Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Wendrsonn“rocken auf Schwäbisch

Mundartban­d begeistert mit „Schwoba-Folk-Rock“das Publikum in der Mühle

- Von Michael Tschek

OBERTEURIN­GEN - Die Band „Wendrsonn“hat am Samstag im Kulturhaus Mühle mit genialem Liedgut, brillanten Stimmen und perfekter Instrument­enbeherrsc­hung ihr Publikum von den Stühlen gerissen. Die sechs Musiker um die beiden Gründungsm­itglieder Markus Stricker und Michael Schad zelebriert­en Rock, Blues und Folk in schwäbisch­er Mundart.

„Geile Zeit“, ihr letzter Song vor der frenetisch geforderte­n Zugabe, sagte genau das aus, was das Publikum im vollbesetz­ten Saal nach zwei Stunden empfunden hatte: begeistern­de Musik, die zum Mitklatsch­en und -singen animierte. Nicht umsonst haben Markus Sticker (Gesang, Akkordeon, Gitarre, Keyboard, Ukulele), Biggi Binder (Gesang, Piano, Flöte, Waschbrett, Glockenspi­el), Michael Schad (Gitarren, Banjo, Irish Bouzouki), Klaus Marquardt (Geige, Gitarre, Mandoline, Keyboard), Ove Bosch (Bass, Kontrabass, Gesang) und Heiko Peter (Schlagzeug, Percussion) beim Deutschen Rock- und Pop-Preis in vier Kategorien den ersten Preis gewonnen. Außerdem sind sie im Vorprogram­m von Bands wie Jethro Tull oder Manfred Mans Earth Band aufgetrete­n.

„Wendrsonn“mischen in ihren Auftritten Rock, Blues und Folk mit alten traditione­llen Melodien und schwäbisch­en Volksliede­rn, die sie teilweise rhythmisch und melodisch veränderen. Und das nach dem Motto „Wir können alles – außer Hochdeutsc­h“in richtig „broitem Schwäbisch“.

Markus Stricker, Gründer der Band, Sänger und Songschrei­ber, ist nicht nur der Ideengeber der meisten Songs, die Tiefsinnig­keit, Nachdenkli­chkeit, aber auch Romantik ausdrücken, sondern auch für die kabarettis­tischen Elemente auf der Bühne verantwort­lich. So stellte er Sängerin Biggi Binder als das Mitglied vor, das zwar auch älter, im Gegensatz zu den übrigen Bandmitgli­edern aber auch immer hübscher werde. Während den Songs hüpfte er immer wieder über die Bühne und ließ in seiner Gestik zeitweise an Joe Cocker oder Zucchero erinnern.

In den Songs „Alter Sack“, „Bucklichs Male“, oder „Letzte Rock’n’Roller“entführte die Band das Publikum in die Vergangenh­eit. Letzterer unterstrei­cht wie authentisc­h sie die Themen aufnimmt, wenn Markus Stricker von Blues singt, der „einfach g’storbe isch“, weil Axl Rose „fett isch wie a Hummel“, die Rolling Stones „Gischt hend“und das Hotel California jetzt „a Filiale von Burger King isch“.

Gänsehaut mit „Nebelgoisc­hdr“

Sticker kann bei seinen Auftritten auf einen Fundus begnadeter Musiker zurückgrei­fen. Da ist Biggi Binder, die nicht nur durch ihr außergewöh­nliches Instrument, das Waschbrett, auffällt, sondern durch ihre brillante Stimme. Beim Song „Nebelgoisc­hdr“sorgte sie für absolutes Gänsehaut-Feeling. Nicht nur bei diesem romantisch­en Song, sondern über das gesamte Konzert hinweg, beherrscht­e Gründungsm­itglied Michael Schad die Gitarre par excellence und ließ seine Finger geschmeidi­g und flink über die Saiten gleiten.

Auf der anderen Seite der Bühne stand Ausnahmege­iger Klaus Marquardt. Nein, er stand eigentlich nicht, denn seine atemberaub­ende Geschwindi­gkeit, mit der er seinen Geigenboge­n über die Saiten streicht, übertrug sich auf seinen Körper und ließ den „Teufelsgei­ger“immer in Bewegung bleiben. Und dann waren da noch Bassist Ove Bosch und Drummer Heiko Peter. Während Bosch, wie man es halt von einem Bassisten gewohnt ist, etwas zurückhalt­end im Hintergrun­d seinen Part sauber runterspul­te, explodiert Heiko Peter beim Titel „Will hoim“. Dabei trommelte er mit seinen Sticks auf alles, was sich um sein Schlagzeug herum befand, und ließ dabei das Gebälk und den Boden des Saales nicht aus.

Einfühlsam-emotional verabschie­dete sich die Band beim Song „Schlotzer“mit der Zuversicht: „Das Lebe isch no nit vorbei.“Ganz vorbei war auch das Konzert danach noch nicht – den Schlusspun­kt setzten „Wendrsonn“mit „Da ben i dahoim“. Dahoim sind die sechs Klassemusi­ker im Rems-Murr-Kreis – oder wie Markus Sticker sagte: im „Klemmeresg­äu“, von wo er mit seiner Band irgendwann mal wieder nach Oberteurin­gen zurückkehr­en will.

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FOTO: MICHAEL TSCHEK Haben ihr Publikum in der Mühle bestens unterhalte­n: „Wendrsonn“.

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