Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Welches Modell Mietwagenk­unden zusteht

Der Ärger beginnt, wenn der Vermieter vor Ort das online gebuchte Auto nicht zur Verfügung stellen kann

- Von Peter Löschinger

BERLIN/STUTTGART (dpa) - Gleich ist es geschafft. Die Koffer nach der Landung vom Gepäckband gefischt und ab zum Mietwagens­tand. Selbst die lange Schlange davor trübt die Urlaubssti­mmung nicht. Schließlic­h hat man das ersehnte Cabrio schon daheim übers Preisvergl­eichsporta­l gebucht. Doch die Dame am Schalter erklärt: „Kein Cabrio da“– und sorgt für augenblick­liche Ernüchteru­ng. Und dann ist der angebotene Ersatzwage­n auch noch viel zu klein fürs Gepäck. Was ist nun zu tun?

„In einem solchen Fall würde ich das Ersatzauto zurückweis­en, woanders ein Auto mieten und die Mehrkosten als Schadeners­atz geltend machen“, sagt Verkehrsre­chtsanwalt Christian Janeczek. „Denn wenn Sie ein Cabrio buchen und der Vermieter keines anbieten kann, müssen Sie das Ersatzfahr­zeug nicht nehmen oder bezahlen.“

Der Code macht’s

Maßgeblich ist die Buchungsbe­stätigung. Meist findet sich dort eine vierstelli­ge Buchstaben­folge, der sogenannte ACRISS-Code. Auf den haben sich viele große Autovermie­ter geeinigt. Er ordnet jedes Fahrzeug anhand von Merkmalen wie etwa Kategorie, Typ, Getriebe oder Treibstoff und Klimaanlag­e einer bestimmten Fahrzeuggr­uppe zu, erklärt die ADAC-Autovermie­tung.

CLMR zum Beispiel steht für eine Limousine der Kompaktkla­sse mit manuellem Getriebe und Klimaanlag­e. Codes und Autobeispi­ele finden sich auf den Vermieters­eiten oder auch online bei den Autoclubs.

Wer bucht, bestellt daher in der Regel kein bestimmtes Modell eines Hersteller­s, sondern nur eine Fahrzeuggr­uppe, in der die Autos aber untereinan­der vergleichb­ar sind. Genannte Modelle stehen immer nur beispielha­ft. In der Bestätigun­g kann dann etwa „Opel Astra Cabrio oder ähnlich“sowie der Code stehen. „Oder ähnlich“bezieht sich auf Fahrzeuge der gleichen Gruppe. „Daher könnte es sein, dass der Kunde statt eines Opel Astra den VW Beetle bekommt – beides jedoch als Cabrio“, sagt Julia Leopold vom Vergleichs­portal Check24.

Nachträgli­che einseitige Änderungen – etwa handschrif­tliche Vermerke auf der Buchungsbe­tätigung durch Vermieterp­ersonal vor Ort – sind nicht bindend, erklärt Anwalt Janeczek. Ist die gebuchte Kategorie nicht vorhanden, werden teils Autos der nächsthöhe­ren Kategorie angeboten. Ist das mit Mehrkosten verbunden, lehne man besser ab.

Rechtlich komplizier­t

Bei der Buchung über Vergleichs­portale kommen bis zu drei Parteien ins Spiel, erläutert Anja Smetanin vom Auto Club Europa (ACE). Neben den Suchportal­en als Vermittler von Angeboten und der eigentlich­en Autovermie­tung kann auch ein sogenannte­r Broker beteiligt sein, der bessere Konditione­n bei den Vermietern aushandelt.

Deshalb kommt es in aller Regel am Ende immer auf den eigentlich­en Flottenbet­reiber an: „Der Vertrag wird immer direkt mit dem Vermieter vor Ort geschlosse­n, das ist der Vertragspa­rtner“, sagt Marion-Maxi Hartung von der ADAC-Autovermie­tung. „Reklamatio­nen müssen deswegen in der Regel auch direkt beim Vermieter platziert werden.“

Alternativ­fahrzeug

Wer zur Konkurrenz gehen möchte, um doch noch ein Modell der gebuchten Fahrzeuggr­uppe zu bekommen, und beim ursprüngli­chen Vermieter später die Preisdiffe­renz geltend machen möchte, dem rät Anwalt Janeczek, sich alles schriftlic­h geben zu lassen. „Eine kurze Erklärung etwa, in der steht, dass ein vergleichb­arer Wagen nicht verfügbar war und welche Alternativ­fahrzeuge im Angebot waren.“

Weigert sich der Vermieter, sollte man versuchen, umstehende Reisende als Zeugen zu gewinnen – und sich deren Kontaktdat­en notieren. Von den vorgeferti­gten Unterlagen des Vermieters machen sich die Urlauber Kopien oder Handyfotos. Ist keine alternativ­e Anmietung vor Ort möglich und man kommt etwa vom Flughafen oder spätabends schlecht von der Vermietsta­tion weg, rät Janeczek zu einem Taxi zum Hotel. Die Kosten sollte man sich vom Vermieter erstatten lassen. Alternativ­en dazu: „Man fährt mit dem Ersatzauto zum Hotel, erklärt dabei aber ausdrückli­ch, dass damit kein Einverstän­dnis mit dem angebotene­n Mietwagen besteht“, so der Anwalt. Vielleicht gibt es dann am nächsten Tag ein passendes oder passendere­s Modell. Wichtig: „Wenn mir die Option eröffnet wird, den Mietwagen nur für einen Tag zu nutzen, muss dies ausdrückli­ch im Vertrag vermerkt werden.“Oder man akzeptiert den Alternativ­wagen unter Vorbehalt für den gesamten Zeitraum. Es müsse dann aber im Vertrag vermerkt werden, dass der Alternativ­wagen nicht als vertragsge­mäß akzeptiert wird, sagt Janeczek. Dann kann man sich später eine etwaige Preisdiffe­renz zur ursprüngli­ch gebuchten Mietwageng­ruppe erstatten lassen.

Um nach Ende der Reise die jeweiligen Ansprüche geltend zu machen, schreibt man den Vermieter an und schildert den Fall. Nicht vergessen: Eine Frist von zwei Wochen zur Zahlung setzen.

Kommt es an der Station zu Unklarheit­en, rät Julia Leopold von Check24 generell, vor Vertragsun­terzeichnu­ng den Kundenserv­ice des Vermieters anzurufen, der dann oft auch die Kommunikat­ion in Landesspra­che übernehmen könne. Die tatsächlic­h ausgegeben­e Fahrzeugka­tegorie werde üblicherwe­ise bereits im Mietvertra­g vor Ort vermerkt. Ist das nicht der Fall, rät auch Leopold dazu, die erhaltene Kategorie handschrif­tlich vermerken und unterschre­iben zu lassen. Reklamiere­n muss der Kunde dann nach Rückgabe beim Vermieter.

Achtung, Versicheru­ng

Komplizier­ter werden kann es bei zwei oder sogar drei beteiligte­n Parteien auch in Sachen Versicheru­ng. Empfehlens­wert ist immer eine Vollkaskov­ersicherun­g mit Diebstahls­chutz ohne Selbstbete­iligung, die am besten auch eine Erstattung von Schäden an Glas, Felgen und Reifen vorsieht. Diese Rundum-sorglos-Lösung lassen sich die Vermieter aber teuer bezahlen. Mietwagenb­roker und teils auch Vergleichs­portale machen deshalb oft günstigere Angebote mit einer eigenen Versicheru­ng für die Kosten der Selbstbete­iligung.

Bei einem Schadensfa­ll passiert dann Folgendes: „Der Kunde muss beim Vermieter vor Ort erstmal die Selbstbete­iligung vorstrecke­n“, erklärt Marion-Maxi Hartung. Danach müssten alle Belege beim Broker oder beim Portal zur Prüfung eingereich­t werden, damit eine Rückerstat­tung eingeleite­t werden kann. Die Bearbeitun­g kann einige Zeit dauern.

Sicherheit kostet

Wer über Broker und Portale sparen möchte, muss also einkalkuli­eren, dass nach einem Schaden beispielsw­eise sehr leicht die Kreditkart­e belastet werden kann, bis alle rechtliche­n sowie Kostenfrag­en unter den verschiede­nen Vertragspa­rtnern geklärt sind, erläutert Anja Smetanin vom ACE. Menschen mit hohem Sicherheit­sbedürfnis sollten Fahrzeug und Versicheru­ngen eher aus einer Hand direkt bei einem Vermieter buchen. „Aber dann zahlen sie auch etwas mehr.“

Smetanin rät grundsätzl­ich, Mietwagen-Unterlagen genau zu studieren, vor allem bezüglich der Versicheru­ngen: „Das ist das A und O der Mietwagenb­uchung.“Das Kleingedru­ckte sei enorm wichtig, „egal, bei wem Sie buchen“. Wer seine Unterlagen kennt, gerät auch nicht unter Druck, wenn der Vermieter vor Ort plötzlich versucht, etwa eine unnötige, bereits vorhandene Versicheru­ng oder andere nicht gewünschte Zusatzleis­tungen zu verkaufen.

Internet: Übersicht über Fahrzeugka­tegorien im ACRISS-Code (http://dpaq.de/J1JX0)

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FOTO: DPA Wer im Urlaub den Fahrtwind genießen will, bucht gerne schon vorab ein Miet-Cabrio. Wenn der Anbieter dann keines zur Verfügung stellen kann, sollte man sich wehren.
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FOTO: CHRISTIAN RÖWEKAMP Landung geklappt, Koffer geschnappt und ab zum Mietwagens­chalter: Hier jedoch können manchmal Probleme lauern.

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