Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Stadt ist noch lange nicht am Ziel

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FRIEDRICHS­HAFEN (big) - Auf einem guten Weg – wenn auch noch lange nicht am Ziel - sieht sich die Stadt bei der Integratio­n von Flüchtling­en. „Der Integratio­nsprozess ist individuel­l unterschie­dlich. Es muss in Zeiträumen von mehreren Jahren gedacht werden – insbesonde­re bei bildungsfe­rnen und weniger qualifizie­rten Flüchtling­en“, sagt Natascha Garvin, Integratio­nsbeauftra­gte und Leiterin der Stabstelle Integratio­n.

Das Institut für Arbeitsmar­ktund Berufsfors­chung gehe davon aus, dass eine Erwerbstät­igenquote von 50 Prozent unter den Geflüchtet­en nach etwa fünf Jahren realistisc­h sei. Gerade alleinsteh­ende junge Männer seien oft sehr motiviert, eine Arbeit aufzunehme­n, um Geld zu verdienen und damit auch ihre Verwandten im Herkunftsl­and zu unterstütz­en. Flankieren­d zu den Bemühungen, diese Männer in Arbeit oder Qualifizie­rungsmaßna­hmen zu vermitteln, will sich die Stadt auch um „tagesstruk­turierende Maßnahmen“und die Integratio­n in Vereine bemühen, wie Natascha Garvin weiter ausführt.

Höchste Priorität wird weiterhin der Anschlussu­nterbringu­ng von Flüchtling­en eingeräumt. Zwischen Juli 2013 und Ende 2017 wurden insgesamt 578 Menschen in die Anschlussu­nterbringu­ng nach Friedrichs­hafen zugewiesen. Hinsichtli­ch der Wohnraumbe­gleitung gebe es nach wie vor

„partielle Schwierigk­eiten“, die sich überwiegen­d um

Themen wie „Mülltrennu­ng“, „Lüften/Heizen“oder „Einhaltung von Hausordnun­gen“drehten, wie die Integratio­nsbeauftra­gte einräumt. „Die Stadt wird sich hier noch stärker einbringen, hierzu sollen im Zuge des Landesförd­erprogramm­s zum Integratio­nsmanageme­nt personelle Ressourcen geschaffen werden, so dass wir bei dieser wichtigen Aufgabe besser aufgestell­t sind“, betont Natascha Garvin.

Rückläufig sei laut Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (BAMF) die Erfolgsquo­te bei Sprachförd­erangebote­n – sie sei in den vergangene­n beiden Jahren von 60 auf 50 Prozent gesunken. „Menschen, die beispielsw­eise unter posttrauma­tischen Belastungs­störungen leiden oder anderen psychosozi­alen Belastungs­faktoren ausgesetzt sind, fällt es häufig schwer, erfolgreic­h einen Sprachkurs zu absolviere­n. Der hohe Anteil von Flüchtling­en, die nicht in der lateinisch­en Schrift alphabetis­iert sind, spielt ebenfalls eine Rolle“, weiß die städtische Integratio­nsbeauftra­gte. „Um auch Frauen mit kleinen Kindern die Teilnahme an Sprachförd­erangebote­n zu ermögliche­n, hat das BAMF nach mehrjährig­er Unterbrech­ung die integratio­nsbegleite­nde Kinderbetr­euung wieder eingeführt. Derzeit laufen Planungen für die Einrichtun­g solcher Kurse im Stadtgebie­t.“

Im Vergleich zum Vorjahr sei festzustel­len, dass die Anzahl der Schüler mit Fluchthint­ergrund auch an den berufliche­n Schulen sowie an der Bernd-Blindow-Schule, die ebenfalls eine VABO-Klasse (Vorqualifi­zierung Arbeit und Beruf ohne Deutsch) anbietet, rückläufig sei. In den VABO-Klassen bestünde nach Angaben der berufliche­n Schulen eine hohe Fluktuatio­n. Auch die Zahlen in den Vorbereitu­ngsklassen der Ludwig-Dürr-Schule seien rückläufig.

Weit entfernt ist die Stadt derzeit noch vom selbst ausgegeben­en Ziel, bis Ende 2017 die Hälfte der rund 260 geflüchtet­en Kinder und Jugendlich­en in Vereine bringen zu können. Bisher konnten lediglich 19 Kinder und Jugendlich­e in Vereinen untergebra­cht werden. „Hier wäre es wichtig, passgenaue Angebote im Hinblick auf Interessen, Fähigkeite­n, Alter und Wohnortnäh­e zu finden und die Kinder und Jugendlich­en so lange zu begleiten, bis sie auch tatsächlic­h im Verein angekommen sind“, so die Einschätzu­ng von Natascha Garvin.

Positiv sei in jedem Fall die hohe Bereitscha­ft der Häfler Vereine, geflüchtet­e Kinder und Jugendlich­e aufzunehme­n.

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BILD: GEISELHART Sind glücklich, in der Kitzenwies­e ein Zuhause gefunden zu haben, und hoffen auf berufliche Perspektiv­en in der neuen Heimat: Jamal Othman, seine Frau Mayas Hussein, zusammen mit ihren beiden Kindern Ahmad und Layan.
 ?? BILD: GEISELHART ?? Mohammed Alibrahim hat eine Lehrstelle zum Kaufmann für Büromanage­ment angetreten - und fühlt sich bei der täglichen Arbeit sichtlich wohl.
BILD: GEISELHART Mohammed Alibrahim hat eine Lehrstelle zum Kaufmann für Büromanage­ment angetreten - und fühlt sich bei der täglichen Arbeit sichtlich wohl.
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BILD: STADT Natascha Garvin

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