Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Missbrauch und kein Ende
Hinter dem Altar (Arte, Di., 20.15 Uhr) –
Eines vorneweg:
Die Verschwiegenheit von Amtsträgern der katholischen Kirche hat durchaus ihre Berechtigung. Zum Beispiel zum Schutz Verfolgter in totalitären Staaten, deren es genügend gibt. Dass diese oftmals sinnvolle Verpflichtung aber auch ein großes Hindernis bei der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle bedeutet, belegt der britische Historiker John Dickie durch seine ausführlichen Recherchen rund um den Globus. So können Täter, die von ihren Bischöfen nicht der weltlichen Justiz gemeldet werden müssen, durch Versetzung in Amt und Würden bleiben – und damit auch weiter die ihnen anvertrauten Kinder sexuell belästigen und missbrauchen. So wie der Priester Nicola Corradi, der Italien wegen Übergriffen in einer Einrichtung für gehörlose Kinder verlassen musste und nach Argentinien geschickt wurde, wo er sich ebenfalls an Internatskindern verging. Dieses Beispiel allein ist entsetzlich und verstörend, allerdings kein Einzelfall.
Es war Benedikt XVI., der als erster Papst keine Nachsicht mit pädophilen Priestern zeigte und sie aus dem kirchlichen Dienst entfernen ließ. Auch Papst Franziskus versprach bei seinem Amtsantritt, diesen Kurs fortzusetzen, doch der Historiker sieht keine wirklichen Erfolge und belegt dies durch Interviews mit Betroffenen, Würdenträgern und Ermittlern.