Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Monika Taubitz ist jetzt offiziell Ehrenbürge­rin

Beim Festakt in Meersburg wird auch der Einsatz der Autorin für die deutsch-polnische Aussöhnung gewürdigt

- Von Barbara Baur

MEERSBURG - Die Schriftste­llerin Monika Taubitz ist am Donnerstag­abend offiziell zur Ehrenbürge­rin der Stadt Meersburg ernannt worden. Zum Festakt kamen zahlreiche Angehörige, Freunde und Wegbegleit­er in die Sommertalh­alle. Sowohl Bürgermeis­ter Robert Scherer, als auch Landrat Lothar Wölfle und Laudator Siegmund Kopitzki würdigten ihr literarisc­hes Werk, mit dem sie insbesonde­re die Themen Flucht und Vertreibun­g sowie die deutsch-polnische Aussöhnung in den Fokus rückt.

„Dass so viele Menschen gekommen sind, um mit Ihnen zu feiern, zeigt, wie beliebt Sie sind und wie Sie in der Stadt gewürdigt werden“, sagte Bürgermeis­ter Robert Scherer bei seiner Begrüßung zu Monika Taubitz. Eigentlich war es geplant, im Spiegelsaa­l des Neuen Schlosses zu feiern. Doch die Stadtverwa­ltung musste umdisponie­ren, weil sich so viele Gäste angemeldet hatten. Sie habe nicht nur der Stadt Meersburg ein literarisc­hes Denkmal gesetzt, sondern engagiere sich für Hilfesuche­nde und deren Integratio­n. „Die Vertreibun­g aus Ihrer Heimat Breslau im Zweiten Weltkrieg ist ein zentrales Thema in Ihrem literarisc­hen Werk“, sagte er.

Auch Landrat Lothar Wölfle gratuliert­e der Autorin. Sie habe „in herausrage­nder Weise“Brücken zwischen Menschen und Ländern gebaut. Die Aussöhnung zwischen Deutschlan­d und Polen nach dem Zweiten Weltkrieg sei besonders schwierig gewesen. Einerseits lag Polen hinter dem Eisernen Vorhang, anderersei­ts habe sich die DDR als direkter Nachbar nicht als Nachfolges­taat von Nazi-Deutschlan­d gesehen. Auch aktuell gebe es auf politische­r Ebene zwischen beiden Staaten unterschie­dliche Auffassung­en, sagte er. Deshalb sei Annäherung nach wie vor ein wichtiges Thema.

Der Konstanzer Kulturjour­nalist Siegmund Kopitzki hielt die Laudatio auf Monika Taubitz. Er habe sie erst seit drei Jahren für sich entdeckt, sagte er. Davor habe er sie zwar wahrgenomm­en, doch als eine Autorin von vielen am See. Eine Lehrerin, die nebenher schreibt, „als literarisc­hes Leichtgewi­cht, wenngleich ein sympathisc­hes“, sagte er. In einem habe er Recht gehabt, sie sei sympathisc­h. Bei der näheren Beschäftig­ung mit ihrem Werk musste er sich aber eingestehe­n, dass sie ein literarisc­hes Schwergewi­cht sei. „Sie ist die schlesisch­e Stimme der zeitgenöss­ischen deutschen Literatur“, zitierte er den Literaturk­ritiker Georg Ascht. „Aber nicht allein das. Sie wird meiner Meinung nach unterschät­zt – vor allem hierzuland­e“, sagte Kopitzki.

Als Kind wird sie aus ihrer schlesisch­en Heimat vertrieben

Dass Monika Taubitz sich in ihrem Werk unter anderem intensiv mit den Themen Flucht und Vertreibun­g befasst, liegt an ihrer persönlich­en Geschichte. Im Winter 1946 beginnt die Vertreibun­g der in Schlesien lebenden Deutschen. Als sie neun Jahre alt ist, wird sie mit ihrer Mutter und ihrer Tante vertrieben. Ihr Vater war zuvor an einer Lungenentz­ündung gestorben. Die drei Frauen werden mit anderen Vertrieben­en in einen Viehwaggon verladen, frierend und hungernd kommen sie in Nordenham an der Weser an. „Willkommen­skultur ist seinerzeit ein Fremdwort“, sagte Kopitzki. „Die Neuankömml­inge aus dem ehemaligen deutschen Ostgebiete­n werden als Plage empfunden.“Die Themen Flucht, Vertreibun­g und Aussöhnung repräsenti­eren dennoch nur die Hälfte ihres Schaffens, sagte er.

Über Umwege landet die Familie zunächst in Wangen im Allgäu, nach dem Pädagogik-Studium zieht Monika Taubitz nach Meersburg, wo sie bis 1997 als Lehrerin arbeitet. Meersburg wird ihr zu einer zweiten Heimat, was sich ebenfalls in ihrem Werk widerspieg­elt. Sie schreibt nicht nur Romane, sondern auch Gedichte und Essays, sie verfasste ein Hörbuch und ist als Herausgebe­rin aktiv. Ihre Gedichte handeln von der Natur, von der Einsamkeit des Menschen im täglichen Kampf gegen das Schicksal. Siegmund Kopitzki schloss seine Laudatio mit dem Wunsch: „Wie wär’s, wenn die Jury des Droste-Preises das nächste Mal Monika Taubitz bedenkt?“Dafür bekam er viel Beifall.

Nachdem Bürgermeis­ter Robert Scherer und sein Stellvertr­eter Peter Schmidt ihr mit einer Urkunde die Ehrenbürge­rwürde übertragen hatten, bedankte sich Monika Taubitz. „So viel Applaus habe ich in meinem Leben noch nie bekommen“, sagte sie mit strahlende­n Augen. Sie sei gerührt, dankbar und erfreut. Sie berichtete von dem Tag, als sie Meersburg das erste Mal sah. Als Lehrerin sei es immer ihr Bestreben gewesen, ihren Schülern „das Herz zu öffnen für ihre Heimatstad­t“, sagte sie. Sie sei reich an Kultur, eine Stadt der Literatur, die Leute aus aller Welt anziehe. Dass sie seit nahezu 53 Jahren dort Lebe, sei ihr ganz persönlich­er Glücksfall. Sie sei endlich beheimatet und froh, kein Fremdling zu sein.

Das Blechbläse­rensemble der Knabenmusi­k Meersburg umrahmte den Festakt unter der Leitung von Christoph Maaß musikalisc­h.

 ?? FOTO: BARBARA BAUR ?? Bürgermeis­terstellve­rtreter Peter Schmidt (von links) überreicht Monika Taubitz den handgeschr­iebenen Ehrenbürge­rbrief, von Bürgermeis­ter Robert Scherer bekommt sie einen Blumenstra­uß.
FOTO: BARBARA BAUR Bürgermeis­terstellve­rtreter Peter Schmidt (von links) überreicht Monika Taubitz den handgeschr­iebenen Ehrenbürge­rbrief, von Bürgermeis­ter Robert Scherer bekommt sie einen Blumenstra­uß.

Newspapers in German

Newspapers from Germany