Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Neue Betriebsre­nte

Erste Angebote kommen auf den Markt

- Von Friederike Marx

FRANKFURT (dpa) - In der Versicheru­ngsbranche herrscht Aufbruchst­immung: Die ersten Anbieter bringen sich für die neue Betriebsre­nte in Stellung. So haben die genossensc­haftliche R+V Versicheru­ng und die Fondsgesel­lschaft Union Investment vergangene Woche ihr gemeinsame­s Konzept vorgestell­t. Am Start ist auch das Rentenwerk, eine Kooperatio­n mehrerer Lebensvers­icherer. Doch die entscheide­nden Akteure – Gewerkscha­ften und Arbeitgebe­rverbände – zeigen bislang keine große Eile.

„Vor dem Jahr 2019 werden die Sozialpart­ner aller Voraussich­t nach kaum konkrete Sozialpart­nermodelle in größerem Umfang vereinbart haben und ohne Gewerkscha­ft und Arbeitgebe­r wird daraus nichts“, heißt es beim Arbeitgebe­rverband BDA.

Bislang haben weniger als 60 Prozent der Beschäftig­ten eine betrieblic­he Altersvors­orge. Vor allem Geringverd­iener und Mitarbeite­r kleinerer Firmen stehen häufiger ohne das Zusatzplus im Alter da. Das neue Modell soll die betrieblic­he Altersvors­orge vor allem für kleinere und mittlere Unternehme­n attraktive­r machen. Auch nicht tarifgebun­dene Firmen sollen sich beteiligen können.

Beschäftig­ten, die auf diese Weise vorsorgen, darf kein fester Betrag mehr zugesicher­t werden, er soll nur noch als Ziel genannt werden (Zielrente). Die Arbeitgebe­r werden dadurch bei der Haftung entlastet.

Die Auszahlung­en im Alter können höher ausfallen als bei der klassische­n Variante mit Garantie, können aber schwanken. Um ein bestimmtes Versorgung­sniveau möglichst zur erreichen, kann im Tarifvertr­ag ein zusätzlich­er Sicherungs­beitrag vereinbart werden, den die Arbeitgebe­r zahlen. Darauf dürften vor allem die Gewerkscha­ften pochen. Die Aufsicht über die Anlagerisi­ken liegt bei den Tarifvertr­agsparteie­n.

Vor allem der vollständi­ge Garantieve­rzicht dürfte für größeren Erklärungs­bedarf sorgen. „In unsere Gesellscha­ft ist ein Gleichsetz­en von Garantien mit Sicherheit stark verfestigt“, analysiert beispielsw­eise die IG Metall. Hinzu kommt: In vielen Branchen gibt es bereits eine tarifvertr­aglich vereinbart­e betrieblic­he Altersvors­orge, zum Beispiel die Sozialkass­en in der Bauwirtsch­aft, die Metallrent­e oder die Bäckerrent­e. Die Frage, wie sich die bestehende­n Modelle mit dem neuen vereinbare­n lassen, dürfte so Manchen bei Gewerkscha­ften und Arbeitgebe­rverbänden umtreiben.

Alte Betriebsre­nten bleiben

Joachim Reinke, Vorstandsc­hef der genossensc­haftlichen Union Investment, betont, die Modelle würden nebeneinan­der existieren. Die Zielrente dürfte vor allem für neu eingestell­te Beschäftig­te ein Thema sein. „Es geht nicht um eine Kannibalis­ierung der bestehende­n betrieblic­hen Altersvers­orgung, sondern um ein zusätzlich­es Modell“, betont auch R+V-Chef Norbert Rollinger. Die Kooperatio­nspartner wollen Spezialfon­ds anbieten, die nach den Wünschen der Tarifparte­ien gestaltet werden sollen.

In der diesjährig­en Tarifrunde in der Metall- und Elektroind­ustrie spielte das Sozialpart­nermodell allerdings keine größere Rolle.

Mehr los ist auf Anbieterse­ite. Bereits nach der Verabschie­dung des Betriebsre­ntenstärku­ngsgesetz im vergangene­n Sommer gingen die Lebensvers­icherer der Barmenia, Debeka, Gothaer, HUK Coburg und die Stuttgarte­r mit einem gemeinsame­n Angebot unter dem Namen „Das Rentenwerk“an den Start. Das Produkt ist den Angaben zufolge mittlerwei­le fertig: eine fondsbasie­rte Direktvers­icherung.

Nun würden die Gespräche konkreter. „Wir sehen starkes Interesse gerade bei einigen großen Unternehme­n mit Haustarifv­erträgen“, berichtet Normann Pankratz, stellvertr­etendes Vorstandsm­itglied der Debeka Versicheru­ngen, im Namen des Rentenwerk­s.

Auch Talanx und Zurich wollen beim Thema Betriebsre­nte gemeinsame Sache machen. Die Kartellbeh­örden müssen noch grünes Licht für die Kooperatio­n geben. Das geplante Konsortium „Die Deutsche Betriebsre­nte“soll im ersten Halbjahr starten.

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