Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Taktik und Halbwahrheiten“contra „Behauptungen und Spekulationen“
Nicht nur das Einheimischenmodell sorgt im Zusammenhang mit der Bebauung am Mooser Weg für hitzige Diskussionen
LANGENARGEN - Gegner und Befürworter einer Bebauung am Mooser Weg schenken sich im Vorfeld des Bürgerentscheids am kommenden Sonntag nicht viel. Während zum Beispiel die Bürgerinitiative (BI) der anderen Seite vorwirft mit „Taktik, Fehlinformationen und Halbwahrheiten“zu arbeiten, werden andersrum „Behauptungen und Spekulationen“beklagt. Ein Punkt, den die BI den Befürwortern vorwirft und der tatsächlich nicht einfach ist: Der Slogan „Nur für Langenargener“sei nach EU-Recht unzulässig.
Das Einheimischenmodell:
Nur für Langenargener sind den Gemeinderäten von CDU, Freien Wählern und dem fraktionslosen Hans-Günther Moser zufolge die geplanten Bauplätze und Mietwohnungen gedacht. Die Vergabe soll nach einem Kriterienkatalog (Stichworte: Kinder, ehrenamtliches Engagement) erfolgen, wie zum Beispiel 2005 im Baugebiet Gräbenen V. Das Problem: Inzwischen gibt es eine EU-Verordnung, die besagt, dass ein Einheimischenmodell nicht dazu führen darf, dass Auswärtige völlig ausgeschlossen werden. „Folglich erscheint es nicht legitim, damit zu werben“, heißt es in einer Pressemitteilung der BI.
Wie Robert Schwarz, Sprecher des Landratsamtes Bodenseekreis, auf SZ-Anfrage mitteilt, habe sich Deutschland mit der EU auf diverse Auswahlkriterien geeinigt. Demnach könne „der Erwerb angemessenen Wohnraums durch einkommensschwache und weniger begüterte Personen der ortsansässigen Bevölkerung“Gegenstand von städtebaulichen Verträgen sein.
Die Baubefürworter waren von der EU-Richtlinie, die auch bei der Infoveranstaltung im Münzhof (siehe oben) Thema war, offensichtlich überrascht. „Wir wollen den Katalog von Gräbenen V wieder verwenden“, erklärte CDU-Gemeinderat Bernd Kleiser. Wenn sich geltendes Recht verändert habe, müssten die Kriterien angepasst werden.
Das Parallelverfahren:
Ein weiterer Vorwurf der BI lautet, die Gemeindeverwaltung habe sich nicht darum bemüht, alternative Baugebiete zu entwickeln. Die Entgegnung: „Wir würden gerne mit Gräbenen VI loslegen. Das Gebiet wird auch kommen, aber wir können es erst mit einem Bebauungsplan belegen, wenn der neue Flächennutzungsplan rechtskräftig ist“, sagte CDU-Fraktionschef Ralph Seubert. Die Gemeinde warte seit 2007 auf die Fortschreibung dieses Flächennutzungsplans. Deshalb mache es auch keinen Sinn, schon jetzt mit Grundstücksbesitzern zu sprechen, die ihre Flächen sicher nicht zu einem landwirtschaftlichen Preis verkaufen wollten.
Um nicht abwarten zu müssen und einen Bebauungsplan parallel entwickeln zu können, sei das sogenannte Parallelverfahren gemacht, wirft die Bürgerinitiative ein und zitiert das Baugesetzbuch: „Der Bebauungsplan kann vor dem Flächennutzungsplan bekannt gemacht werden, wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der Bebauungsplan aus den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt sein wird.“
Dazu erklärte Ralph Seubert: Das Parallelverfahren sei ein reiner Ausnahmefall, der nur dann denkbar wäre, „wenn der Flächennutzungsplan und der Bebauungsplan im Gleichklang entwickelt werden kann“. Davon sei Langenargen jedoch meilenweit entfernt, allein wegen der vielen Einwendungen, die es auch vonseiten der Naturschützer schon jetzt gegen Gräbenen VI gebe.
Das Landschaftsschutzgebiet:
Laut Baubefürwortern soll nur die Wiese am Mooser Weg bebaut werden. Für die 50 000 Quadratmeter der „Höhe“, die dahinter liegen, gebe es keine Pläne. Diese Fläche könne auch nicht bebaut werden, weil sie seit 2017 zum Landschaftsschutzgebiet Tettnanger Wald gehört. „Naturschutz und Artenvielfalt haben für uns eine hohe Priorität“, sagte der fraktionslose Gemeinderat Hans-Günther Moser (Grüne) Deshalb seien nur zehn Prozent der „Höhe“für Menschen gedacht, 90 Prozent der Fläche verblieben für die Natur, Flora und Fauna.
Die BI, die sich vor allem aus Naturschützern und Anwohnern zusammensetzt, ist überzeugt: Das Landschaftsschutzgebiet schütze nicht vor weiterer Bebauung. Robert Schwarz vom Landratsamt schreibt: Der Großteil der „Höhe“befinde sich im Landschaftsschutzgebiet und sei Segment des Vernetzungskorridors zwischen Hinterland und Bodenseeufer: „Hier darf in der Regel nicht gebaut werden.“