Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Bürgermeister: „Das ist eine Frechheit“
Freie Wähler wollen Wirtschaftsförderung stärken – Georg Riedmann weist Kritik zurück
MARKDORF - Mehr Wirtschaftsförderung, mehr Stadtentwicklung, mehr neue Ideen: Wenn es nach der Fraktion der Freien Wähler im Gemeinderat Markdorf geht, könnte sich die Stadt neben ihren Pflichtaufgaben stärker ihrer freiwilligen Aufgaben annehmen. Einen entsprechenden Vorschlag hat Jens Neumann im Namen der Fraktion in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats vorgetragen. Er regte an, eine Projektgruppe zu gründen, die sich mit großen und kleinen Themen befassen könnte. Vor allem beim Punkt Wirtschaftsförderung reagierte Bürgermeister Georg Riedmann gereizt. Die Aussage, sie finde faktisch gar nicht statt, sei eine „Frechheit“.
„Markdorf hat viel Geld investiert, aber überwiegend Pflichtaufgaben erfüllt“, sagte Jens Neumann. „Uns fehlt das Engagement für freiwillige Aufgaben.“Als Beispiel nannte er die Wirtschaftsförderung. Sie finde in Markdorf faktisch gar nicht statt. Vielleicht müsse man auf den ein oder anderen zugehen. Auch im Bereich der Gastronomie – Stichwort Kneipensterben – bestehe Handlungsbedarf.
Neumann thematisierte auch Leerstände in der Innenstadt und kritisierte, dass Markdorf den Kontakt zu Einzelhändlern zu wenig pflege. „Es gibt Einzelhändler, die sagen, dass die Stadt noch nie Kontakt zu ihnen aufgenommen hat“, sagte er. Darüber hinaus könne man sich Gedanken darüber machen, wie der Einzelhandel gegenüber Onlinehändlern geschützt werden könne. In diesem Bereich sei Ravensburg sehr aktiv. Auch für den Tourismus könne Markdorf attraktiver zu werden.
Ideensammlung für die künftige Stadtentwicklung
Genauso könne in Bezug auf die Stadtentwicklung mehr getan werden, sagte Neumann. Die weitere Nutzung des Rathausareals einschließlich des ehemaligen Gasthauses Adler und des Marktplatzes solle „ein größerer Wurf“werden. Dabei stelle sich beispielsweise die Frage, ob die Stadt es unterstützen wolle, dass sich wieder ein Hotel in der Innenstadt ansiedelt. „Wir sollten jetzt schon eine Ideensammlung anlegen“, sagte er.
Neben solch großen Aufgaben gibt es viele kleinere Projekte und Entwicklungen, die die Freien Wähler gerne angehen würden. Neumann nannte die Innenstadtmöblilierung, die immer wieder im Gemeinderat angesprochen wird. Doch auch das Geld, das der Verein zur Erhaltung von Kulturdenkmälern bei seiner Auflösung an die Stadt übergab, sei noch nicht seinem Zweck zugeführt worden. Der Verein hatte das Geld dafür bestimmt, Straßenschilder mit Erklärungen zu den Straßennamen zu versehen. „Das Geld ist da, aber es ist noch nicht angepackt worden“, sagte Neumann. „Das sind Kleinigkeiten, die seit Jahren auf Eis liegen, eine Stadt aber sympathisch machen würden.“In einer Projektgruppe könnten all diese Punkte gebündelt und besprochen werden.
Bürgermeister Georg Riedmann zeigte sich irritiert vom Vorstoß der Freien Wähler. Er ärgerte sich vor allem über die Aussage, Wirtschaftsförderung finde kaum statt. Diese Behauptung sei eine „Frechheit“, sagte er. Markdorf stehe in dauerndem, intensivem Austausch mit Unternehmern. Außerdem sei die Stadt mit Markdorf Marketing hervorragend aufgestellt, was etwa Leerstandsmanagement betreffe. „Warum sollte man ein neues Gefäß aufmachen, um über diese Themen zu sprechen?“, fragte er. Einige der angesprochenen Punkte gehörten jedoch durchaus auf die Agenda oder würden bereits bei Markdorf Marketing bearbeitet.
Uwe Achilles (SPD) betonte, dass im Haushalt der Stadt viele Posten enthalten sind, die nicht zu den Pflichtaufgaben gehören, beispielsweise bei der Kinderbetreuung. Markdorf habe einen hohen, lebenswerten Standard erreicht. „Viele der angesprochenen Punkte funktionieren gut“, sagte er. Als positives Beispiel könne das Stadtjubiläum im vergangenen Jahr genannt werden, bei dem sich Markdorf positiv präsentiert habe. Christiane Oßwald (Umweltgruppe) schlug vor, die Taktung der Treffen bei Markdorf Marketing zu erhöhen, lehnte aber eine neue Projektgruppe ab.
Auf welche Weise in Markdorf Wirtschaftsförderung betrieben wird und ob nachgebessert werden muss, erläutert Lucie Fieber, Geschäftsführerin von Markdorf Marketing, in einer der nächsten Ausgaben.