Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Keine leichte Kost: Liebe dein Fleisch
Theater AG des Bismarck-Gymnasiums Karlsruhe mit einer Moritat, die an die Haut geht
FRIEDRICHSHAFEN - Die Jubiläumsfeier des Schweinbarons Kurt Neuburg wird zum Schauplatz von Missgunst, Macht, Lust und Ekel. Eine provozierende Eigenproduktion der Schüler der Theater AG des Bismarck-Gymnasiums Karlsruhe über Massentierhaltung, Schönheitswahn und Machtmissbrauch. Im szenischen Spiel enthüllen die Gäste der Jubiläumsfeier ihr wahres „Ich“auf der Bühne der Bodensee-Schule während der Theatertage am See.
Das war keine leicht verdauliche Kost. „Je weniger die Leute davon wissen, wie Würste und Gesetze gemacht werden, desto besser schlafen sie“, zitieren die Darsteller den Namensgeber ihrer Schule. Dabei läuft doch alles bestens bei der 50-JahreJubiläumsfeier des Schweinebarons, der Leute mit Rang und Namen eingeladen hat: Politiker, Künstler, Journalisten. Doch zwischen Sekt und Häppchen offenbaren sich die wahren Gelüste der Individuen. Die Tochter des Hauses schließt sich einer Gruppe militanter Veganer an, um den Kampf für die Würde des Schweins. Schlachtzahlen und unwürdige Haltungsbedingungen des Schweinebarons werden offenbart, die den realen Haltungsmethoden der Gegenwart entsprechen.
Maße des Schönheitsideals
Die Ehefrau macht zunächst noch gute Miene zum bösen Spiel, aber auch ihr Fleisch steht unter Beschau und das entspricht nicht den Maßen des Schönheitsideals. Ein bisschen Fettabsaugen hier, die Brust an den richtigen Stellen vergrößert und der schlaffe Po muss auch noch in Form gebracht werden, sagt die anwesende Schönheitschirurgin und pflückt stückchenweise das Selbstvertrauen ihres Gegenübers auseinander. Der Künstler hingegen bekennt, dass er seine sexuellen Triebe nur genussvoll mit Hackfleisch ausleben kann, und der Schweinebaron wird der Steuerhinterziehung und des Mordes entlarvt. Denn hier regieren Macht und Geld die Welt. Den Schülern ist eine eindringliche Moritat um das Thema Fleisch gelungen. Sie spielen und besingen die einzelnen Szenen, wie es der Bänkelsänger einer Moritat tut. Eine szenische Aufführung, die im Zusammenhang steht und sich der Medien Ton, Text und Bild bedient. Die Schüler warten mit eindrucksvollen Texten und Bildern auf, unterstreichen das mit passenden Liedern und scheuen sich nicht das Publikum an ihre emotionalen Grenzen zu führen. Die Darsteller haben die Texte selbst geschrieben, darin sind Beiträge aus Internetforen, Manifesten und Infobroschüren eingeflossen.