Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Dasselbe in Chrom
Zwei Armaturenhersteller fast gleichen Namens gehen auf den Schwarzwälder Tüftler Hans Grohe zurück
DÜSSELDORF/SCHILTACH - Ein beliebtes Opfer von Fälschungen ist der Armaturenhersteller Hansgrohe mit Sitz in Schiltach im Schwarzwald. Eine chinesische Firma hat vergangenes Jahr gleich zwei Produktimitate auf den Markt gebracht – und das auch nicht zum ersten Mal. Doch was auf der einen Seite wirtschaftlich schädlich ist – zwischen fünf und zehn Prozent vom Gesamtumsatz –, ist auf der anderen Seite auch eine Anerkennung eines erfolgreichen Produkts.
Letztlich ist die Verwechslungsgefahr von Kopie und Original gering, denn die Plagiate sind von minderer Qualität und entsprechend deutlich ist auch der Preisunterschied zu den Originalprodukten aus dem Schwarzwald. Denn in Schiltach setzt man seit 1901 auf Qualität.
Doch akute Verwechslungsgefahr besteht trotzdem: In Düsseldorf sitzt ein sehr viel ernst zu nehmender Konkurrent, der ebenfalls Armaturen für Küche und Bad herstellt und Grohe heißt. „Wir pflegen eine vertrauensvolle und auf Dauer angelegte Partnerschaft“, sagt HansgroheUnternehmenssprecherin Astrid Bachmann auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“über das Verhältnis zu dem Unternehmen, das nicht nur um dieselben Kunden kämpft, sondern auch fast denselben Namen hat
Der Chef der Konkurrenz aus Düsseldorf, Michael Rauterkus, ist da ehrlicher, wenn er sagt:
„Das ist marketingtechnisch eine Herausforderung.“Die Düsseldorfer
Firma ist sozusagen ein direkter Ableger der Schiltacher. Die beiden Linien der Familie Grohe trennten sich, als Friedrich Grohe nicht die Firma seines Vaters Hans Grohe übernahm, sondern mit dessen Segen nach Westfalen zog und dort 1936 ein eigenes Unternehmen aufbaute.
Zunder in die Beziehung der beiden Firmen, die sich bis dahin in ihren Produkten ergänzten und die an gemeinsamen Messeständen ausstellten, kam im Jahr 1968. Damals verkaufte Friedrich Grohe 51 Prozent der Firma
Grohe an den USKonzern International Telephone and Telegraph (ITT). Die neuen Herren gingen ungeachtet der Familienbande auf Konfrontationskurs und aus Hansgrohe und Grohe wurden Erzrivalen mit weitgehend identischen Produkten.
An Grohe in Düsseldorf ist die Familie seit 1999 nicht mehr beteiligt. An Hansgrohe in Schiltach hält sie noch Minderheitsanteile und ist zudem im Aufsichtsrat vertreten. Mehrheitseigner ist die US-amerikanische Masco Corporation, Spezialist für den Innenausbau.
Ziel Marktführerschaft
Heute geht es bei den beiden Armaturenherstellern um die Marktführerschaft. Die reklamiert man in Düsseldorf für sich. Grohe ist in 150 Ländern tätig und nach eigenen Angaben mit einem Anteil von sechs Prozent Weltmarktführer. In Europa kommen die Düsseldorfer auf 25 Prozent und sind in Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Russland und in den Niederlanden Nummer eins. Der Umsatz dürfte 2017 auf etwa 1,5 Milliarden Euro gestiegen sein. Angepeilt wird eine Bruttorendite von 20 Prozent.
Seit 2014 gehört Grohe dem japanischen Baustoffkonzern Lixil. „Ein Glücksfall“, meint Rauterkus. Die Mutter ist selbst im Kerngeschäft Bäder tätig. Grohe kann nun komplette Bäder inklusive Keramik und des großen Renners, des Dusch-WC anbieten, das in Japan Standard ist. Bei Grohe ist nach der Übernahme wieder Ruhe eingekehrt, nachdem zuvor mehrere Private-Equity-Inhaber das Unternehmen auf Effizienz getrimmt und drastisch Personal abgebaut hatten. „Wir haben jetzt einen strategischen Investor, der die Branche versteht und sehr langfristig denkt“, freut sich Rauterkus. Gleichzeitig werde Grohe an der langen Leine geführt und könne wie ein Mittelständler agieren.
Mit einem Rekordumsatz von etwas über einer Milliarde Euro (2016) haben die Schiltacher den Abstand zum Konkurrenten aus Düsseldorf verringert. Hansgrohe liefert in über 140 Länder, wollte aber zu Marktanteilen keine Auskunft geben.
Seit 2014 ist Thorsten Klapproth Firmenchef. Zuvor war er Vorstandschef der Württembergischen Metallwarenfabrik (WMF). Auf die Frage, wie die Marktführerschaft zu erringen sei, antwortet Klapproth, dass das Bad die neue Küche werden soll.
So ähnlich lautet auch die Strategie in Düsseldorf, um die selbstverkündete Marktführerschaft zu verteidigen: „Das Bad wächst in die Wohnräume hinein“, sagt dazu Grohe-Chef Rauterkus. Er ist seit elf Jahren im Unternehmen und seit 2015 CEO. Rauterkurs will Grohe von der Konkurrenz absetzen. Denn neben dem alten Rivalen gibt es noch Villeroy & Boch zum Beispiel, Geberit oder Dornbracht.
„Aber Konkurrenz spornt an. Wir differenzieren uns über unsere Produktinnovationen“, so Rauterkus. Durchschnittlich gibt der Deutsche 8600 Euro für eine Badrenovierung aus. Der Umsatz der deutschen Sanitärbranche stieg 2016 um vier Prozent auf 23,9 Milliarden Euro.
Den Unterschied zur Konkurrenz sollen das Design, Innovationen und Qualität machen. „Unsere Top-3-Innovationen machen fast die Hälfte unseres Umsatzzuwachses aus“, berichtet Rauterkus stolz, „mehr als 60Prozent unserer Wertschöpfung kommen aus Deutschland. Dafür zahlt die Welt.“
Damit das so bleibt, investiert das Unternehmen kräftig. In das Armaturenwerk im westfälischen Hemer, in die Fabrik im ostwestfälischen Porta Westfalica, in Portugal und in Thailand, von wo Produkte etwa nach China verkauft werden. Und in das große Werk im badischen Lahr, wo gerade mehr als zehn Millionen Euro in eine neue GalvanikAnlage geflossen sind.
In Schiltach setzt man auf die gleiche Strategie wie in Düsseldorf: „Qualität, Innovation und Design sind die Herzstücke unseres exzellenten Rufes“, so Unternehmenssprecherin Bachmann und fügt an, dass „zwischen 25 und 30 Prozent des Umsatzes durch Neuprodukte, die jünger sind als drei Jahre“, generiert werden.
Die Plagiate aus China sind da schon deutlich einfacher zu erkennen als die Unterschiede dieser beiden deutschen Unternehmen.