Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
40 Minuten unter Lawine: Frau unverletzt
37-Jährige war mit Skilehrer abseits der Pisten unterwegs – Keine Sicherheitsausrüstung
KLEINWALSERTAL - Riesenglück hat eine 37 Jahre alte Skifahrerin aus Baden-Württemberg gehabt, die am Donnerstagmittag im Ifengebiet von einem Schneebrett verschüttet wurde. Sie konnte nach 40 Minuten unverletzt aus den Schneemassen befreit werden. Die Frau lag eineinhalb Meter unter der Schneeoberfläche und war lediglich leicht unterkühlt.
Die Skifahrerin war laut Vorarlberger Polizei in Begleitung eines 63 Jahre alten Skilehrers aus dem Allgäu zunächst auf den gesicherten Pisten am Ifen unterwegs. Gegen Mittag entschlossen sie sich, das gesicherte Skigebiet zu verlassen und über Schneiderküren/Schmalzboden nach Hirschegg im Kleinwalsertal abzufahren. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Lawinengefahr mit Stufe drei („erheblich“) angegeben. „Der Schnee war nordseitig noch pulvrig“, schilderte ein Polizeisprecher. Weder der Skilehrer noch die Frau hätten die entsprechende Sicherheitsausrüstung für Fahrten abseits der gesicherten Pisten bei sich gehabt, sagte er.
Hilfe aus der Luft
Im mittleren Bereich der Variantenabfahrt löste sich ein etwa 15 Meter breites Schneebrett, als der Skilehrer in einen Steilhang fuhr. Die nachfolgende 37-Jährige wurde von den Schneemassen erfasst, mitgerissen und verschüttet. Der Skilehrer setzte sofort einen Notruf ab.
Mitglieder einer nachfolgenden Skifahrer-Gruppe begannen umgehend, die Verschüttete zu suchen. Wenig später brachten die beiden Hubschrauber „Gallus I“und „Libelle“Bergretter zur Unglücksstelle. Sie sondierten den Lawinenkegel, orteten schließlich die Wintersportlerin und gruben sie aus. Die Frau sei in der Lawine durch den Schneedruck in eine Art Kauerstellung gedrückt worden, teilte die Kleinwalsertaler Polizei mit. „Sie war ansprechbar und blieb durch glückliche Umstände nahezu unverletzt“, schilderte ein Polizist. Mit einer leichten Unterkühlung wurde sie zur Beobachtung ins Immenstädter Krankenhaus geflogen. Laut Polizeibericht muss der Skilehrer mit einer Anzeige wegen „Gefährdung der körperlichen Sicherheit“rechnen. Die Frau habe gleich zweimal hintereinander großes Glück gehabt, sagte ein Polizeisprecher: Zuerst habe sie 40 Minuten unter der Lawine überlebt und dann sei es den Rettern gelungen, sie in relativ kurzer Zeit in den Schneemassen zu orten.
Die statistische Überlebenswahrscheinlichkeit eines vollständig verschütteten Lawinenopfers liegt in den ersten 15 Minuten noch bei über 50 Prozent. Doch zwischen 15 und 35 Minuten tritt der „tödliche Knick“der Überlebenswahrscheinlichkeit ein. Wenn ein Verschütteter nicht eine ausreichend große Atemhöhle vor dem Gesicht hat, erstickt er nach einer halben Stunde mit mehr als 80prozentiger Wahrscheinlichkeit. Deswegen wird beispielsweise in Ausbildungskursen gelehrt, sich als Verschütteter mit den Händen vor Mund und Nase bei Stillstand der Lawine einen möglichst großen Hohlraum zu schaffen. Generell gilt, dass Skifahrer abseits der gesicherten Pisten nur mit der entsprechenden Sicherheitsausrüstung unterwegs sein sollten. Dazu gehören Lawinen-Verschütteten-Such (LVS)-Gerät, eine klein zusammenlegbare Sonde und eine Schaufel zum Ausgraben.
Bergführer empfiehlt Training
„Die beste Ausrüstung nutzt aber nichts, wenn man nicht damit umgehen kann“, sagt der Lawinenexperte Bernd Zehetleitner aus dem Oberallgäuer Burgberg. Der Bergführer rät Freeridern sowie Skitouren- und Schneeschuhgehern, den Umgang mit den Rettungsgeräten regelmäßig zu trainieren. Recco-Reflektoren (ein Paar kostet 25 Euro) gehören ebenfalls zur Sicherheitsausrüstung. Häufig sind sie schon in der Skibekleidung eingearbeitet. Damit können Verschüttete aber nur von professionellen Helfern mit speziellen Detektoren geortet werden.