filme.
Die Themenpalette der Dokumentarfilme ist denkbar breit. „Alles gut“beleuchtet die Situation von Flüchtlingen in Deutschland aus der Sicht der Kinder. „Zwischen den Stühlen“begleitet drei Referendare bei ihren ersten Schritten durch den Schulalltag. Der Film „Es ist nie zu spät“erlebt im Kiesel seine Deutschlandpremiere: Ein Porträt über Menschen, die sich jenseits der Pensionierung dem Extremsport verschreiben. Einer von ihnen, Peter Roseney, kommt persönlich in den Kiesel. „Francos Erbe“erzählt von den etwa 300 000 Babys, die im Spanien der Franco-Diktatur und auch in den Jahren danach ihren Eltern entrissen und an Adoptiveltern verkauft wurden. Der Streifen „# Single“schließlich begleitet Alleinstehende humorvoll und kritisch bei ihrer Partnersuche im Internet.
15 Kurzfilme im Wettbewerb
In drei Programmzustellungen konkurrieren insgesamt 15 Kurzfilme um den mit 1500 Euro dotierten Jurypreis sowie um den mit 500 Euro prämierten Publikumspreis. Jedes dieser „Kurz und gut“-Programme enthält fünf Filme und dauert etwa eine Stunde. Louisa Deinhart betreut diesen Teil der Filmtage. Sie empfiehlt Interessierten den Vorverkauf, denn der Andrang wird erfahrungsgemäß groß sein. Die Macher zahlreicher Kurzfilme werden anwesend sein und mit dem Publikum ins Gespräch kommen. Schon eine auszugsweise Vorstellung zeigt, wie groß die Bandbreite ist: Im Animationsfilm „Am Boden der Tatsachen“erfährt eine Hummel, dass sie rein rechnerisch nicht fliegen kann. „Pix“reduziert ein ganzes Leben auf seine fotogenen Momente. Und in „Mathias“wird ein Jobanfänger begleitet, der sich auch in einer neuen Identität einleben muss; denn früher war er eine Frau.
Filme für die Kleinsten
Schließlich gibt es die beiden Kurzfilmrollen „Film ab!“. Sie richten sich an Kinder ab vier und ab sieben Jahre. Louisa Deinhart freut sich besonders auf den Film „Mücke Pieks“über ein frierendes kleines Wesen, das dringend einen Mantel braucht und auf die Geschichte von der „Prinzessin auf der Erbse“. Ihr leiht nämlich der Comedy-Märchenonkel Torsten Sträter seine Stimme.