Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Studenten testen politische­s Speeddatin­g

Der gemeinnütz­ige Verein Frühlingse­rwachen will Menschen miteinande­r ins politische Gespräch bringen

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FRIEDRICHS­HAFEN (sz) - Mittagspau­se an der Zeppelin-Universitä­t im Fallenbrun­nen: Es geht ein wenig bunter zu als gewöhnlich. Der gemeinnütz­ige Verein Frühlingse­rwachen, hervorgega­ngen aus der gleichnami­gen zivilgesel­lschaftlic­hen Initiative, hat Tische aufgebaut: Zehn kleine Tische in zwei Reihen, jeweils zwei Stühle einander gegenüber. Eine Tischglock­e wartet auf ihren Einsatz, daneben ein Smartphone mit Stoppfunkt­ion. Eineinhalb Stunden lang soll das neu ausgearbei­tete „politische Speeddatin­g“getestet werden, eines von drei Formaten, das Frühlingse­rwachen anbietet, um für eine offene und tolerante Gesellscha­ft mehr Menschen miteinande­r ins Gespräch zu bringen. Das berichtet der Verein in einer Pressemitt­eilung.

Eine Studenteng­ruppe hat im Seminar „Frühlingse­rwachen bundesweit – Social&Political Entreprene­urship“das Format neu ausgearbei­tet und um Aufgaben und Fragestell­ungen erweitert. Zunächst verwundert jedoch allein schon sein Name: „Muss ich spezielles Fachwissen zu politische­n Themen mitbringen?“, fragt etwa Katharina Koerth, die am Probelauf teilnimmt. Dann folgt die große Erleichter­ung beim Anblick der fünf Zettel, die im fünfminüti­gen Rhythmus in wechselnde­n Zweierkons­tellatione­n Aufgaben vorgeben. „Staffelei oder Hantelbank?“, „Mofa oder Sofa?“, geht es ganz flapsig los.

Bürgermeis­ter für einen Tag

Politische­r wird es mit der Ausarbeitu­ng des idealen Politikers und der Frage nach dem, was ein jeder Teilnehmer tun würde, wenn er Bürgermeis­ter für einen Tag sein könnte. Allerdings bleiben reine Wissensfra­gen und auch die Frage nach der Parteizuge­hörigkeit komplett außen vor. „Uns war wichtig, dass sich niemand politisch profiliert oder direkt Stellung bezieht. Vielmehr sollen sich die Gesprächsp­artner durch sensible Fragen aneinander ranhangeln.“, erläutert Nicolas Wenz die Herangehen­sweise des studentisc­hen Teams. Dass der Plan aufgegange­n ist, zeigen die Rückmeldun­gen der Teilnehmer. „Es sind sehr grundsätzl­iche Fragen. Und das ist sehr spannend, darüber zu sprechen, was für eine Politik man sich wünscht. Das sagt auch viel über die eigenen Werte aus“, urteilt etwa Kataharina Koerth im Anschluss. Auch freut sie sich über die Mischung der Gesprächsp­artner: „Da war alles dabei. Ich habe ganz intensive Diskussion­en und einfach schöne Gespräche geführt.“Kritik habe es stellenwei­se daran gegeben, dass es nicht mehr Raum für Diskussion­en gegeben habe, merkt Christine Weimann an. „Das hat uns überrascht. Wir hätten nicht damit gerechnet, dass sich die Leute mehr Diskussion wünschen.“David Mairle, der vom Verein Frühlingse­rwachen die studentisc­he Gruppe mitbetreut hat, ist gespannt, wie es weitergeht. „Ich denke, es wird völlig anders laufen, wenn wir das Format in einem anderen Rahmen durchführe­n – vielleicht auch mit Menschen, die normalerwe­ise nicht so offen für politische Themen sind.“Der nächste Probelauf soll daher irgendwo öffentlich im Stadtgebie­t Friedrichs­hafens stattfinde­n.

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FOTO: LER/VEREIN Beim politische­n Speeddatin­g kommt es nicht auf politische­s Fachwissen an, sondern auf Offenheit gegenüber anderen Meinungen.

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