Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Taucher bergen herrenlose­s Netz

Aktion im Bodensee dauert 90 Minuten – Verloren gegangene Netze sind Gefahr für Tiere und Menschen

- Von Barbara Baur Ein Video im Internet zeigt die Bergungsak­tion der Taucher: www.schwäbisch­e.de/ taucher-fischen-netz

Verloren gegangene Fischernet­ze sind eine Gefahr für Tiere und Menschen.

MEERSBURG - Das Tauchteam Bodensee und die Trimix Diver aus Reutlingen haben bei Meersburg ein herrenlose­s Fischernet­z aus dem Bodensee gezogen. Es hatte sich auf Höhe des Hotels Wilder Mann am Hang unter Wasser verfangen. Dort steigen vor allem im Winter Taucher ins Wasser. Das Netz hing teilweise am steil abfallende­n Ufer und am Grund. „Es hat sich über eine Tiefe von 30 bis 40 Metern gezogen“, berichtet Maren Moldon aus Herberting­en. Sie gehört zum Tauchteam Bodensee, einer freien Gruppe von Tauchern, die gemeinsam ihrem Hobby nachgeht und auch Kurse gibt.

Unter Wasser haben die Taucher Lampen dabei. Sie entdeckten das Netz gleich nachdem sie beim Wilden Mann ins Wasser stiegen. „Wir sind darüber getaucht und haben es direkt gesehen“, sagt sie. Das Netz habe sich in der Strömung bewegt, außerdem seien zahlreiche tote Fische darin gehangen. Als die Taucher es zum ersten Mal entdeckten, hatten sie allerdings nicht das richtige Werkzeug dabei, um es zu bergen. Also verabredet­en sie sich, um das Netz aus dem Wasser zu holen. Zu fünft machten sie sich dann ans Werk. Bevor das Team ins Wasser stieg, plante es den Einsatz gründlich, besprach alle Einzelheit­en und verteilte die Aufgaben.

„Wir haben uns dafür entschiede­n, zwei Sicherheit­staucher mitzunehme­n“, sagt Maren Moldon. Sie packten bei der Bergung nicht direkt mit an, sondern versuchten von oben und von der Seite den Überblick über die Situation zu behalten. „Sie schreiten nur ein, wenn Hilfe gebraucht wird“, sagt sie. „Das ist wichtig, weil sich ein Taucher auch im Netz verheddern könnte.“Ein dritter Taucher leuchtet den Einsatzort mit einem Strahler aus, zwei entfernten das Netz und Maren Moldon dokumentie­rte die Aktion unter Wasser mit Fotos und Videos.

Im Netz hängen tote Fische

„Das Netz hing teilweise im Schlamm und musste erst herausgezo­gen werden werden“, sagt sie. Die Taucher steckten das, was von ihm übrig war, in einen sogenannte­n Hebesack, eine Art Boje, die sich unter Wasser aufblasen kann und dann an die Oberfläche schwebt. „Sonst wäre es zu schwer gewesen“, sagt die Taucherin. Alle Fische, die in dem etwa zehn Meter langen Netz hingen, waren bereits tot. „Zum Teil war die Verwesung schon sehr weit fortgeschr­itten“, sagt sie. Die Taucher schnitten Fische aus den Maschen und ließen sie im See zurück. Die gesamte Aktion dauerte 90 Minuten. Maren Moldon freut sich, dass das Netz jetzt entsorgt werden kann. „Es hat noch immer gefischt und war auch für Taucher eine Gefahr“, sagt sie. Bis das Netz aus Nylon verrottet wäre, hätte es einige Jahre gedauert.

Nachdem das Tauchteam Bodensee das Netz an die Oberfläche befördert hatte, informiert­e es die Polizei und die Fischereia­ufsicht. Denn die Netze von Berufsfisc­hern sind mit einer Plombe versehen und registrier­t. So kann der Besitzer ausfindig gemacht werden, sollte ein herrenlose­s Netz gefunden werden. Besonders häufig kommt das aber nicht vor. Normalerwe­ise sind es Taucher, die verloren gegangene Netze finden. „Meistens befestigen sie eine Boje daran, damit man es wieder findet“, sagt Dirk Abel, Pressespre­cher des Regierungs­präsidiums Tübingen, das auch für die Fischereia­ufsicht zuständig ist. „Unsere Erfahrung ist, dass solche Netze eher in den tieferen Gewässerzo­nen gefunden werden.“

Für Fischer ein ärgerliche­r Verlust

Für Fischer ist der Verlust eines Netzes sehr ärgerlich, berichtet Elke Dilger. Die Meersburge­rin ist Vorsitzend­e des Verbands Badischer Berufsfisc­her und war selbst als aktive Fischerin 26 Jahre auf dem Bodensee unterwegs. Sie hat in all den Berufsjahr­en noch nie ein Netz verloren, weiß aber, dass es für Fischer ein finanziell­er Schaden ist. „Ein Netz kostet zwischen 600 und 800 Euro“, sagt sie. Deswegen sei es ein finanziell­er Verlust. Ein weiteres Problem sei, dass die Netze weiter fischen, wenn sie im See umhertreib­en. Hinzu komme die Arbeitszei­t

Deshalb suchen Fischer selbst nach verloren gegangenen Netzen. „Wir Fischer kennen den See wie unsere Hosentasch­e. Wir haben unsere Plätze, wo wir Netze auslegen und wissen, wie die Strömungen sind“, sagt Elke Dilger. Verschwind­e ein Netz, fahre der Fischer mit herunterge­lassenem Anker durchs Wasser, in der Hoffnung es so zu angeln. Findet der Fischer es nicht innerhalb von etwa zwei Wochen, muss es entsorgt werden. Deshalb versteht Elke Dilger nicht, dass manche Menschen die Bojen abschneide­n, mit denen die Fischer die Kanten ihrer Netze markieren. „Im Sommer kommt das immer wieder vor“, sagt sie.

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FOTO: TAUCHTEAM BODENSEE
 ?? FOTOS: TAUCHTEAM BODENSEE ?? Zwei Taucher entfernen das verloren gegangene Fischernet­z.
FOTOS: TAUCHTEAM BODENSEE Zwei Taucher entfernen das verloren gegangene Fischernet­z.
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An der Bergung sind fünf Taucher beteiligt.
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Mit einem Hebesack wird das Netz in zwei Teilen nach oben befördert.

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