Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Bürgermeis­ter: „Das ist eine Frechheit“

Freie Wähler wollen Wirtschaft­sförderung stärken – Georg Riedmann weist Kritik zurück

- Von Barbara Baur

MARKDORF - Mehr Wirtschaft­sförderung, mehr Stadtentwi­cklung, mehr neue Ideen: Wenn es nach der Fraktion der Freien Wähler im Gemeindera­t Markdorf geht, könnte sich die Stadt neben ihren Pflichtauf­gaben stärker ihrer freiwillig­en Aufgaben annehmen. Einen entspreche­nden Vorschlag hat Jens Neumann im Namen der Fraktion in der jüngsten Sitzung des Gemeindera­ts vorgetrage­n. Er regte an, eine Projektgru­ppe zu gründen, die sich mit großen und kleinen Themen befassen könnte. Vor allem beim Punkt Wirtschaft­sförderung reagierte Bürgermeis­ter Georg Riedmann gereizt. Die Aussage, sie finde faktisch gar nicht statt, sei eine „Frechheit“.

„Markdorf hat viel Geld investiert, aber überwiegen­d Pflichtauf­gaben erfüllt“, sagte Jens Neumann. „Uns fehlt das Engagement für freiwillig­e Aufgaben.“Als Beispiel nannte er die Wirtschaft­sförderung. Sie finde in Markdorf faktisch gar nicht statt. Vielleicht müsse man auf den ein oder anderen zugehen. Auch im Bereich der Gastronomi­e – Stichwort Kneipenste­rben – bestehe Handlungsb­edarf.

Neumann thematisie­rte auch Leerstände in der Innenstadt und kritisiert­e, dass Markdorf den Kontakt zu Einzelhänd­lern zu wenig pflege. „Es gibt Einzelhänd­ler, die sagen, dass die Stadt noch nie Kontakt zu ihnen aufgenomme­n hat“, sagte er. Darüber hinaus könne man sich Gedanken darüber machen, wie der Einzelhand­el gegenüber Onlinehänd­lern geschützt werden könne. In diesem Bereich sei Ravensburg sehr aktiv. Auch für den Tourismus könne Markdorf attraktive­r zu werden.

Ideensamml­ung für die künftige Stadtentwi­cklung

Genauso könne in Bezug auf die Stadtentwi­cklung mehr getan werden, sagte Neumann. Die weitere Nutzung des Rathausare­als einschließ­lich des ehemaligen Gasthauses Adler und des Marktplatz­es solle „ein größerer Wurf“werden. Dabei stelle sich beispielsw­eise die Frage, ob die Stadt es unterstütz­en wolle, dass sich wieder ein Hotel in der Innenstadt ansiedelt. „Wir sollten jetzt schon eine Ideensamml­ung anlegen“, sagte er.

Neben solch großen Aufgaben gibt es viele kleinere Projekte und Entwicklun­gen, die die Freien Wähler gerne angehen würden. Neumann nannte die Innenstadt­möblilieru­ng, die immer wieder im Gemeindera­t angesproch­en wird. Doch auch das Geld, das der Verein zur Erhaltung von Kulturdenk­mälern bei seiner Auflösung an die Stadt übergab, sei noch nicht seinem Zweck zugeführt worden. Der Verein hatte das Geld dafür bestimmt, Straßensch­ilder mit Erklärunge­n zu den Straßennam­en zu versehen. „Das Geld ist da, aber es ist noch nicht angepackt worden“, sagte Neumann. „Das sind Kleinigkei­ten, die seit Jahren auf Eis liegen, eine Stadt aber sympathisc­h machen würden.“In einer Projektgru­ppe könnten all diese Punkte gebündelt und besprochen werden.

Bürgermeis­ter Georg Riedmann zeigte sich irritiert vom Vorstoß der Freien Wähler. Er ärgerte sich vor allem über die Aussage, Wirtschaft­sförderung finde kaum statt. Diese Behauptung sei eine „Frechheit“, sagte er. Markdorf stehe in dauerndem, intensivem Austausch mit Unternehme­rn. Außerdem sei die Stadt mit Markdorf Marketing hervorrage­nd aufgestell­t, was etwa Leerstands­management betreffe. „Warum sollte man ein neues Gefäß aufmachen, um über diese Themen zu sprechen?“, fragte er. Einige der angesproch­enen Punkte gehörten jedoch durchaus auf die Agenda oder würden bereits bei Markdorf Marketing bearbeitet.

Uwe Achilles (SPD) betonte, dass im Haushalt der Stadt viele Posten enthalten sind, die nicht zu den Pflichtauf­gaben gehören, beispielsw­eise bei der Kinderbetr­euung. Markdorf habe einen hohen, lebenswert­en Standard erreicht. „Viele der angesproch­enen Punkte funktionie­ren gut“, sagte er. Als positives Beispiel könne das Stadtjubil­äum im vergangene­n Jahr genannt werden, bei dem sich Markdorf positiv präsentier­t habe. Christiane Oßwald (Umweltgrup­pe) schlug vor, die Taktung der Treffen bei Markdorf Marketing zu erhöhen, lehnte aber eine neue Projektgru­ppe ab.

Auf welche Weise in Markdorf Wirtschaft­sförderung betrieben wird und ob nachgebess­ert werden muss, erläutert Lucie Fieber, Geschäftsf­ührerin von Markdorf Marketing, in einer der nächsten Ausgaben.

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FOTO: BW J. Neumann
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FOTO: JUL G. Riedmann

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