Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Innenminister löst Empörung aus
Gewerkschaften und Opposition werfen Thomas Strobl vor, Polizisten in Gefahr zu bringen
STUTTGART - Mit seiner Ankündigung, in Sigmaringen verdeckte Kräfte einzusetzen, hat Innenminister Thomas Strobl (CDU) einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Oppositionspolitiker und Polizeigewerkschafter werfen ihm vor, Interna ausgeplaudert zu haben. Damit setze er die Sicherheit der Polizisten aufs Spiel.
Es war als beruhigendes Signal an Sigmaringens Bürger gedacht: Am Freitag hatte der Innenminister per Pressemitteilung ein Maßnahmenpaket für Sigmaringens Sicherheit verkündet. Dort ist die Zahl der Straftaten gestiegen. Vor allem rund um den Bahnhof und im Prinzenpark häufen sich Delikte von Flüchtlingen und Wohnungslosen. Unter anderem sollen acht Beamte zusätzlich in der Stadt ermitteln. Doch Punkt zwei der Liste birgt Zündstoff: „Mit Beginn der wärmeren Jahreszeit werden verdeckte Kräfte des Landeskriminalamts bei den Ermittlungen insbesondere im Prinzenpark tätig sein.“
FDP spricht von Geheimnisverrat
Für die beiden Polizeigewerkschaften DPolG und GdP sowie den Bund der Kriminalbeamten im Land ist das ein Sündenfall. „Das ist ein Skandal. Verdeckte polizeiliche Maßnahmen gehören nicht in die Presse. Unsere Kolleginnen und Kollegen werden damit erheblichen Gefahren ausgesetzt“, so DPolG-Landeschef Ralf Kusterer. Die FDP wirft dem Innenminister Geheimnisverrat vor, die SPD nennt Strobl einen „Politschauspieler“, der die eigenen Leute unbedacht in Gefahr bringe.
Strobl selbst äußerte sich zu den Vorwürfen zunächst nicht. Sein Staatssekretär Martin Jäger teilte mit: „Die Vorwürfe, es sei zu einem Geheimnisverrat durch den Innenminister gekommen, gehen an der Sache vorbei und sind ohne Substanz.“Die Ankündigung sei auf Grundlage eines Konzepts der Landespolizei erfolgt. Sie habe auch „abschreckenden Charakter“.
Grundsätzlich setzt die Polizei als „verdeckte Maßnahmen“auf verschiedene Instrumente. Um organisierte Kriminalität zu bekämpfen, werden verdeckte Ermittler in das Milieu eingeschleust. Sie bewegen sich oft monatelang mit falscher Identität unter den Verdächtigen. Die Polizisten sind entsprechend geschult. Der Einsatz der verdeckten Ermittler im engeren Sinne ist gesetzlich streng geregelt. Unter anderem muss der Personalrat davon erfahren.
Das ist bei „Nicht offen ermittelnden Polizisten“anders. Das sind oft normale Einsatzbeamte: Sie kommen zum Beispiel bei Drogenermittlungen zum Einsatz. Sie kaufen Drogen, um so die Dealer zu überführen. Im Prozess gegen die Täter werden diese Maßnahmen stets öffentlich. Daher sind sie im Drogenmilieu durchaus bekannt.
Rückendeckung aus der Fraktion
Darauf verweist auch Siegfried Lorek, Polizist und polizeipolitischer Sprecher der Landtags-CDU. „Vom Einsatz verdeckter Ermittler war ja nie die Rede. Seit Jahren ist es Praxis in der Polizeiarbeit, Zivilbeamte im Drogenmilieu ermitteln und aufklären zu lassen.“
Solche Argumente lassen die Gewerkschafter nicht gelten. Hans-Jürgen Kirstein (GdP) sagte am Sonntag: „Da würde ich jetzt nicht differenzieren zwischen verschiedenen Arten verdeckter Ermittlungen. Ich halte generell nichts davon, diese öffentlich zu machen.“Das gefährde Polizisten und den Erfolg der Ermittlungen. Da hilft es aus Sicht von Kirstein und seinem DPolG-Kollegen Kusterer auch nicht, dass das Innenministerium bereits zuvor öffentlich auf „verdeckte Maßnahmen“hingewiesen hatte. Im Februar verkündete Strobl sie als Teil einer Sicherheitspartnerschaft für Heidelberg. Damals hatte sich kein Protest geregt.