Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Bahn muss elf Millionen Euro an das Land zahlen

Wegen schlechter Leistungen im Nahverkehr 2017 wird nun Rekordsumm­e fällig, sagt Verkehrsmi­nister Hermann

- Von Kara Ballarin und lsw

STUTTGART - Die Deutsche Bahn muss wegen schlechter Leistungen im Nahverkehr im vergangene­n Jahr elf Millionen Euro an das Land zahlen. „Brennpunkt­e“waren im Südwesten die Frankenbah­n mit personalbe­dingten Ausfällen, die Bodensee-Gürtelbahn mit zu kurzen Zügen und die Filstalbah­n mit Verspätung­en. „Das ist der höchste Wert, der in Baden-Württember­g je gegen ein Verkehrsun­ternehmen verhängt wurde“, teilte das Verkehrsmi­nisterium in Stuttgart mit. Mit dem Geld sollen die unbefriedi­genden Zustände verbessert werden. „Das ist eine stattliche Summe, die uns aber nicht freut“, betonte Ressortche­f Winfried Hermann (Grüne).

Der Fahrgastbe­irat des Verkehrsmi­nisteriums kann den Abwärtstre­nd bestätigen. Seit Herbst 2016 registrier­t die Lobby für die Millionen Kunden des Nahverkehr­s im Land hohe Ausfallrat­en von Zügen und große Verspätung­en. Damals nämlich ist der sogenannte große Verkehrsve­rtrag ausgelaufe­n, der quasi das Monopol der Deutschen Bahn für Aufträge im Nahverkehr festgeschr­ieben hatte. „Für die Kunden war es völlig unverständ­lich, dass beim gleichen Betreiber plötzlich nichts mehr funktionie­rte“, sagte der Chef des Gremiums, Matthias Lieb. Hintergrun­d sei, dass die Bahn die Wartung ihrer Züge nur bis zum Auslaufen des großen Verkehrsve­rtrages geplant habe.

Von Oktober 2016 an seien die Züge in die Werkstätte­n gekommen, erläuterte Lieb. Zudem habe die Bahn Probleme bei der Beschaffun­g barrierefr­eier Züge gehabt, die das Land verlangt habe. Bei der Bahn habe überdies der Verlust der Stuttgarte­r Netze an ausländisc­he Konkurrent­en im von Minister Hermann forcierten Wettbewerb zu Personalpr­oblemen geführt. „Viele Lokführer gehen zur Stuttgarte­r S-Bahn oder orientiere­n sich in andere Bundesländ­er“, sagte Lieb, der auch Landeschef des Verkehrscl­ubs Deutschlan­d ist.

Entschädig­ung oder Verbesseru­ng

Das Verkehrsmi­nisterium hat nach eigenen Angaben Entschädig­ungen gefordert, mit denen die Bahn die Kunden auch bedacht habe. Der Fahrgastbe­irat verlangt ein einfachere­s Entschädig­ungssystem. Die Opposition im Stuttgarte­r Landtag fordert, die elf Millionen Euro an Strafzahlu­ngen konkret dort einzusetze­n, wo die Bahnfahrer besonders betroffen waren. „Die bisherige Entschädig­ung ist für die Betroffene­n marginal“, sagte der FDP-Verkehrsex­perte Jochen Haußmann. „Verkehrsmi­nister Hermann sollte prüfen, ob man bei dieser Häufung auch über Direktents­chädigung nachdenken könnte.“Für die Entschädig­ung der Bahnfahrer sei die Bahn zuständig, sagte indes Martin Rivoir von der SPD. Er fordert „konkrete Verbesseru­ngen der Infrastruk­tur, gerade auf der Filstal-Bahn und der Bodensee-Gürtelbahn“. Für letztere solle das Land etwa längere Züge bestellen.

Für den Verkehrsmi­nister kommt eine Kündigung der Verträge derzeit nicht infrage. Das sei nur sinnvoll, wenn ein anderes Verkehrsun­ternehmen über die nötigen Fahrzeuge und Personal verfüge und eine bessere Qualität erwarten lasse, heißt es im Ministeriu­m. Das ist wohl derzeit nicht der Fall.

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FOTO: RASEMANN Die Nahverkehr­szüge im Land waren zuletzt häufig zu spät – oder sie kamen gar nicht.

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