Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Eine musikalische Perle aus dem Allgäu
Vera Aggeler überzeugt mit Spiel und Stimme - Gänsehautgefühle im Gessler 1862
FRIEDRICHSHAFEN - Vera Aggeler bescherte Gessler 1862 ein volles Haus. Knapp 100 Gäste saßen und standen im Café und der Buchhandlung, um der jungen Allgäuerin aus Wangen zuzuhören. Dabei ist die 25jährige Singer-Songwriterin noch nicht so bekannt. Seit sechs Jahren nutzt sie – vorwiegend im süddeutschen Raum – die kleinen und großen Bühnen. Auf YouTube ist wenig von ihr zu sehen, auf Instagram, Soundcloud und Facebook ist sie schon aktiver, aber dennoch hätte der Besucher im Gessler sich noch mehr von ihr gewünscht. „An einer eigenen CD bin ich gerade dran, aber es ist noch nicht so weit“, erzählt sie.
Es gibt Künstler, die brauchen die große Bühne und andere, die leben bei einem kleinen Publikum eher auf. Ersteres würde man einem solchen Talent wünschen, doch Letzteres schafft eine Clubatmosphäre und Nähe zum Künstler, die in großen Hallen mit dem letzten gesungenen Ton verloren geht.
Nähe ist für Vera Aggeler kein Fremdwort. Zwischen ihren halbstündigen Auftritten sucht sie das Gespräch mit den Zuhörern und plaudert locker ins Mikro vor sich hin: „Ich singe jetzt erstmal ein Lied, schaue dann in eure Gesichter und dann können wir ja gemeinsam entscheiden, ob wir noch an der Akustik basteln müssen“, begrüßt sie das Publikum. Doch ihre volle, soulige Stimme füllt das Ladenlokal komplett aus. Ein junge Frau, die bereits mit fünfzehn Jahren ihre ersten Songs geschrieben und „für diesen Abend wieder herausgeholt hat“. Ihre Lieder komponiert die Gitarristin selbst und das sowohl in Englisch als auch in Deutsch. Ihre Texte sind von Gedanken und Gefühlen geprägt.
Ein wohliger Mantel
Es sind emotionale und sehnsuchtsvolle Lieder – mit ihrer einerseits rauen, dunklen Altstimme schafft sie es, das Publikum in einen wohligen, beruhigenden Mantel zu hüllen, um im nächsten Augenblick den vollen Tonumfang ihrer Stimme in die Höhe zu ziehen und mal gefühlvoll, mal anklagend, mal verträumt in das Mikro raunt. Ohne Frage hat Veranstaltungsleiterin Kerstin Schmid eine echte musiklaische Perle entdeckt. Ein Zuschauer bezeichnete Vera Aggeler als eine Mischung aus Joan Baez und Amy Macdonald. Stimmlich erinnert sie wirklich an die Schottin Macdonald, ihre teils sozialkritischen Texte, dann eher an eine Baez. Sie überzeugt mit ihrem Gitarrenspiel, ihrem Gesangstalent, aber auch mit ihrer natürlichen Art: „Einen ganzen Abend zu bestreiten ist neu für mich.
Eine junge, authentische Frau, die das erste Mal mit 13 Jahren zur Gitarre gegriffen hat. Als eine Autodidaktin hat sie sich sowohl das Gitarre spielen als auch das Singen selbst beigebracht und sagt selbst von sich: „Ich übe nicht, ich spiele einfach jeden Tag“. Sie lebt in Wangen und arbeitet als Sozialarbeiterin in Friedrichshafen, möchte aber ihre Musik weiter ausbauen. Wer sie live erleben möchte, hat am Freitag, 2. März, im Jugendhaus Ravensburg, die Gelegenheit dazu.