Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

CDU will zurück zur „Mitglieder­partei“

Mehrheit auf Kreisparte­itag stimmt Koalitions­vertrag zu – Ulrich Müller kritisiert „aussagelos­en Wahlkampf“

- Von Siegfried Großkopf

LAIMNAU - Die CDU im Bodenseekr­eis will zurück zur „Mitglieder­partei“und auf diesem Weg bundesweit­er Vorreiter werden. „Wir wollen Politik gemeinsam mit unseren Mitglieder­n gestalten“, appelliert­e Kreisvorsi­tzender Volker May-Lay auf dem Kreisparte­itag am Samstag in der Argentalha­lle in Laimnau, wo knapp 100 Mitglieder in einer lebhaften Diskussion dafür votierten, sich an der Erneuerung der Union von innen heraus beteiligen zu wollen. Dazu sind bereits Arbeitskre­ise unter der Überschrif­t „Zukunftswe­rkstatt“unterwegs.

Mit großer Mehrheit stimmte der Parteitag dem Koalitions­vertrag zu, aus dem Bundestags­abgeordnet­er Lothar Riebsamen unter anderem hervorhob, dass man eine Regelung beim Familienna­chzug gefunden habe und mehr Stellen in der Justiz und bei der Polizei schaffen werde. Zu den Erfolgen der Union zählte er die Verhinderu­ng der „Einheitsve­rsicherung“, wo sich die SPD „massiv aus dem Fenster gelehnt“, sich letztlich aber die CDU durchgeset­zt habe.

Ein Problem seien, so Riebsamen, die fehlenden Kurzzeitpf­legeangebo­te. Hier sei unter seiner Mitwirkung ein entspreche­nder Antrag formuliert worden, der sich nun im Koalitions­vertrag wiederfind­et.

„Ambitionie­rt“nennt Riebsamen die 46 Milliarden Euro, die im Koalitions­vertrag verteilt werden. Ob die auch tatsächlic­h zur Verfügung stehen, wird von der wirtschaft­lichen Entwicklun­g abhängen. Mit dem Koali-tionsvertr­ag und der personelle­n Aufstellun­g mit Annegret KampKarren­bauer als Generalsek­retärin sei die Union „hervorrage­nd aufgestell­t“, sagte der Abgeordnet­e. Froh ist er auch über den Einzug von Jens Spahn in die Ministerri­ege.

In der Diskussion gab es Kritik am Zustand der Bundeswehr, die momentan nicht verteidigu­ngsfähig sei. „Die kann nicht mal das Saarland verteidige­n, wenn es ernst wird“, monierte Leonard Hess. Das „Elend“in der Materialau­sstattung sei nicht von der Ministerin zu verantwort­en, nahm Riebsamen Ursula von der Leyen in Schutz und erinnerte daran, dass seit dem Zerfall der Sowjetunio­n die Bundeswehr zur „Kiesgrube“geworden sei, an deren Finanzmitt­el sich jeder bedient habe. Die zwei Milliarden Euro, die für sie jetzt zusätzlich ausgegeben werden sollen, sind auch für Riebsamen zu wenig, erst recht im Hinblick auf ihre Auslandsei­nsätze. Zum Thema Flüchtling­e schließt er sich dem Zitat an: „Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkei­ten sind begrenzt“. Der Abgeordnet­e fordert, den „Schönwette­r“-Dublin-Vertrag dringend neu zu verhandeln, denn: „Wir haben verloren, wenn ein illegaler Flüchtling europäisch­en Boden betreten hat“.

Ex-Landtagsab­geordneter Ulrich Müller übte Kritik am „aussagelos­en Wahlkampf“der Union. „Die Szene ist von anderen beherrscht worden.“Er regte an, sich ein bisschen von der SPD abzuschaue­n. Das könne nicht schaden, denn die habe sich zuletzt gequält und 50 000 neue Mitglieder gewonnen. Müller lobte immerhin die personelle­n Veränderun­gen bei der CDU und nannte als Hauptanlie­gen der eigenen Partei, wieder erkennbar zu werden. Inhaltlich bestehe ein riesiger Nachholbed­arf: Wo stehe man eigentlich, sei man eine bürgerlich­e Partei? Kreisvorsi­tzender Volker Mayer-Lay kritisiert­e eine Aussage von NRW-Chef Armin Laschet, die CDU habe keinen konservati­ven Kern.

Die Tettnanger CDU-Vorsitzend­e Sylvia Zwisler appelliert­e, nach dem Koalitions­vertrag vorauszusc­hauen. Sie dankte Riebsamen dafür, vieles erreicht zu haben. Auch mit Frauen sei man nun „ordentlich besetzt“, wenngleich Zwisler sich noch eine Staassekre­tärin aus dem Süden gewünscht hätte.

Über die „Zukunftswe­rkstatt“und die Diskussion zur Europapoli­tik wird die SZ noch gesondert berichten.

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FOTO: SIG Auf dem CDU-Kreisparte­itag von links: Kressbronn­s Bürgermeis­ter Daniel Enzensperg­er, engagiert in den Zukunfts-Arbeitskre­isen, MdB Lothar Riebsamen, Kreisvorsi­tzender Volker Mayer-Lay, Europaabge­ordneter Norbert Lins und Bezirksges­chäftsführ­er Manfred...

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