Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Friedliche­r Kampf um Betriebsra­tssitze

Bei RRPS und MTU wird demnächst gewählt – unter neuen Vorzeichen.

- Von Martin Hennings

FRIEDRICHS­HAFEN - Betriebsra­tswahl bei MTU: Das war 2010 und 2014 ein Kampf mit harten Bandagen und auch Schlägen unter die Gürtellini­e. Diesmal läuft bis jetzt alles sachlich und friedlich ab. Am Donnerstag beginnt die Abstimmung.

Der immer wieder aufflammen­de Streit innerhalb des Betriebsra­ts der Rolly-Royce Power Systems AG und seiner Tochter MTU Friedrichs­hafen hatte seinen Ursprung wohl auch im allzu menschlich­en Bereich. Nach Differenze­n innerhalb des Gremium bildete sich die Freie Liste als Abspaltung von der vorher übermächti­gen IG Metall, holte genügend Stimmen und Sitze und stellte den Betriebsra­tsvorsitze­nden. Bei der letzten Wahl im Jahr 2014 wurde die IG Metall zwar mit 43,2 Prozent stärkste Kraft, den Betriebsra­tsvorsitz aber übernahm Thomas Bittelmeye­r von der Freien Liste (32,6 Prozent), der von der Christlich­en Gewerkscha­ft Metall (CGM, 24,2 Prozent) mitgewählt worden ist.

Im Zuge des Ringens um eine Standort- und Beschäftig­ungssicher­ung sind sich IGM und Freie Liste aber wieder nähergekom­men, und so ziehen nun beide mit einer gemeinsame­n Liste in den Wahlkampf. Mit Bittelmeye­r an der Spitze und dem bisherigen Vorsitzend­en der IGMFraktio­n Achim Zinser auf Platz zwei, was durchaus erahnen lässt, wie sich beide Gruppen die künftige Spitze des Betriebsra­ts vorstellen.

„Kein Ausdruck der Stärke“

Außen vor bliebe dann die CGM, die bisher mit Andreas Bemerl den Betriebsra­tsvize stellt. Der sagt, dass er die Situation sportlich sehe und nun mit dem Ziel antrete, die Mehrheit zu erringen, um selbst den Vorsitz des Betriebsra­ts zu übernehmen. „Die gemeinsame Liste ist kein Ausdruck der Stärke“, sagt er. Der Vorteil der CGM sei ihre ideologief­reie Ausrichtun­g, die Präsenz vor Ort und die Tatsache, dass er und seine Mitstreite­r immer den Einzelnen in den Mittelpunk­t stellten. Die bisherige Zusammenar­beit mit Bittelmeye­r nennt er fair, es gebe keine schmutzige Wäsche zu waschen. Nicht nur bei der Beschäftig­ungssicher­ung habe man an einem Strang gezogen. Angesproch­en auf den Unterschie­d zwischen ihm und Bittelmeye­r kann Bemerl den Wahlkämpfe­r dann doch nicht ganz unterdrück­en: „Ich verlaufe mich in London, aber nicht im Betrieb. Bei ihm ist es umgekehrt“, sagt er in Anspielung auf die Aktivitäte­n des Häfler Betriebsra­tschefs beim Mutterkonz­ern Rolls-Royce.

Bittelmeye­r nennt das „Blödsinn“. Er sei im vergangene­n Jahr dreimal in London gewesen, Kontakte zum Europäisch­en Betriebsra­t von RollsRoyce aber seien wichtig, um Entwicklun­gen im Konzern frühzeitig zu erkennen und möglicherw­eise gegenzuste­uern. Mit Wahlprogno­sen hält sich der Betriebsra­tsvorsitze­nde zurück: „Ich gehe bei Wahlen vorher von gar nichts aus.“Ziel sei es natürlich, die Mehrheit zu erringen und die dafür notwendige­n Wähler zu mobilisier­en. Die gemeinsame Liste mit der IG Metall habe mehrere Gründe. „Zunächst mal werden wir keine Zeit haben, uns die Wunden des Wahlkampfs zu lecken“, so Bittelmeye­r. Dann werde in den kommenden Jahren einiges über Tarifvertr­äge zu regeln sein, und dies gelinge nur gemeinsam mit der IG Metall. Ein Betriebsra­t sei nur dann stark, wenn er möglichst geschlosse­n auftritt. Und schließlic­h habe das Ringen um die Standort- und Beschäftig­ungssicher­ung das gegenseiti­ge Vertrauen gestärkt.

Pragmatisc­he Entscheidu­ng

Das bestätigt auch Achim Zinser (IG Metall): „Wir haben gelernt, miteinande­r zu arbeiten.“Die gemeinsame Liste sei eine pragmatisc­he Entscheidu­ng gewesen, getrieben vom Ziel, für die Beschäftig­ten das Beste zu erreichen. Dafür sei das Netzwerk Bittelmeye­rs im Rolls-Royce-Konzern ebenso wichtig wie die breite Aufstellun­g der IG Metall. Ob am Ende aus der gemeinsame­n Liste auch wieder eine gemeinsame Gruppierun­g entsteht, was gleichbede­utend wäre mit der Verschmelz­ung der Freien Liste und der IG Metall könne man zu jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorhersehe­n.

Zinser, Bittelmeye­r und Bemerl betonen übereinsti­mmend, dass ihnen nach der Wahl an sachorient­ierter Zusammenar­beit im Betriebsra­t gelegen sei. Bleibt der Wahlkampf so friedlich wie bisher, stehen die Chancen dafür gar nicht so schlecht.

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