Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Merkel beruft Bewährte und einen Kritiker
Kanzlerin präsentiert CDU-Kabinettskandidaten – Spahn soll Gesundheitsminister werden
BERLIN - Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt bei den CDU-Ministern in ihrem künftigen Kabinett auf eine Mischung aus alten Vertrauten und jungen Politikern. Die CDU-Chefin präsentierte am Sonntag in Berlin ihre Liste für die mögliche nächste Große Koalition und überraschte zweimal: So soll Jens Spahn (37), einer ihrer schärfsten Kritiker, Gesundheitsminister werden. Als Bildungsministerin ist die nordrheinwestfälische Bundestagsabgeordnete Anja Karliczek (46) vorgesehen. Kanzleramtschef Peter Altmaier (59) wird wohl ins Wirtschaftsministerium wechseln, sein Nachfolger könnte der bisherige Staatsminister im Kanzleramt, Helge Braun (45), sein. Ursula von der Leyen (59) bleibt Verteidigungsministerin. Parteivize Julia Klöckner (45) dürfte Landwirtschaftsministerin werden.
Bei der Vorstellung der Kabinettskandidaten sagte Merkel, diese bildeten ein „tatkräftiges und auf die Zukunft ausgerichtetes Team“. Sie habe auch „schmerzhafte“Entscheidungen treffen müssen, fügte die 63-Jährige mit Blick auf den bisherigen Gesundheitsminister Hermann Gröhe hinzu, der nicht mehr im Kabinett sein wird. Merkel betonte, dass sie das einzige unter den designierten CDU-Kabinettsmitgliedern über 60 Jahre sei. Drei der sechs CDU-Ministerien würden künftig von Frauen geführt werden, ferner seien zwei von drei Staatsministern Frauen. Nach Ende der Koalitionsgespräche mit CSU und SPD hatte es Rufe nach Verjüngung und Erneuerung gegeben.
Durch die Berufung Spahns kommt nun keiner der sechs CDUMinister aus Baden-Württemberg. Annette Widmann-Mauz (51), die als Gesundheitsministerin im Gespräch war, sagte der „Schwäbischen Zeitung“: „Wir können mit großem Selbstbewusstsein sagen, dass Vertreter der baden-württembergischen CDU auf europäischer Ebene und in der Spitze des Bundestages gut vertreten sind, von Günter Oettinger über Wolfgang Schäuble bis zu Volker Kauder. Und ich werde jetzt einen Platz am Kabinettstisch als Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration einnehmen.“Sie freue sich auf die neue Aufgabe.
Peter Altmaier
ist in jeder Hinsicht das Schwergewicht von Merkels Ministerriege. Der bisherige Kanzleramtsminister wird neuer Wirtschaftsminister. Der Saarländer gilt als ebenso klug wie lebensfroh, er steht seit Jahren loyal zu Merkel und er besitzt große vermittelnde Qualitäten als Strippenzieher. Er bewegt sich auf der europäischen Bühne wie zuhause und es gibt nur wenige Politiker, die Altmaier nicht schätzen. Der 59Jährige gehört zu den alten Hasen im Kabinett und zur legendären Pizza-Connection, jenen Politikern von CDU und Grünen, die schon vor 20 Jahren für schwarz-grüne Bündnisse offen waren. Wenn er keine Politik macht, dann kocht Peter Altmaier mit Leidenschaft.