Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Radler-Metropole Friedrichshafen?
Wolfgang Kübler, Leiter des Stadtbauamtes, und Stefan Köhler, Erster Bürgermeister, hatten am Dienstag allen Grund zur Freude. Hochgelobt – und das auch noch von den Grünen – wurden ihre Bemühungen um die Umsetzung des Radverkehrskonzeptes, über das in dieser Stadt auch dank des engagierten ADFC seit Jahren gerungen, gestritten und diskutiert wird.
Friedrichshafen gibt 33 Euro pro Einwohner und Jahr für die Radler aus. Dabei aber – und was wäre diese Rubrik, würde die nicht ab und an auch mal ein Haar in der Suppe finden – sei bitte zu beachten, dass aktuelle Baumaßnahmen diesen Betrag enorm in die Höhe schnellen lassen. Auch die 9,20 Euro pro Einwohner, die Stefan Köhler als den Betrag nennt, den die Stadt ohne Berechnung der Baustellen ausgebe, sollte mit Bedacht betrachtet werden.
Zunächst dürften die Anstrengungen, die in der Tat höchstes Lob verdient haben, Ergebnis einer Entwicklung sein, in der lange Zeit nichts für den Radverkehr getan wurde. Und dann sollte sich diese Stadt, wenn sie tatsächlich als Fahrrad-Metropole oder als radlerfreundlichste Stadt Baden-Württembergs in die Geschichte eingehen will, im Umgang der Verkehrsteilnehmer untereinander üben. Fragen wie die von Eduard Hager (CDU) im Technischen Ausschuss, ob durch eine Radler-Querungshilfe die Fußgänger kein Vorrecht mehr hätten, sollten ebenso zur Vergangenheit gehören, wie das Verbot des Radfahrens auf der Uferpromenade. Beides ist Ausdruck von Ignoranz gegenüber den jeweils anderen Verkehrsteilnehmern und würde unnötig sein, wenn Rücksicht genommen würde. Kaum jemand schimpft heftiger, als Fußgänger auf Radfahrer und Radfahrer auf Autofahrer. Solange kein rücksichtsvolles Einvernehmen herrscht, können viele Veloringe gebaut oder Querungshilfen errichtet werden. Am Krieg der Verkehrsteilnehmer ändert sich nichts, und eine Fahrrad-Metropole wird Friedrichshafen dann auch nicht.