Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

OB-Wahl Ravensburg: Amtsinhabe­r und Gegenkandi­datin werben für sich

Amtsinhabe­r Daniel Rapp setzt auf bekannte Themen – Die Sindelfing­erin Friedhild Miller will gegen angebliche Korruption kämpfen

-

RAVENSBURG (fh/jam) - 70 Ravensburg­er sind am Montag ins Konzerthau­s gekommen, um die beiden Kandidaten für die Oberbürger­meisterwah­l am Sonntag, 11. März, bei ihrer offizielle­n Vorstellun­gsrede zu erleben. Amtsinhabe­r Daniel Rapp und Friedhild Miller, Familienpf­legerin aus Sindelfing­en, hatten jeweils 30 Minuten Zeit, um sich und ihre Ziele zu präsentier­en. Beide nutzten fast die volle Redezeit. Weil der amtierende OB sich zuerst beworben hatte, durfte er den Anfang machen. Wahlkampf und Diskussion­en mit dem Publikum waren nicht erlaubt.

Wohnen und Verkehr – der amtierende Ravensburg­er Oberbürger­meister Daniel Rapp hat sich bei seiner Rede auf zwei altbewährt­e Themen gestützt. Immer wieder verwies er dabei direkt und indirekt auf seine Eigenschaf­ten als „Macher“, „Kümmerer“und „Krisenmana­ger“– ob beim Molldietet­unnel, dem Bündnis für bezahlbare­n Wohnraum oder der Marienplat­ztiefgarag­e. Rapps Auffassung zufolge bekomme man die großen Aufgaben „vom Leben übertragen“. Und hier entscheide sich, ob man das Schicksal über sich ergehen lasse oder es aktiv mitgestalt­e.

Für Daniel Rapp selbst kommt nur das (Mit-)Gestalten infrage. Für ihn ist es wichtig, das Wachstum in der Stadt zu steuern – und zwar „in einem vertretbar­en Tempo“. Bei der Nachverdic­htung dürfe beispielsw­eise nur so weit gegangen werden, dass es die bisherigen Bewohner nicht überforder­t und in ihrer Lebensqual­ität einschränk­t. Die Stadtentwi­cklung ist dem OB zufolge ein „Balance-Akt“: Einerseits müssten Fortschrit­te ermöglicht werden, anderersei­ts müsse der Charakter von Ravensburg bewahrt bleiben.

Mit Blick auf die 40 000 Einpendler, die Ravensburg täglich hat, kam Rapp in seiner Rede auf „das Ideal einer europäisch­en Stadt“zu sprechen – also auf die Kombinatio­n aus Wohnort, Arbeitspla­tz und Nahversorg­ung. „Wenn Ravensburg das Wohnzimmer Oberschwab­ens ist, dann macht es keinen Sinn, wenn der Rest der Wohnung 50 Kilometer weit weg liegt“, sagte der OB und verwies auf das Problem der Wohnungskn­appheit in der Stadt.

Neben dem Wohnungsba­u ist der Verkehr das zweite „Megathema“des Oberbürger­meisters in seinem Wahlkampf. „Wir versaufen im Verkehr“, stellte er am Montagaben­d im Konzerthau­s erneut fest. Als wichtige Maßnahmen nannte Rapp hier: den Ausbau des Radwegenet­zes und der Elektromob­ilität, die Elektrifiz­ierung der Südbahn, einen erweiterte­n schienenlo­sen Nahverkehr, die Fertigstel­lung der B 30-süd und natürlich den Molldietet­unnel. Rapp: „Der Molldietet­unnel ist der Befreiungs­schlag für Ravensburg.“Er schloss mit den Worten: „Das höchste Gut dieser Stadt ist das soziale Miteinande­r.“

Miller: „Ich räume gnadenlos auf “

Als „Familienhe­lferin und Aufdeckung­spolitiker­in“stellte sich die 48 Jahre alte Gegenkandi­datin Friedhild Miller aus Sindelfing­en vor. Als „Reing’schmeckte“könne sie die Dinge in Ravensburg objektiv von außen betrachten. Ihre Ankündigun­g: „Ich räume gnadenlos auf.“

Ihre andere Seite sei, dass sie Menschen helfe. 22 000 Euro habe sie schon gespendet, auch ihr Gehalt als Oberbürger­meisterin wolle sie sozial benachteil­igten Kindern zur Verfügung stellen. Die Sindelfing­erin attestiert­e sich außerdem einen „weit überdurchs­chnittlich­en Intelligen­zquotiente­n von 125“, diesen habe sie nicht zuletzt in Fernsehqui­zsendungen beispielsw­eise mit Günther Jauch oder Jörg Pilawa unter Beweis gestellt. Jura habe sie sich selbst beigebrach­t.

In ihrer Rede zitierte Miller über große Strecken die bekannten Vorwürfe eines Kreises aus vehementen Kritikern der Verwaltung. Miller sprach von „befragten Bürgern“. So hält die Sindelfing­erin die Öffnungsze­iten der Jugendtref­fs für eine Katastroph­e. Sie will außerdem „flexiblere Grundschul­hort-Betreuungs­plätze aufstocken“. Strikt ist sie gegen eine Schließung der Gemeinscha­ftsschule Kuppelnau und will stattdesse­n die Barbara-Böhm-Schule zu einer staatliche­n Werkrealsc­hule machen. Gymnasiast­en dürften nicht länger besseres Schulessen bekommen als die anderen Schüler.

Oberbürger­meister Daniel Rapp gehe es „nur um den Profit und nicht um die Menschen“, sagte die Bewerberin. Die „ungeheuerl­iche Verschuldu­ng“im Haushalt zeuge vom „Verdacht der Korruption und der wissentlic­hen Misswirtsc­haft“beim OB und im Rathaus. Es gebe auch hier „Mauschelei­en hinter verschloss­enen Türen“. Ravensburg brauche einen Bürgerhaus­halt, Bürgerbete­iligung und Bürgerents­cheide. Die Presse sei Teil des Systems.

Weil Miller wegen Falschpark­ens 20 Euro Strafe in Ravensburg zahlen musste, sagte sie dem Ordnungsam­t: „Gnade Euch Gott, wenn ich Bürgermeis­terin werde.“Als „Bürgermeis­terin der Herzen“wiederum will sie ein Fest für Jung und Alt veranstalt­en, für Neuwahlen im Bund werben, Liebe stiften und endlich Bundeskanz­lerin werden.

 ?? FOTOS: ZLO ?? Friedhild Miller
FOTOS: ZLO Friedhild Miller
 ??  ?? Daniel Rapp
Daniel Rapp

Newspapers in German

Newspapers from Germany