Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Kastanien durften nicht gefällt werden

Grundstück­seigner legt Einspruch gegen Bußgeld ein – und zieht ihn dann wieder zurück

- Von Helen Belz

FRIEDRICHS­HAFEN - Der Gerichtspr­ozess um acht gefällte Kastanien in Ailingen ist am Freitag zu einem jähen Ende gekommen. Ein Grundstück­seigner sollte 15 000 Euro Strafe zahlen, weil er die Bäume auf seinem Grundstück im Jahr 2015 illegal gefällt haben soll. Dagegen legte er Einspruch ein, den er am Freitag allerdings wieder zurückzog – aus Angst vor einer noch höheren Strafe.

Bis zuletzt bestand der angeklagte Grundstück­seigner darauf, die Bäume nicht widerrecht­lich gefällt zu haben. „Nachdem ich ein Gutachten beim Landratsam­t eingereich­t hatte, dachte ich, der Fall wäre damit erledigt“, gab er am Freitag vor dem Amtsgerich­t Tettnang an. Mit der dortigen Hautpverha­ndlung gegen den Mann hatte der nunmehr rund zwei Jahre dauernde juristisch­e Streit um die umstritten­e Fällung der alten Bäume seinen Höhepunkt erreicht. 2015 waren die Bäume gefällt worden, mehrfach unterbroch­en von Protest von Naturschüt­zern. Bis zuletzt war unklar, wer im Recht war: Der Grundstück­seigner oder das Landratsam­t Bodenseekr­eis. Es hatte immer behauptet, die Fällung untersagt zu haben.

Vor Gericht ging es nun um Detailfrag­en: Waren die Bäume wirklich krank? Hätten sie jederzeit einstürzen können, wie das vom Angeklagte­n damals beschaffte­s Gutachten behauptete? „Ich hatte einfach Angst, dass jemandem etwas passiert. Dann hätte ich nämlich dafür haften müssen“, sagte der Grundstück­seigner am Freitag. Deshalb habe er die Bäume schließlic­h ohne Genehmigun­g entfernt. Das Landratsam­t sah das anders. „Wir haben deutlich gemacht, dass der Grundstück­seigner die 150 Jahre alten Kastanien nicht ohne Genehmigun­g fällen durfte“, betonte Michael Bussek, der Leiter des Rechts- und Ordnungsam­ts Bodenseekr­eis vor Gericht. Gefahr wäre allenfalls von einem der Bäume ausgegange­n, hieß es später.

Richterin Heike Jakob stellte schließlic­h fest, dass der Angeklagte demnächst ein Mehrfamili­enhaus an der Stelle errichten will – ein starkes Motiv. Und dass er bei den drei Fällungen drei Mal bewusst gegen ein Verbot verstoßen habe. Für drei Taten könne man auch drei Bußgelder verhängen, gab sie dem Grundstück­seigner zu verstehen.

Der verstand, was die Richterin meinte. Angesichts einer nun drohenden, mindestens doppelt so hohen Buße wie ursprüngli­ch, zog er schließlic­h seinen Einspruch zurück. Auch wenn nun Klarheit über die Rechtsverh­ältnisse herrscht – die Kastanien von Ailingen kommen nicht wieder zurück.

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