Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
AfD und Netzwerk zieht’s in den Rat
Kommunalparlament wird ab 2019 wohl noch bunter – Linke denkt über Kandidatur noch nach
FRIEDRICHSHAFEN - Obwohl der Termin für die nächste Kommunalwahl noch nicht einmal offiziell feststeht, zeichnet sich heute schon ab, dass der Häfler Gemeinderat nach dem Urnengang im Frühjahr 2019 bunter wird als im Moment. Der unterlegene OB-Kandidat Philipp Fuhrmann und sein „Netzwerk für Friedrichshafen“werden antreten, die AfD ebenso. Die Linke überlegt noch. Alle drei haben durchaus Chancen auf Sitze im Rat.
Viele Jahre lang waren die Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat der Stadt Friedrichshafen klar. Der sogenannte „Bürgerliche Block“aus CDU und Freie Wähler gab eindeutig die Richtung vor. Die Zeiten sind vorbei, heute sitzen sechs Gruppierungen im Rat, es bilden sich – je nach Thema – unterschiedliche Mehrheiten. Vieles wird aber auch einstimmig verabschiedet. Im Moment – gewählt am 25. Mai 2014 – im Rat: CDU (zwölf Sitze), Freie Wähler (neun Sitze), SPD (acht), Grüne (sechs), Fraktionsgemeinschaft ÖDP/parteilos (drei), FDP (zwei).
Bereits heute wirft die nächste Kommunalwahl ihre Schatten voraus. Noch steht ihr Termin nicht fest, man darf aber davon ausgehen, dass der Urnengang zeitgleich mit der Europawahl Ende Mai 2019 stattfinden wird. Auch wenn noch fast keiner über Namen sprechen möchte: Die Parteien und Gruppierungen sind bereits dabei, Kandidaten für ihre Listen zu finden. Kein leichtes Unterfangen: Schließlich übernehme man mit einem Ratsmandat „Verantwortung für das Gemeinwohl in unserer Stadt“, sagt CDU-Fraktionschef Achim Brotzer, FW-Gemeinderätin Dagmar Hoehne verweist auf den nicht unerheblichen Zeitaufwand. Dieter Stauber, Fraktionsvorsitzender der SPD, bekennt, dass es nicht leicht sei, genügend Bewerber zu finden. Die Grünen haben eine Wahlkampfkommission gegründet, berichtet ihr Ortsvorsitzender Felix Bohnacker, die FDP hat laut Gemeinderätin Gaby Lamparsky ein erstes Arbeitstreffen absolviert. Sylvia HißPetrowitz (ÖDP) sieht auch grundsätzliches Misstrauen vieler Bürger den Parteien gegenüber als Problem.
Wer letztlich auf den Wahllisten landen wird, ist noch offen, fast alle üben sich bei dem Thema in Zurückhaltung: Einzig SPD-Chef Stauber und FDP-Frau Lamparsky sagen, sie könnten sich eine erneute Kandidatur vorstellen. Gerlinde AjiboyeAmes (FDP) wird laut ihrer Partei nicht mehr antreten. Übrigens verlangt keine der aktuell im Rat sitzenden Gruppen von Kandidaten eine formale Mitgliedschaft, wohl aber inhaltliche Nähe. Konkrete Wahlziele in Form von Prozenten oder Sitzen waren niemandem zu entlocken.
Programm für Kommunalwahlen wird vorbereitet
Klar positioniert hat sich die AfD: „Stand heute werden wir uns auf den Kreistag und die Gemeinderäte der großen Ortschaften konzentrieren. Dazu zählt demzufolge auch Friedrichshafen“, schreibt Christoph Högel, Mitglied im AfD-Kreisvorstand. Man bereite derzeit ein Kommunalwahlprogramm vor. „Wir werden sicher bei dem ein oder anderen Thema kritischer nachfragen und Gegenvorschläge einbringen“, sagt Högel über die mögliche künftige Arbeit im Gremium. „Das heißt nicht, dass wir auf Blockade setzen und immer gegen etwas sind. Wir werden jedoch kein Thema kommentarlos durchwinken.“
Davon darf man auch beim „Netzwerk für Friedrichshafen“ausgehen, das sich um den unterlegenen OBKandidaten Philipp Fuhrmann gebildet hat. Die Kandidatur für den Gemeinderat sei beschlossene Sache, Fraktionsstärke (also drei Sitze) das Ziel. Man könne aber auch gut und gern zur stärksten Gruppe im Rat werden, schiebt Fuhrmann hinterher, „wenn es gut läuft“. Fuhrmann, der selbst Mitglied der Grünen ist, glaubt nicht, dass das Netzwerk, das sich unter anderem für den Erhalt der Reste des historischen Stadtbilds und Nachhaltigkeit starkmacht, nur im alternativen Lager fischt. „Ich glaube, wir sind parteiübergreifend und machen eine im besten Sinne konservative Politik“, so Fuhrmann.
Die Linke hat noch nicht entschieden, ob sie erneut für den Häfler Gemeinderat kandidiert. 2014 hatte sie ein Mandat geholt. Ihr Rat Josef Mayer hat sich aber schnell mit der Partei politisch überworfen und sich als Parteiloser der ÖDP angeschlossen. Wie AfD und Netzwerk hätte auch die Linke realistische Chancen auf einen erneuten Sitz im 40-köpfigen Gremium, weil bei Kommunalwahlen keine Fünf-Prozent-Hürde gilt.
Die mögliche Konkurrenz von Rechts, Bunt und Links kommentieren die etablierten Gruppen im Rat sehr zurückhaltend. Die Kommunalwahl sei vor allem eine Persönlichkeitswahl, so lautet der Tenor, der Wähler habe das letzte Wort. Nur beim Thema AfD wird SPD-Rat Stauber deutlich: „Es wäre für mich nur schwer erträglich, wenn eine fremdenfeindliche und populistische Partei, die Holocaust-Leugner in ihrer Partei duldet, ein Mandat bekommen würde.“