Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
IG Metall gewinnt Betriebsratswahl
Gewerkschaft hat bei ZF in beiden Gremien die Nase vorn.
FRIEDRICHSHAFEN - Klare Sache: Die IG Metall hat die Betriebsratswahl bei ZF gewonnen. In beiden Arbeitnehmervertretungen am Standort stellt die Gewerkschaft die Mehrheit, im Produktionsbereich mit 77 Prozent, bei Verwaltung, Forschung und Entwicklung mit 68 Prozent.
Die Wahlhelfer waren fix: Um 13.30 Uhr schlossen am Mittwoch die Wahllokale, vor 18 Uhr lag das Endergebnis vor. Und das fiel umfangreicher aus als früher, denn erstmals haben die ZFler zwei Betriebsräte gewählt, einen für den N-Bereich (Nutzfahrzeugtechnik, Industrietechnik und Kundendienst), einen für Z (zentrale Verwaltung, Forschungsund Entwicklungszentrum, Pkw-Getriebeentwicklung, Gastronomie). Insgesamt waren 10 183 Mitarbeiter zur Wahl aufgerufen, 4846 machten von ihrem Recht Gebrauch. Das ergibt eine Wahlbeteiligung von 47,6 Prozent. Das sind 15 Prozentpunkte weniger als vor vier Jahren.
In den beiden Betriebsräten für N und Z ist die Stimmverteilung durchaus unterschiedlich. Im N-Bereich, der von Fertigung und Montage dominiert wird, hat die IG Metall mit 77,3 Prozent der Stimmen ein sehr deutliches Übergewicht. Sie stellt künftig 25 von 31 Betriebsräten. Die Christliche Gewerkschaft Metall (CGM) kommt auf neun Prozent und drei Mandate, die „Wir ZFler“auf 8,3 Prozent und zwei Sitze. Einen Betriebsrat stellt die neue Liste „Faire Arbeit“(5,4 Prozent). Die Wahlbeteiligung lag bei 51,8 Prozent.
Im Z-Bereich ist der Vorsprung der IGM geringer, aber immer noch deutlich. Die Gewerkschaft kommt hier auf 67,8 Prozent. 19 der 27 Betriebsräte gehören künftig der IG Metall an. Auf Platz zwei landen die „Wir ZFler“mit 17 Prozent und fünf Mandaten, auf Platz drei die CGM mit 10,2 Prozent (zwei Sitze). Die Ein-Mann-Liste „Freier Betriebsrat ZF“zieht mit fünf Prozent der Stimmen ebenfalls ins Gremium ein.
Bei der Wahl vor vier Jahren – damals noch für einen Betriebsrat – hatte die IG Metall gut 73 Prozent der Stimmen geholt. Die „Wir ZFler“landeten damals bei fast 18 Prozent, die CGM bei knapp neun Prozent
IG Metall ist zufrieden
„Das war so deutlich nicht zu erwarten“, kommentierte Achim Dietrich (IG Metall), Vorsitzender des ZF-Gesamtbetriebsrats und der Arbeitnehmervertretung
am Standort Friedrichshafen, das Wahlergebnis. „Wir sind sehr zufrieden.“Verschiedene Aktionen anderer Listen und Gruppierungen seien bei der Belegschaft nicht angekommen, sagte er. „Die meisten wissen, dass wir ehrliche und anständige Arbeit machen.“Man versuche jetzt, auch die zu überzeugen, die ihr Kreuz nicht bei der IG Metall gemacht haben.
Man werde mit allen neugewählten Betriebsräten zusammenarbeiten, sofern ihr Anliegen sei, die Interessen der Beschäftigten zu vertreten. „Mit Leuten, die nur destruktiv unterwegs sind, geht das aber nicht“, sagte Dietrich.
„Wir ZFler“kämpferisch
Und meinte damit möglicherweise die „Wir ZFler“, mit denen sich die IGM in der Vergangenheit harte Auseinandersetzungen geliefert hat. Die Gruppierung bedankte sich in einer ersten Stellungnahme bei allen Wählern, gab auch auch offen zu, dass vor allem das N-Ergebnis enttäuschend für sie sei. „Das zeigt, dass wir in der innerbetrieblichen Öffentlichkeit zu wenig wahrgenommen werden“, sagte Betriebsrätin Manuela Stauber. Das Ergebnis im Z-Bereich sei eine „gute Grundlage, um unsere erfolgreiche Arbeit fortzusetzen“. Man habe bewusst auf aggressiven Wahlkampf verzichtet und sei zur Zusammenarbeit bereit. „Die Ausgrenzung durch die IG Metall, wie sie die letzten vier Jahre stattgefunden hat, werden wir künftig aber nicht mehr akzeptieren“, so Stauber.
CGM-Geschäftsführer David Neumann sagte, dass man angesichts niedriger Erwartungen zufrieden sei. Man wolle nach vorne blicken und sich aus möglichen internen Streitigkeiten im Betriebsrat heraushalten. Mahmut Tobrak, künftig Einzelkämpfer für die Liste „Faire Arbeit“, gab zu, dass er mehr Stimmen erwartet habe. Die Nachrichten zu Erfolgsbeteiligung und Überstundenprämie kurz vor der Wahl hätten geschadet. Die Gruppe werde sich aber nun nicht wieder auflösen. „Jeder fängt mal klein an“, so Tobrak.
Auch ZF-Personalvorstand Jürgen Holeksa äußerte sich zur Wahl: „Vom neu gewählten Betriebsratsgremium erhoffen wir uns, dass alle Betriebsratsmitglieder konstruktiv zusammenarbeiten – untereinander, aber auch mit der Arbeitgeberseite .“Man müsse den Transformationsprozess der Automobilindustrie am Konzernsitz gut gestalten sowie Wettbewerbsfähigkeit und „möglichst viele zukunftssichere Arbeitsplätze erhalten. Dazu brauchen wir eine kompetente und engagierte Arbeitnehmervertretung.“
Am Freitag, 23. März, werden die beiden neuen Betriebsräte zum ersten Mal zusammentreten. Es sei nicht sicher, dass die Listenführer der IG Metall (Achim Dietrich für N und Franz-Josef Müller für Z) auch zu Vorsitzenden gewählt werden, hieß es seitens der Gewerkschaft. Über die künftige Aufteilung der Arbeit müsse man noch sprechen.
Klage gegen neue Struktur
Über dem Wahlausgang hängt ein Damoklesschwert. Die CGM hat Klage gegen die Aufteilung auf zwei Räte eingereicht. Vor allem das geplante Gremium über den beiden missfällt der kleinen Gewerkschaft. Der Ausgang des Verfahrens, das noch viele Monate dauern kann, scheint völlig offen.
Unabhängig von Strukturfragen müsse man die wichtigen Themen anpacken, sagte Achim Dietrich. Dazu gehörten: Standortsicherung mit Leben füllen, mehr Investitionsentscheidungen und Produkte für Friedrichshafen, die richtige Antwort auf den Wegfall von MAN-Aufträge ab 2020 und eine Überarbeitung der Ausbildung am Standort.
„Die meisten wissen, dass wir ehrliche und anständige Arbeit machen.“
ZF-Betriebsratschef Achim Dietrich