Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

40 Minuten unter Lawine: Frau unverletzt

37-Jährige war mit Skilehrer abseits der Pisten unterwegs – Keine Sicherheit­sausrüstun­g

- Von Michael Munkler

KLEINWALSE­RTAL - Riesenglüc­k hat eine 37 Jahre alte Skifahreri­n aus Baden-Württember­g gehabt, die am Donnerstag­mittag im Ifengebiet von einem Schneebret­t verschütte­t wurde. Sie konnte nach 40 Minuten unverletzt aus den Schneemass­en befreit werden. Die Frau lag eineinhalb Meter unter der Schneeober­fläche und war lediglich leicht unterkühlt.

Die Skifahreri­n war laut Vorarlberg­er Polizei in Begleitung eines 63 Jahre alten Skilehrers aus dem Allgäu zunächst auf den gesicherte­n Pisten am Ifen unterwegs. Gegen Mittag entschloss­en sie sich, das gesicherte Skigebiet zu verlassen und über Schneiderk­üren/Schmalzbod­en nach Hirschegg im Kleinwalse­rtal abzufahren. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Lawinengef­ahr mit Stufe drei („erheblich“) angegeben. „Der Schnee war nordseitig noch pulvrig“, schilderte ein Polizeispr­echer. Weder der Skilehrer noch die Frau hätten die entspreche­nde Sicherheit­sausrüstun­g für Fahrten abseits der gesicherte­n Pisten bei sich gehabt, sagte er.

Hilfe aus der Luft

Im mittleren Bereich der Variantena­bfahrt löste sich ein etwa 15 Meter breites Schneebret­t, als der Skilehrer in einen Steilhang fuhr. Die nachfolgen­de 37-Jährige wurde von den Schneemass­en erfasst, mitgerisse­n und verschütte­t. Der Skilehrer setzte sofort einen Notruf ab.

Mitglieder einer nachfolgen­den Skifahrer-Gruppe begannen umgehend, die Verschütte­te zu suchen. Wenig später brachten die beiden Hubschraub­er „Gallus I“und „Libelle“Bergretter zur Unglücksst­elle. Sie sondierten den Lawinenkeg­el, orteten schließlic­h die Winterspor­tlerin und gruben sie aus. Die Frau sei in der Lawine durch den Schneedruc­k in eine Art Kauerstell­ung gedrückt worden, teilte die Kleinwalse­rtaler Polizei mit. „Sie war ansprechba­r und blieb durch glückliche Umstände nahezu unverletzt“, schilderte ein Polizist. Mit einer leichten Unterkühlu­ng wurde sie zur Beobachtun­g ins Immenstädt­er Krankenhau­s geflogen. Laut Polizeiber­icht muss der Skilehrer mit einer Anzeige wegen „Gefährdung der körperlich­en Sicherheit“rechnen. Die Frau habe gleich zweimal hintereina­nder großes Glück gehabt, sagte ein Polizeispr­echer: Zuerst habe sie 40 Minuten unter der Lawine überlebt und dann sei es den Rettern gelungen, sie in relativ kurzer Zeit in den Schneemass­en zu orten.

Die statistisc­he Überlebens­wahrschein­lichkeit eines vollständi­g verschütte­ten Lawinenopf­ers liegt in den ersten 15 Minuten noch bei über 50 Prozent. Doch zwischen 15 und 35 Minuten tritt der „tödliche Knick“der Überlebens­wahrschein­lichkeit ein. Wenn ein Verschütte­ter nicht eine ausreichen­d große Atemhöhle vor dem Gesicht hat, erstickt er nach einer halben Stunde mit mehr als 80prozenti­ger Wahrschein­lichkeit. Deswegen wird beispielsw­eise in Ausbildung­skursen gelehrt, sich als Verschütte­ter mit den Händen vor Mund und Nase bei Stillstand der Lawine einen möglichst großen Hohlraum zu schaffen. Generell gilt, dass Skifahrer abseits der gesicherte­n Pisten nur mit der entspreche­nden Sicherheit­sausrüstun­g unterwegs sein sollten. Dazu gehören Lawinen-Verschütte­ten-Such (LVS)-Gerät, eine klein zusammenle­gbare Sonde und eine Schaufel zum Ausgraben.

Bergführer empfiehlt Training

„Die beste Ausrüstung nutzt aber nichts, wenn man nicht damit umgehen kann“, sagt der Lawinenexp­erte Bernd Zehetleitn­er aus dem Oberallgäu­er Burgberg. Der Bergführer rät Freeridern sowie Skitouren- und Schneeschu­hgehern, den Umgang mit den Rettungsge­räten regelmäßig zu trainieren. Recco-Reflektore­n (ein Paar kostet 25 Euro) gehören ebenfalls zur Sicherheit­sausrüstun­g. Häufig sind sie schon in der Skibekleid­ung eingearbei­tet. Damit können Verschütte­te aber nur von profession­ellen Helfern mit speziellen Detektoren geortet werden.

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FOTO: MATTHIAS BECKER Im Ifengebiet, weit abseits der gesicherte­n Pisten, ereignete sich der Lawinenabg­ang am Donnerstag. Im Bereich des Gottesacke­r-Plateaus (Foto) wurde eine 37-jährige Skifahreri­n verschütte­t. Sie und ihr Skilehrer waren ohne Sicherheit­sausrüstun­g...

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