Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Der frühe Vogel fängt den Wurm
Der Syrer Fakhr Aldin Mamkalo wird Bäcker – Auch die anderen Familienmitglieder haben sich viel vorgenommen
FRIEDRICHSHAFEN - „Brezeln oder Laugenknoten forme ich am liebsten“, erzählt Fakhr Aldin Mamkalo gut gelaunt. Morgens sehr früh aus den Federn zu müssen, daran hat er sich längst gewöhnt. Bäcker zu werden, das hätte er sich früher wohl nicht vorstellen können. Aber er ist glücklich, dass er vor zwei Jahren die Chance bekam, beim Häfler Bäckermeister Hannes Weber eine Lehrstelle anzutreten.
Drei Tage in der Backstube, zwei Tage in die Berufsschule – das ist sein wöchentlicher Rhythmus. „Ich bin sogar Klassenbester und habe jede Menge Spaß am Lernen“, sagt der Syrer mit berechtigtem Stolz. „Fakt ist leider, dass von ursprünglich 300 in unserem Kreis angefragten Flüchtlingen nur noch drei übrig sind“, hatte Weber in Bezug auf das mit großen Vorschusslorbeeren angetretene Projekt der Bäckerinnungen des Bodenseekreises und des Landkreises Ravensburg schon im vergangenen Jahr eine ernüchternde Bilanz gezogen.
Vor Jahresfrist sind Mamkalos Frau Jahan Agid, die 20-, 18- und 16jährigen Töchter Nevin, Rojin und Khaleda sowie der elfjährige Sohn Mohamad nachgezogen. Dank der Hilfe seines Chefs konnte die Familie in der Häfler Nordstadt in eine größere Wohnung umziehen.
Schmökern ohne Ende
„Ich bin schon ein bisschen älter und muss leider feststellen, dass meine Töchter schon viel besser Deutsch sprechen als ich“, sagt das 43-jährige Familienoberhaupt.
„Es gibt hier viele Möglichkeiten, seine Sprachkenntnisse zu verbessern“, wie Tochter Rojin mittlerweile schon längst weiß. „Auf meinen Wunsch hin wurde mir von der Lehrerin meiner Vorbereitungsklasse ein Praktikum in der Bodenseebibliothek und im Medienhaus am See vermittelt. Darauf freue ich mich schon sehr“, kommt sie ins Plaudern und verweist darauf, dass sie auch schon einen Büchereiausweis besitze. „Ich kann so viele Bücher ausleihen wie ich will und bringe sie nach dem Lesen einfach wieder zurück. Das ist wirklich klasse“, sagt sie. „Sportvereine? Gibt es das wirklich in Friedrichshafen? Nie davon gehört.“Bei diesem Thema bekommen nicht nur die Jugendlichen große Augen. „Mir würde Basketball gefallen“, sagt Rojin, während der kleine Bruder Mohamad „natürlich“vom Fußballspielen schwärmt.
Die 20-jährige Nevin will ihren Schulabschluss nachholen, könnte sich danach eine Lehre als Augenoptikerin vorstellen. Rojin möchte nach der Vorbereitungsklasse gerne auf die Realschule. „Dann lerne ich auch endlich deutsche Freunde kennen“, blickt sie voraus und träumt davon, später Informatikerin zu werden. Mutter Jahan Agid hat in ihrer Heimat nicht gearbeitet. „Bei vier Kindern war das auch nicht möglich“, sagt sie. „Ein Job als Näherin könnte mir aber gut gefallen.“Dass es zunächst aber heißt, weiter fleißig die Sprache zu lernen, diese Meinung wird von allen Familienmitgliedern geteilt.