Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Armer Kerl
Macht Geld glücklich? Nur wenige Fragen beschäftigen die Menschen so sehr wie diese. Der Autor Marcel Reich-Ranicki trug die Antwort ja schon im Namen, entsprechend klug sagte er: „Geld allein macht nicht glücklich, aber es ist besser, in einem Taxi zu weinen als in der Straßenbahn.“Auch Oscar Wilde wusste: „Als ich klein war, glaubte ich, Geld sei das Wichtigste im Leben. Heute, da ich alt bin, weiß ich: Es stimmt.“Und Regisseur Herbert Achternbusch stellte fest: „Das schöne Gefühl, Geld zu haben, ist nicht so intensiv wie das Scheißgefühl, kein Geld zu haben.“Wie auch immer, fest steht, dass das Geld anderer einen unglücklich macht. Das legt zumindest der Fall von VW-Chef Matthias Müller nahe, der seinen Chefposten nach nur zweieinhalb Jahren räumen muss. Prompt titelt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“in ihrer Online-Ausgabe: „Müller winken 2900 Euro Rente – täglich“. Womit die Neiddebatte eröffnet ist.
Aber wird Müller mit so viel Geld wirklich glücklich? Erst mal wird er an seinen Vorgänger Martin Winterkorn denken. Der, so heißt es, bekommt seit seinem Rauswurf eine Rente von – 3100 Euro. Womit sich bei Müller das Gefühl einstellen muss, er sei ein Verlierer. Und was macht er jeden Tag mit dem Zaster? Sofern er sich von der Masse absetzen will, könnte er sich einen neuen Namen kaufen. Aber wird Müller wirklich glücklicher, wenn er künftig König oder Kaiser heißt? Und heißt es nicht: „Geld macht nicht glücklich – Erlebnisse schon!“Nun hat Müller erlebt, dass er auf seinem Posten nicht mehr gebraucht wird. Armer Kerl. Oder? (dg)