Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Der Wolf hat Kreide gefressen

- Von Christine Longin politik@schwaebisc­he.de

Der Front National hat sich nicht geändert. Das hat der Auftritt von Parteichef­in Marine Le Pen am Sonntag im Kongresspa- last von Lille deutlich gemacht. Seit Jahrzehnte­n nährt sich die Partei vom Hass auf alles Fremde. Und das hält sie am Leben. Mit einer Namensände­rung hat der Front National seine alte Fassade nur übertüncht. Ein paar Tupfer, um den Rassismus und offenen Antisemiti­smus von Jean-Marie Le Pen vergessen zu machen. Doch selbst wenn Marine Le Pen mit ihrem Vater gebrochen hat, sind dessen Ideen noch da.

Das, was die Tochter beim Parteitag in Lille gegen Einwanderu­ng sagte, unterschei­det sich nicht von den Hetzparole­n ihres Vaters. Und dass ausgerechn­et der ultrarecht­e Einpeitsch­er Steve Bannon zu den FN-Mitglieder­n sprach, zeigt, wie weit rechts die Le-Pen-Partei steht. Die „Entteufelu­ng“, die die Parteichef­in sieben Jahre lang als Strategie verkaufte, ist entlarvt. Das haben die Franzosen verstanden, die die Stimme des Wolfs noch erkennen, auch wenn er Kreide gefressen hat. Laut einer aktuellen Umfrage sehen 63 Prozent eine Machtübern­ahme des Front National als Gefahr für die Demokratie.

Deshalb stimmten sie 2017 mit großer Mehrheit für Emmanuel Macron. Sein Sieg war der Trost aller Pro-Europäer gegen den Euroskepti­zismus. Inzwischen steht der französisc­he Präsident allerdings ziemlich allein da mit seinen europäisch­en Erneuerung­splänen. Dabei hat er richtig erkannt: nur wenn sich die EU reformiert, wird sie eine Zukunft haben. Die Europawahl­en nächstes Jahr werden zeigen, wie stark die EU-Befürworte­r sind. Das Schreckens­szenario einer euroskepti­schen Mehrheit im Europaparl­ament ist nicht auszuschli­eßen.

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