Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Aufgespießt
Und wie war er so? Die Frage musste der Spießgeselle, der der ZF-Bilanz-Pressekonferenz beiwohnen und damit den ersten großen öffentlichen Auftritt des neuen Konzernchefs Wolf-Henning Scheider verfolgen durfte, öfter beantworten. Und wie fiel die Antwort aus? Nüchtern, konzentriert, fokussiert, schon ziemlich gut informiert. Kein Dampfplauderer, keiner der mit kühnen Visionen an den vorderen Rand der Bühne drängt. Dafür hat Scheider sehr glaubhaft den Eindruck vermittelt, dass er trotz der kurzen Zeit schon angekommen ist bei der ZF. Dass der 55-Jährige die Branche kennt, steht außer Zweifel. Dass ihm den Kontakt auch zur Basis des Unternehmens wichtig ist, hat er zumindest als Mahle-Chef gezeigt. Sieht so aus, als ob Scheider und ZF gut zusammenpassen. Da fügt es sich ins Bild, dass der Vater dreier erwachsener Söhne schon ein Haus in Friedrichshafen gekauft hat.
Bereits zum zweiten Mal hintereinander hat das Bilanzgespräch mit Journalisten am See stattgefunden, nicht wie früher in Stuttgart. Vergangenes Jahr lockte man die Kollegen aus den Großstädten mit dem neuen Forum, diesmal mit dem neuen Chef. Die Spießgesellen hätten nichts dagegen, wenn die Veranstaltung künftig auch ohne besonderen Anlass in Friedrichshafen stattfände. Nicht dass wir nicht gern in die Landeshauptstadt reisten, aber ZF ist – bildlich gesprochen – doch mittlerweile ein so selbstbewusster und wichtiger Berg, dass die Propheten sicher gern zu ihm kommen.
Pleiten, Pech und vor allem Pannen sind die Kunden der Bahn auf der Bodenseegürtelbahn ja gewöhnt. Ab heute hätte eigentlich ein erweitertes Fahrplanangebot greifen sollen mit zusätzlichen Triebwagen und neuen Verbindungen zwischen Radolfzell und Lindau, aber Pustekuchen, nix war’s. Da kam die Baustelle in Fischbach dazwischen. Anstelle von mehr Komfort in den Zügen gibt es jetzt erst mal eine Vollsperrung und Schienenersatzverkehr. Jetzt kommen die Neuerungen erst nach Ostern. Wichtig ist, dass sie überhaupt kommen, meinen die Spießgesellen. Diese etwas peinliche Verschiebung hätte man sich aber sparen können, denn die Baustelle war sicher schon seit Monaten geplant. Ü brigens: Dass jetzt Triebwagen der Serie VT628 zwischen Friedrichshafen und Lindau eingesetzt werden, sagt einiges über den Zustand des ÖPNV bei uns. Diese über 40 Jahre alten Züge sind nicht barrierefrei zugänglich, Frauen mit Kinderwagen oder Menschen mit Handicap werden sich über den Rückschritt zum Regioshuttle, der jetzt zwischen Radolfzell und Friedrichshafen gebraucht wird, sicher nicht freuen.
Gefreut haben sich alle, die zur IBO-Opening-Night geladen waren. Tolle Veranstaltung, tolle Show, viele Begegnungen. Kleiner Tipp fürs nächste Jahr: Bisschen weniger Gespräche auf der Bühne, dann bleibt mehr Zeit für die viel spannenderen Gespräche danach.